Felix Pratensis

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Felix Pratensis OESA, eigentlich Daniel da Prate, auch Felice da Prato (* nach 1460; † nach 1550 in Rom), war ein römisch-katholischer Ordensmann und Gelehrter, der aus dem sephardischen Judentum zum Christentum konvertiert war.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pratensis konnte eine gute Ausbildung vorweisen und beherrschte drei Sprachen.[1] Vor 1509 konvertierte er zum Christentum. Nachdem er in den Orden der Augustiner-Eremiten eingetreten war,[2] widmete er sich der Judenmission. Pratensis zeigte in seinen Predigten große Intoleranz gegenüber den Juden und erhielt daher den Beinamen „Geißel der Juden“ (lateinisch flagellum Judaeorum).[3][4] Innerhalb seines Ordens besaß er hohes Ansehen.[5]

Vor seiner Konversion zum Christentum veröffentlichte Felix eine lateinische Übersetzung der Psalmen mit dem Titel Psalterium ex Hebræo ad Verbum Translatum (Venedig 1515). Diese wörtlich genaue Übersetzung, die zahlreiche Anmerkungen erhält, wurde von Papst Leo X. autorisiert und später u. a. von Luther, Bugenhagen und Erasmus von Rotterdam genutzt.[2]

Pratensis war Lehrer von Kardinal Aegidius de Viterbo. Er wurde insbesondere durch seine Arbeit als Editor des flämischen Druckers Daniel Bomberg bekannt.[6] Auf Pratensis’ Vorschlag hin gründete Bomberg im Jahr 1515 in Venedig eine hebräische Druckerei[5] und brachte in den Jahren 1517 bis 1518 und 1524 bis 1525 zwei Rabbinerbibeln heraus. Die Erste Rabbinerbibel, hebräisch אַרְבַּע וְעֶשְׂרִים ʾarbaʿ wəʿæśrîmָ, deutsch ‚Die vierundzwanzig (Bücher…)‘[7], wurde mit Felix Pratensis in einer jüdischen und einer christlichen Edition herausgebracht.[6] Am 13. April 1518 gab Leo X. die offizielle Erlaubnis zum Druck.[8] Die Erste Rabbinerbibel enthielt den Targum und die Kommentare verschiedener mittelalterlicher Exegeten, es fehlte aber die Masora.[9] Die Zweite Rabbinerbibel, auch Bombergiana genannt[10], betreute Jacob Ben Chajim Ibn Adonijah.[11][12]

Im Jahr 1520 verließ Pratensis die Offizin Bombergs und wurde nach dem Tod des Papstes Leo X. Botschafter für seinen Generalsuperior Gabriele della Volta beim neuen Papst Hadrian VI.[6] Infolgedessen entsandte man ihn im Jahr 1522 nach Spanien, um die Verhandlungen zu führen. In den Jahren 1526 und 1528 übte er die Funktion eines stellvertretenden Generalsuperiors (Prokurator) in seinem Orden aus.[5]

Pratensis starb nach 1550 in Rom.[5] Über das genaue Datum herrscht Unsicherheit. In der RGG wird sein Tod auf den 5. November 1558 datiert,[2] andere Texte nennen das Jahr 1559[6] oder 1539.[13][14]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Psalterium sextuplex, Hebraeum, cum tribus Latinis, videlicet divi Hieronymi, R. P. Sanctis Pagnini et Felicis Pratensis; Graecum, Septuaginta interpretum, cum latina uulgata, Seb. Gryphius excudebat, Leiden 1530

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Paul Kahle: Felix Pratensis – à Prato, Felix. Der Herausgeber der Ersten Rabbinerbibel, Venedig 1516/7. In: Die Welt des Orients, Bd. 1, H. 1 (1947), S. 32–36.
  • Hans van Nes, Eveline van Staalduine-Sulman: The ‘Jewish’ Rabbinic Bibles versus the ‘Christian’ Polyglot Bibles in A Jewish Targum in a Christian World (= Jewish and Christian Perspectives Series, Band 27). Leiden 2014, ISBN 978-90-04-26782-4, S. 185–207.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 1. Berlin/Eberswalde 1902, S. 74, auf zeno.org [1]
  • Crawford Howell Toy, Richard Gottheil: Bible editions. Jewish Encyclopedia [2] hier Abschnitt „Rabbinic Bibles“.
  • Jim R. Sibley: Felix Pratensis and Jacob ben Chaim ibn Adonijah. Issue. #33, Olive Press Research Paper 2018 [3]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Siegfried Raeder: Voraussetzungen und Methode von Luthers Bibelübersetzung. In: Kurt Aland, Walther Eltester, Heinz Liebing, Klaus Scholder (Hrsg.): Geist und Geschichte der Reformation: Festgabe Hanns Rückert zum 65. Geburtstag dargebracht von Freunden, Kollegen und Schülern. De Gruyter, Berlin/Boston 1966, S. 173; 176–177 (degruyter.com – Hebräisch, Latein und Italienisch).
  2. a b c Siegfried RaederPratensis. In: Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG). 4. Auflage. Band 6, Mohr-Siebeck, Tübingen 2003.
  3. Samuel Baur: Neues historisch-biographisch-literarisches Handwörterbuch von der Schöpfung der Welt bis zum Schlusse des 18. Jhs. Stettinischen Buchhandlung, Ulm 1808, S. 164 (google.de [abgerufen am 9. Dezember 2022]).
  4. Aaron Bernstein: Some Jewish Witnesses For Christ. Operative Jewish Converters' Institution, London 1909, S. 42 (gutenberg.org).
  5. a b c d Paul Kahle: Opera Minora. J. E. Brill, Leiden 21. Januar 1956, S. 131 f. (google.de).
  6. a b c d Kay Joe Petzold: Masora und Exegese. Untersuchungen Zur Masora und Bibeltextüberlieferung Im Kommentar des R. Schlomo Ben Yitzchaq (Raschi). In: Materiale Textkulturen Ser. Band 24. Walter de Gruyter GmbH, 2019, ISBN 978-3-11-062712-1, S. 66.
  7. Paul Kahle: Felix Pratensis – à Prato, Felix. Der Herausgeber der Ersten Rabbinerbibel, Venedig 1516/7. Die Welt des Orients, Bd. 1, H. 1 (1947), S. 32–36
  8. Virtuelle Handschriftenbibliothek der Schweiz. In: e-codices. e-codices – Virtual Manuscript Library of Switzerland, Universität Freiburg, abgerufen am 8. Dezember 2022.
  9. Hanna Liss: Rabbinerbibel / Miqraot Gedolot. In: WiBiLex. Deutsche Bibelgesellschaft, 1. Februar 2006, abgerufen am 8. Dezember 2022.
  10. Textgeschichte anhand der wichtigsten Handschriften des Alten Testaments. In: Uni Siegen. Universität Siegen, abgerufen am 8. Dezember 2022 (Unentbehrlich sind genauere Auskünfte bei Ernst Würthwein, Der Text des Alten Testaments, 51988; E. Tov, Der Text der Hebräischen Bibel, Stuttgart 1992.).
  11. David Werner Amram: The makers of Hebrew books in Italy, being chapters in the history of the Hebrew printing press. London 1963 (Nachdruck 1. Auflage 1909)
  12. Ernst Würthwein: Der Text der hebräischen Bibel. Eine Einführung in die Biblia Hebraica, 5. Auflage, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1988, ISBN 978-3-438-06003-7
  13. Christian Gottlieb Jöcher: Allgemeines Gelehrten-Lexicon. Teil 2 D–L. Johann Friedrich Gleditschens Buchhandlung, Leipzig 1750, S. 551 (google.de – Zu beachten ist, dass die Quelle ein Sterbealter von 100 Jahren nennt, das bei einem Geburtsdatum nach 1460 im Widerspruch mit einem Tod im Jahr 1539 steht, sowie ein falsches Konversionsdatum im Jahr 1518 (vgl. RGG).).
  14. Jim R. Sibley: Felix Pratensis and Jacob ben Chaim ibn Adonijah. In: Olive Press Research Paper. Issue 33. CMJ, 2018, S. 2 (org.uk [PDF]).