Ernest Shand

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Ernest Shand, ca. 1899

Ernest Shand (eigentlich Ernest William Watson; * 31. Januar 1868 in Kingston upon Hull, Yorkshire; † 29. November 1924 in Birmingham[1]) war ein englischer Gitarrist, Komponist und Schauspieler.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ernest William wurde als zweiter Sohn von Jane und William Tindill Watson im Stadtteil Sculcoates geboren. Sein Vater war Fotograf und Amateurmusiker auf der Violine und Gitarre, die Mutter war als Klavierlehrerin tätig. Sein älterer Bruder wanderte 1902 nach Australien aus und arbeitete unter dem Namen Sidney Stirling als Autor und Schauspieler. Ernest William erhielt bereits als Schuljunge Unterricht von den Eltern und sang als Solist im Kirchenchor. Nach dem Schulabschluss 1886 erhielt er eine Rolle als Schauspieler, begann mit dem Gitarrenunterricht und nahm den Namen Shand an.

1888 traf er Catharina Josepha Pratten, die unter dem Namen Madame Sidney Pratten als Gitarristin erfolgreich war. Auf seine Bitte erteilte sie ihm bis zu ihrem Tod 1895 Unterricht, auch wenn sie der Meinung war, ihm nichts mehr beibringen zu können.[2] Pratten veröffentlichte auch Shand's erste Komposition, „Premier Air Varié“ (op. 31).

1890 heiratete Shand die Balletttänzerin und Schauspielerin Louisa Nellie Smith, aus der Ehe gingen vier Kinder hervor (Phyllis Catherina, * 6. Dezember 1894; John, * 30. Januar 1901; Kenneth, * Dezember 1901 und Eileen, * 5. Dezember 1910). Die Jahre 1893 bis 1896 trugen besonders zu Shands Reputation bei. Er musizierte in verschiedenen Orten in England, sein Spiel wurde in eine Reihe mit dem Wunderkind Giulio Regondi gestellt. 1895 wurde Shand in das Board of Examiners der Londoner Guild of Violinists berufen, Anfang 1896 in deren Senate. Von September 1895 bis Oktober 1896 arbeitete Shand an seinem Lehrwerk Improved Method for the Guitar (op. 100), das 1898 in einer zweiten Auflage erschien. Ebenfalls 1896 erschien mit dem Premier Concert pour Guitare et Quatuor ou Guitare et Piano (op. 48) das erste Gitarrenkonzert eines britischen Komponisten (das nach Shand selbst erst wieder 1947 von Julian Bream aufgeführt wurde). 1897 besuchte Shand, nach nur wenigen Konzerten in London, Australien.

Das Jahr 1899 brachte wieder zahlreiche Auftritte in London, danach musste er sich mangels Auftrittgelegenheiten auf die Komposition konzentrieren. Er wurde zwar zu Auftritten im Theater eingeladen, die er aber mit Verweis auf die unpassende Örtlichkeit und den dort herrschenden Lärm ablehnte.[3] Seine letzte Komposition, Introduction et Chanson, wurde 1911 veröffentlicht.

Während des Krieges sang Shand in Nottingham vor einem Auftritt ein patriotisches Lied, von dem sich „ein Russe“ angegriffen fühlte. Er attackierte Shand am folgenden Montag in seiner Garderobe und schrieb danach weiter Drohbriefe. Shand erkrankte schwer und zog sich aus dem künstlerischen Leben zurück. 1918 zog er nach Birmingham, wo er 1924 an Herzschwäche starb.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der gitarristische Erfolg Shands wird unterschiedlich eingeschätzt. Scott Pauley bezeichnet ihn als erfolgreichen Interpreten, Komponisten und Pädagogen und stellt ihn in eine Linie mit Giulio Regondi.[4] Auch eine zeitgenössische Rezension im Newcastle Evening Chronicle vom 3. März 1893 stellt Shand in eine Reihe mit Regondi: „Shand is a consumate artist on the guitar. Since the days of Regondi few have done such wonders with that difficult yet delicious instrument as achieved by Shand.“

Auch Stewart Button bewertet Shand als „exzellenten Komponisten“ und „führenden Gitarristen seiner Zeit“ und verweist darauf, dass Shand eine zentrale Rolle darin zukam, den Niedergang der Gitarre in England aufzuhalten.[5]

James Westbrook weist hingegen darauf hin, dass Pratten und Shand in England Mühe hatten, Schüler zu finden, während in Spanien Gitarristen wie Julián Arcas und Francisco Tárrega Zugang zu den oberen Schichten erhielten.[6]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Shand komponierte rund 45 Solostücke und Lieder für Gitarre sowie vier Kammermusikstücke für Gitarre oder Mandoline. Außerdem legte er ein Lehrwerk unter dem Titel Improved Method for the Guitar (Bournemouth: Barnes & Mullins, 1896) vor.

Aufnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alberto La Rocca: Ernest Shand - Guitar Music. Brilliant Classics 96435, 2021 (auf einer zehnsaitigen Gitarre)[7]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Stewart W. Button: The Guitar in England 1800–1924. New York: Garland Publishing, 1989 (zugl. University of Surrey, Ph.D. dissertation, 1984, S. 150 ff. Open Access)
  • Stewart W. Button: „Ernest Shand: An Introduction to his Life and Music“, in: Guitar Review no. 106, Summer 1996, p. 2–8.
  • Stanley Yates: Ernest Shand: 23 Guitar Solos from Victorian England. Pacific, Missouri: Mel Bay, 2000

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Alle biographischen Angaben, sofern nicht anders vermerkt, folgen der Darstellung bei Stewart W. Button: The Guitar in England 1800–1924. University of Surrey, Ph.D. dissertation, 1984, S. 152ff., Open Access
  2. „Of course I will teach you, but I cannot teach you anything. You are too great a genius … my compositions fade into Shade after your's“, Stewart W. Button: The Guitar in England 1800–1924. University of Surrey, Ph.D. dissertation, 1984, S. 157
  3. „The scenery, the height above the proscenium and the general noise would tend to destroy the effect of the instrument.“ Stewart W. Button: The Guitar in England 1800–1924. University of Surrey, Ph.D. dissertation, 1984, S. 172
  4. „This period, however, produced some important guitarists who continued to have some success. Giulio Regondi was a child prodigy who continued to have success later in life. Ernest Shand was a successful performer, composer, and pedagogue, and a founder-member of The English Guild of Mandolinists and Guitarists. He studied with Madame Sidney Pratten, and in 1896 published his Improved Method For the Guitar.“ Scott Pauley (1993) Notes, Band 49, Nummer 3, 1993, S. 1025–1027. JSTOR, doi:10.2307/898959.
  5. „As a gutarist-composer, Ernest Shand is a pivotal figure in the history of the guitar, particularly in England. He was able at a time when the popularity of the guitar had declined, to sustain its grwoth even aginst the rise in interest in related instruments. His approach to technique and composition gave the instrument a new lease of life and created widespread interest.“ Stewart W. Button (1984): The Guitar in England 1800–1924. University of Surrey, Ph.D. dissertation, S. 152
  6. „During the second half of the 19th century, the role of the guitar was changing. While the banjo was becoming more popular with the upper-class gentry, the guitar, although still very popular with women, was either played in 'Guitar Bands' or was used for light music within 'Mandolin and Guitar Ladies Bands'.40 This left the guitar, considered as a serious solo instrument, in a semi-dormant state in Britain; Spaniards, such as Julián Arcas and Francisco Tárrega, were invited to entertain the upper classes, with resident guitarists such as Madame Pratten and Ernest Shand at times struggling to find dedicated students.“; „In 1896 Shand opened a teaching studio in Bryanston Square, but after regularly placing advertisements in The Morning Post, this adventure met with no response.“ James Westbrook (2013): “Louis Panormo: 'The Only Maker of Guitars in the Spanish Style.’” Early Music, Band 41, Nummer 4, S. 571–584. JSTOR, [1].
  7. Albert La Rocca: CD. Abgerufen am 5. Januar 2023 (englisch).