Faye Glenn Abdellah

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Faye Glenn Abdellah

Faye Glenn Abdellah (* 13. März 1919 in New York City; † 24. Februar 2017) war eine US-amerikanische Krankenschwester, Konteradmiralin und Pionierin der Pflegeforschung.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Absturz des Luftschiffes Hindenburg in Lakehurst, den Faye Glenn Abdellah 1937 als Augenzeugin miterlebte, inspirierte sie, Krankenschwester zu werden. Sie erwarb 1942 ihr Diplom als Krankenschwester an der „Fitkin Memorial Hospital’s School of Nursing“ (heute: „Ann May School of Nursing“) in Neptune, New Jersey. Es folgte ein pflegewissenschaftliches Bachelor- und Masterdiplom am Teachers College der Columbia-Universität New York City. Hier promovierte sie auch.[A 1] Ihren Schwerpunkt legte sie anschließend auf die Gesundheitsfürsorge und entwickelte mehrere Health-Care Programme. Sie war außerdem sehr engagiert im Vorantreiben der Pflegeforschung. Sie entwickelte auch eine eigene patientenzentrierte Pflegetheorie, in der sie 21 Pflegeprobleme als grundlegend identifizierte.[1] Ihre Fragestellung dabei lautete, wie eine Pflegekraft jemanden dazu befähigen kann, eine Problemlösung aktiv in die Hand zu nehmen („enabling approach“). In der Pflegewissenschaft wurde diese Pflegetheorie wegweisend für die Abkehr von der Krankheitszentrierung mit zeitgleicher Hinwendung zur Patientenzentrierung.

In ihren Public Health Programmen thematisierte Abdellah den gruppenbezogenen Aspekt pflegerischen Handelns. In ihrer Pflegetheorie thematisierte sie hingegen das auf den einzelnen Kranken bezogene pflegerische Handeln. Abdellah gehört damit zu den wenigen Pflegetheoretikerinnen, die sowohl die Gruppe als auch das Individuum als Kristallisationspunkt pflegerischen Handelns betrachtete.

In den 50er Jahren wurden die ersten Studien zu Patientenerfahrungen angelegt. Abdellah wies im Befragungskonzept den Patienten die Rolle als Beobachtende und Berichtende des Behandlungsgeschehens wie. Die Ergebnisse der Befragung wurden als faktenorientierter Report dargestellt.[2][3]

Faye Glenn Abdellah lehrte an mehreren Universitäten, so beispielsweise der School of Nursing der Yale-Universität (1945–1949), der Universität Seattle und der Universität von Colorado Boulder. In den Jahren zwischen 1950 und 1953 war sie als Pflegeoffizierin im Koreakrieg eingesetzt und erhielt den Titel einer Konteradmiralin.[4][5] 1992 erhielt sie den Gustav O. Lienhard Award for Advancement of Health Care des Institute of Medicine.

Faye Glenn Abdellah wurde 1993 erste Dekanin der Pflegeschule „Uniformed Services University of the Health Services“ in Bethesda, Maryland. Diese Pflegeschule wurde nach dem Kriegsveteranen des Zweiten Weltkriegs, Daniel Ken Inouye, benannt. Abdellah führte hier vier Masterprogramm und drei PhD Programme für die Pflegepraxis ein.

Im Jahr 2002 legte sie alle Ämter nieder und wurde emeritiert. Ihre wissenschaftlichen Arbeiten befinden sich in der „History of Medicine Division“ der „U.S. National Library of Medicine“.[6][7]

Faye Glenn Abdellah wurde bestattet auf dem Ehrenfriedhof in Quantico, Prince William County, Virginia.[8]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mutter von Faye Glenn Abdellah war Margaret Glenn Abdellah (1883–1952). Eine Schwester war Marty G. Abdellah (1917–1961).[9] Ein Bruder war als Soldat im Zweiten Weltkrieg auf den Philippinen eingesetzt. Er trank dort vermutlich hochtoxisches Trinkwasser und verstarb an einem Prostatacarcinom.

Wirkungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf Betreiben des ersten Nachkriegsrektors der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, dem Chirurgen Karl-Heinrich Bauer (1890–1978), wurde nach dem Zweiten Weltkrieg an der Universität Heidelberg eine Schwesternschule ins Leben gerufen. Am Institut für Geschichte der Medizin der Universität Heidelberg verband der Medizinhistoriker Heinrich Schipperges (1918–2003) gemeinsam mit der Pflegewissenschaftlerin Antje Grauhan (1930–2010) die alte Hippokratische Tradition mit der Pflegetheorie von Faye Glenn Abdellah. Schipperges wandelte das Diätetikprogramm des Hippokrates um in die geometrische Figur des Kreises. Im Mittelpunkt des Kreises stand der Patient, wie Faye Glenn Abdellahs Pflegetheorie dies vorsah.[10][11][12]

Faye Glenn Abdellah korrespondierte mit der hessischen Pflegewissenschaftlerin Hilde Steppe (1947–1999). Die Korrespondenz befindet sich in der Hilde Steppe Dokumentationsstelle der „University of Applied Sciences“ Frankfurt am Main.[13]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Patient-centered approaches to nursing. 2nd ed. Mac Millan, New York 1968.
  • The federal role in nursing education. In: Nursing outlook. Band 35, Nr. 5, 1978, S. 224 f.
  • Zusammen mit Eugene Levine: Better patient care through nursing research. 1979.
  • Preparing nursing research for the 21st century: evolution, methodologies, challenges, Springer NYC 1996.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ruth Schröck: Des Kaisers neue Kleider? Bedeutung der Pflegetheorien für die Entwicklung der Pflegewissenschaft in Deutschland. In: Jürgen Osterbrink (Hrsg.): Erster internationaler Pflegetheorienkongreß Nürnberg, Huber Bern et al. 1998, S. 22 f.
  • Nursing Theory: 21 Nursing Problems by Faye Abdellah, 2016. Digitalisat
  • Angelo Gonzalo: Faye Abdellah: 21 Nursing Problems Theory. In: Nurseslabs. 12. September 2019. Digitalisat
  • Encyclopedia of World Biography: Faye-Glenn-Abdellah, 30. März 2020. Digitalisat
  • Sabine Braunschweig: Zusammenarbeit mit der Schwesternschule. In: Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Hrsg.): Das Wichtige Brückenfach. 60 Jahre Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (1961–2021), Medizinische Fakultät Heidelberg 2021, S. 10 f.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Allied Signal Award für die gerontologische Forschung
  • 1994: Living Legend, American Academy of Nursing[14]
  • 2000: Aufnahme in die „National Women’s Hall of Fame“
  • 2012: Aufnahme in die „American Nurses Association Hall of Fame“

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Karin Wittneben verwies darauf, dass mehrere renommierte Pflegewissenschaftlerinnen ihren Doktorgrad am Teachers College in New York erworben haben, so zum Beispiel Hildegard Peplau oder Imogene King. In: Maria Mischo-Kelling und Karin Wittneben (1995): Pflegebildung und Pflegetheorien. München/Wien: Urban & Schwarzenberg, S. 14.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nachruf National Library of Medicine: NLM Mourns the Loss of Faye G. Abdellah Former Deputy Surgeon General and NLM Board of Regents Member, 14. März 2017, abgerufen am 16. April 2020. Digitalisat
  2. Abdellah, Faye Glenn (1955): Let the Patients tell us where we fail. Mod. Hosp. 85: 71 f.
  3. Stefan Nöst (2016): Integration der Patientenperspektive in die sektorenübergreifende Qualitätssicherung: Die Patientensicht als essentielle Ressource zur Sicherung der Versorgungsqualität. Inauguraldissertation Med. Fak. Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Doktorvater Joachim Szecsenyi, S. 17.
  4. Legacy.com (published Washington Post, 5. März 2017): Faye Abdellah, abgerufen am 16. April 2020 Digitalisat
  5. NLM in Focus: Who Am I? 12 Notable Women in Medical History, Nr. 3: Nurse and Deputy Surgeon General Abdellah, abgerufen am 16. April 2020 Digitalisat
  6. U.S. National Library of Medicine: Faye Glenn Abdellah Papers. abgerufen am 16. April 2020. Digitalisat
  7. U.S. National Library of Medicine: Faye Glenn Abdellah Papers, Summary Information. abgerufen am 16. April 2020. Digitalisat
  8. Dr Faye Glenn Abdellah in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 12. April 2020 (englisch).
  9. Margaret Glenn Abdellah in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 12. April 2020 (englisch).
  10. Christine R. Auer: Eine frei denkende Krankenschwester. Antje Grauhan wird 80 Jahre alt. Heidelberg 2010, S. 20, 71 f.
  11. Christine R. Auer: Geschichte der Pflegeberufe als Fach. Die Curricular-Entwicklung in der pflegerischen Aus- und Weiterbildung. Dissertation Institut Geschichte der Medizin Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, akademischer Betreuer Wolfgang U. Eckart, 2008, S. 28, 33, 38 f.
  12. Sabine Braunschweig: Zusammenarbeit mit der Schwesternschule. In: Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Hrsg.): Das Wichtige Brückenfach. 60 Jahre Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (1961–2021), Medizinische Fakultät Heidelberg 2021, S. 10 f.
  13. Verzeichnis des Schriftverkehrs von Hilde Steppe in der Dokumentationsstelle: S. 122.
  14. nursing world: Leaders in Nursing „A Celebration of Giving to the Profession“. Hall of Fame Award RADM Faye Glenn Abdellah, abgerufen am 16. April 2020. Digitalisat