Fidelität

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Die Fidelität (auch: Güte; englisch fidelity ‚Treue‘) ist in der Quanteninformatik ein Maß für die Ähnlichkeit von zwei Zuständen. Die Fidelität kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Für sind die beiden Zustände identisch, für so verschieden, dass sie durch eine quantenmechanische Messung mit Sicherheit voneinander unterscheidbar sind.

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Fidelität eines beliebigen (im allgemeinen gemischten) quantenmechanischen Zustands auf dem Hilbertraum mit einem reinen Zustand ist definiert durch

,

d. h. durch den Überlapp von mit .[Anm. 1] Diese Definition deckt den in der Anwendung häufigsten Fall ab.

Zum Vergleich von zwei gemischten Zuständen mit Dichtematrizen und verwendet man die von Armin Uhlmann eingeführte Verallgemeinerung[1] (die daher manchmal auch als Uhlmann fidelity bezeichnet wird):

für , dem Raum der positiv-semidefiniten, beschränkten Operatoren auf mit Spur 1.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • nimmt Werte zwischen 0 und 1 an.
  • dann und nur dann, wenn .
  • dann und nur dann, wenn die beiden Zustände zueinander orthogonal sind, also das Bild der einen Dichtematrix ganz im Kern der anderen liegt.
  • ist symmetrisch in den beiden Argumenten: .
  • ist invariant unter unitären Transformationen: für alle mit .
  • Die Fidelität steht in engem Zusammenhang zu Abstandsmassen auf und :
    • Für 2 reine Zustände gilt, dass der Abstand in der euklidischen Norm: . Folglich impliziert , dass und umgekehrt gilt: wenn dann ist .
    • Der Bures-Abstand (bzw. die Bures-Metrik[2]) zwischen zwei Zuständen ist eine monoton abnehmende Funktion von : .[3]
  • Die (Uhlmann-)Fidelität von und ist gleich dem maximalen Überlapp, den zwei reine Zustände haben, die jeweils Reinigungen[Anm. 2] von bzw. sind:
  • Für einen bekannten reinen Zustand und einen experimentell produzierbaren Zustand lässt sich messen, zum Beispiel mittels des Swap tests.

Anwendungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Fidelität wird verwendet um zu quantifizieren, wie gut bestimmte Prozesse in der Quanteninformationsverarbeitung funktionieren, meist um ein ideales Protokoll, das einen bestimmten reinen Zustand produzieren würde, mit der tatsächlichen, imperfekten Realisierung zu vergleichen:

  • ein perfekter Quantenspeicher, der zur Zeit im Zustand initialisiert wird, sollte nach einer Zeit immer noch den Zustand enthalten. Die Fidelität misst, wie nah der Quantenspeicher diesem Ideal kommt.
  • Oft ist das Ziel eines Quantenprozesses die Präparation eines bestimmten Zustands, zum Beispiel eines maximal verschränkten Bell-Zustands von zwei Qubits, . Dann ist die Fidelität des im Experiment produzierten Zustands mit dem Zielzustand, ein gebräuchliches Maß für die Qualität des Präparationsprozesses.
  • Auch die Qualität von Quantengattern in einem Quantencomputer wird oft über die Fidelität mit dem im idealen Fall erwarteten Zustand charakterisiert. Damit diese Zahl aussagekräftig ist, muss dann aber in der Regel entweder die über alle mögliche Anfangszustände gemittelte Fidelität oder die minimale dabei auftretende Fidelität betrachtet werden (siehe Fidelität für Operationen und Kanäle weiter unten).
  • Zustandsunterscheidung: mittels der Uhlmann-Fidelity können Schranken dafür angegeben werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit es möglich ist, die Zustände voneinander zu unterscheiden. Als Beispiel sei der einfachste Fall der Unterscheidung von zwei gleichwahrscheinlichen Zuständen betrachtet. Mittels der optimalen Messung erreicht man dann eine Erfolgswahrscheinlichkeit [Anm. 3] (sogenannte Helstrom-Schranke). Definiert man so ist die Fehlerwahrscheinlichkeit und kann durch nach oben und unten abgeschätzt werden[Anm. 4] und so gilt für die optimale Fehlerwahrscheinlichkeit
.

Fidelität für Operationen und Kanäle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf die Fidelität rückführbare Maße werden auch zur Charakterisierung und zum Vergleich von Quantenkanälen und Quantengattern verwendet.

Die Verschränkungs-Fidelität (entanglement fidelity) ist definiert für einen Zustand und einen Quantenkanal und ist ein Maß dafür wie gut der Kanal Quanteninformation überträgt.

.

Hier ist eine Reinigung von (ein reiner Zustand auf einem größeren Hilbertraum der nach Bildung der Partialspur über ergibt) und ist der Zustand, den man erhält, wenn man den Quantenkanal auf anwendet. Physikalisch ist die Vorstellung, dass einen im allgemeinen verschränkten Zustand eines zusammengesetzten Systems beschreibt. Ein Teil dieses Systems (der Teil, dessen Hilbertraum ist) wird dann durch den Quantenkanal geschickt, der andere Teil bleibt unverändert. Wenn der Quantenkanal den Zustand fehlerfrei überträgt, ist und die Verschränkungs-Fidelität ist 1. Abweichungen vom Wert 1 sind ein Maß für die Übertragungsfehler des Kanals. Genauer ist eine untere Schranke für die Fidelität des durch den Kanal übertragenen Zustands mit .

Ein anderes, nah verwandtes Mass für die Qualität von Quantenoperationen ist die "Gatter-Fidelität" (gate fidelity).[4] Sie misst, wie nah ein imperfektes Quantengatter (das durch einen Quantenkanal realisiert wird) dem gewünschten unitären Quantengatter kommt, und ist gegeben durch die minimale Fidelität zwischen dem gewünschten Endzustand und dem tatsächlich erreichten Zustand , wobei über alle möglichen Anfangszustände zu minimieren ist:

.

Sie quantifiziert damit den schlimmstmöglichen Fehler bei der Anwendung des Gatters.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Michael A. Nielsen, Isaac L. Chuang: Quantum Information and Quantum Computation. Cambridge University Press, 2001, ISBN 0-521-63503-9, S. 409ff (englisch).
  • Armin Uhlmann: The transition probability in the state space of a *-algebra. In: Rep. Math. Phys. Band 9, 1976, S. 273, doi:10.1016/0034-4877(76)90060-4.

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Es findet sich auch die Definition in der Literatur.
  2. Ein reiner Zustand ist eine Reinigung (engl.: purification) von , falls gilt, dass man aus nach Bilden der partiellen Spur über die Dichtematrix erhält: .
  3. bezeichnet die Spurnorm; zur Herleitung der Formel, vgl. Joonwoo Bae, Leong-Chuan Kwek: Quantum state discrimination and its applications. In: J. Phys. A: Math. Theo. Band 48, Nr. 8, 2015, S. 083001, doi:10.1088/1751-8113/48/8/083001, arxiv:1707.02571.
  4. und , siehe Gaetana Spedalieri, Christian Weedbrook, Stefano Pirandola: A limit formula for the quantum fidelity. In: J. Phys. A: Math. and Theo. Band 46, Nr. 2, 2013, S. 025304, arxiv:1204.2473.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Armin Uhlmann: The transition probability in the state space of a *-algebra. In: Rep. Math. Phys. Band 9, 1976, S. 273, doi:10.1016/0034-4877(76)90060-4.
  2. Donald Bures: An extension of Kakutani's theorem on infinite product measures to the tensor product of semifinite ω *-algebras". In: Transact. Am. Math. Soc. Band 135, 1969, S. 199, doi:10.1090/S0002-9947-1969-0236719-2.
  3. Carlton M. Caves: PhD Thesis. 1996.
  4. Nielsen, M. A. & Chuang, I. L.: Quantum Computation and Quantum Information. Cambridge University Press, 2000, S. 418.