Ernsbach (Erbach)

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Ernsbach
Stadt Erbach
Koordinaten: 49° 40′ N, 9° 3′ OKoordinaten: 49° 39′ 47″ N, 9° 3′ 21″ O
Höhe: 362 m ü. NHN
Fläche: 5,04 km²[1]
Einwohner: 88 (31. Dez. 2014)[2]
Bevölkerungsdichte: 17 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1968
Eingemeindet nach: Ernsbach-Erbuch
Postleitzahl: 64711
Vorwahl: 06061 (Michelstadt)

Ernsbach ist ein Stadtteil von Erbach im südhessischen Odenwaldkreis, der mit dem Nachbarort Erbuch zusammen den Erbacher Ortsbezirk Ernsbach-Erbuch bildet.

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ort liegt in einem Tal östlich von Erbach in der Verlängerung des Dreiseentals am Ernsbach, dem eigentlichen Ursprung des Erdbachs und ist komplett von Wald umgeben. Zur Gemarkung gehören 101 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche und 403 Hektar forstwirtschaftliche Nutzfläche.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die älteste erhaltene Erwähnung stammt vom 27. Oktober 1095 und ist im Lorscher Codex überliefert.[3] Zu diesem Datum erneuerte Abt Anshelm von Lorsch die Rechte seines Klosters Michlinstat (Steinbach) mit Besitztümern, zu denen unter anderem Erichesbüch gehörte. Der Name änderte sich mehrmals im Wortlaut, 1653 heißt es Ernstbach, ab 1720 Ernsbach.

Ernsbach gehörte zum Amt Erbach der Grafschaft Erbach, die mit der Mediatisierung 1806 zum Großherzogtum Hessen kam. Ab 1822 gehörte Ernsbach zum Landratsbezirk Erbach, ab 1852 zum Kreis Erbach (ab 1939: „Landkreis Erbach“), der – mit leichten Grenzberichtigungen – seit 1972 Odenwaldkreis heißt. Nach Auflösung des Amtes Erbach 1822 nahm die erstinstanzliche Rechtsprechung für Ernsbach das Landgericht Michelstadt wahr, ab 1879 das Amtsgericht Michelstadt.

Das alte Schulhaus wurde 1954 eingeweiht, aber nicht lange benutzt. Der Löschwasserteich wurde 1964 in der Art eines Schwimmbeckens angelegt. Am 1. Januar 1968 vereinigten sich Gemeinden Ernsbach und Erbuch zur Gemeinde Ernsbach-Erbuch. Anlässlich der Gebietsreform in Hessen schloss sich diese Neubildung am 31. Dezember 1971 freiwillig der Stadt Erbach an.[4] Ernsbach bildet gemeinsam mit dem Nachbarort Erbuch einen Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher. Auch die Freiwillige Feuerwehr ist für beide Ortsteile zuständig.

Verwaltungsgeschichte im Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Ernsbach angehört(e): [1][5]

Gerichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis 1820 war das Zentgericht Erbach für Ernsbach zuständig. In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Starkenburg (ab 1815 Provinz Starkenburg) wurde das „Hofgericht Darmstadt“ eingerichtet. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch weiter durch die Ämter, hier das Standesherrliches Amt Erbach ausgeübt.

Mit Bildung der Landgerichte im Großherzogtum Hessen war ab 1822 das Landgericht Michelstadt das Gericht erster Instanz. Die zweite Instanz war weiter das Hofgericht Darmstadt. In der erstinstanzlichen Rechtsprechung wechselte die Zuständigkeit:[1]

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerstruktur 2011[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Ernsbach 105 Einwohner. Darunter waren 3 (2,9 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 15 Einwohner unter 18 Jahren, 36 zwischen 18 und 49, 24 zwischen 50 und 64 und 27 Einwohner waren älter.[7] Die Einwohner lebten in 42 Haushalten. Davon waren 9 Singlehaushalte, 15 Paare ohne Kinder und 18 Paare mit Kindern, sowie keine Alleinerziehende und keine Wohngemeinschaften. In 9 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 24 Haushaltungen lebten keine Senioren.[7]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1650: wüst und verbrannt[1]
  • 18. Jahrhundert: 4 wehrfähige Männer[1]
Ernsbach: Einwohnerzahlen von 1829 bis 2014
Jahr  Einwohner
1829
  
95
1834
  
101
1840
  
103
1846
  
131
1852
  
125
1858
  
120
1864
  
117
1871
  
116
1875
  
125
1885
  
131
1895
  
118
1905
  
108
1910
  
112
1925
  
112
1939
  
95
1946
  
121
1950
  
119
1956
  
103
1961
  
101
1967
  
103
1970
  
170
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
105
2014
  
92
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: bis 1970:[1]; Zensus 2011[7]; Stadt Erbach[8]

Historische Religionsangehörigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1961 wurden 81 evangelische (= 80,2 %) und 20 katholische (= 19,8 %) Einwohner gezählt.

Kultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Ernsbach gibt es zwei Vereine: Die 1964 gegründete Freiwillige Feuerwehr „Ernsbach-Erbuch“ und den 2006 gegründeten Kerbeverein. Jährlich wiederkehrende Festveranstaltungen sind das Feuerwehrfest und das Straßenfest „Am Stutz“. In den Jahren 2005 bis 2010 wurde auf dem Anwesen Bär die beinahe in Vergessenheit geratene „Ernsbacher Kerb“ ausgetragen. Seitdem sich die Familie Bär aus dem Sponsoring zurückzog, fand keine Kerb statt.

Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Ernsbach sind ein Landwirt mit Milchwirtschaft, eine Gastwirtschaft und ein Gartengestaltungsbetrieb ansässig. In Ernsbach wurde das erste Melkkarussell im Odenwald in Betrieb genommen.

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von der Bundesstraße 47 aus führt die Kreisstraße K 44 in östlicher Richtung nach Ernsbach hinab und endet hier. Zu den geografisch nächstgelegenen Nachbarorten Erbuch und Würzberg gibt es keine direkte Straßenverbindungen.

Auch wenn es einen Erbucher Weg gibt, so ist dieser nicht als überörtliche Straßenverbindung klassifiziert. Die Darstellung in Kartenwerken legt überwiegend die Qualität einer Forststraße nahe. Über diesen Weg sind die beiden Ortsteile, die zusammen den Ortsbezirk Ernsbach-Erbuch bilden, bei „Tempo 30“ auf 3800 Meter Fahrstrecke in acht Minuten Fahrzeit miteinander verbunden.[9]

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Bauer Heinrich List (1882–1942) versteckte während der nationalsozialistischen Diktatur einen Michelstädter Juden namens Ferdinand Strauß aus Freundschaft, wurde denunziert, verhaftet und 1942 im Konzentrationslager Dachau umgebracht. Für sein aufrechtes Wirken wurde er gemeinsam mit seiner Frau Marie List als Gerechter unter den Völkern geehrt.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen und Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Mediatisierung infolge der Rheinbundakte.
  3. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Michelstadt) und Verwaltung.
  4. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Starkenburg aufgelöst.
  5. Infolge des Deutschen Krieges.
  6. Am 1. Januar 1968 als Ortsteil zur Gemeinde Ernsbach-Erbuch
  7. Am 31. Dezember 1971 zur Stadt Erbach

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Ernsbach, Odenwaldkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 8. Juli 2014). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Einwohnerstatistik. In: Webauftritt. Stadt Erbach, archiviert vom Original am 24. September 2015; abgerufen im Mai 2016.
  3. Minst, Karl Josef [Übers.]: Lorscher Codex (Band 1), Urkunde 141, 27. Oktober 1095 – Reg. 3628. In: Heidelberger historische Bestände – digital. Universitätsbibliothek Heidelberg, S. 194 ff., abgerufen am 25. Januar 2018.
  4. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 358.
  5. Michael Rademacher: Verwaltungsgeschichte Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 21. Oktober 2023 (Verwaltungsgeschichte von 1871 bis 1990).
  6. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  7. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 36 und 90, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.
  8. Einwohnerstatistik. In: Webauftritt. Stadt Erbach, archiviert vom Original am Oktober 2016;.
  9. Erbucher Weg auf Google maps