Franz Rheinberger

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Franz Rheinberger, genannt Bubbes (* 22. Februar 1927[1] in Köln-Ehrenfeld[2]; † 10. November 1944 ebenda[3]) war ein deutscher jugendlicher Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und Opfer des Faschismus.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stolperstein für Franz Rheinberger in der Lichtstraße, Köln-Ehrenfeld

Rheinberger stammte aus einer armen Familie mit antifaschistischem Hintergrund[1] und war aufgrund von „ungünstigen Familienverhältnissen“ von 1938 bis Ende 1943 in einer „Fürsorgeanstalt“ untergebracht.[4] Er gehörte keiner politischen Organisation an.[5] Mit 17 Jahren hatte er im April 1944 wegen „Arbeitsbummelei“ seinen Arbeitsplatz verloren, hatte aber dafür eine illegale Ersatzarbeit auf einer Baustelle angenommen.[6] Hier lernte er Hans Steinbrück kennen, einen aus dem KZ-Außenlager Köln-Messe geflohenen Häftling und Kopf der Ehrenfelder Gruppe, zu der geflohene Ostarbeiter und KZ-Häftlinge, Deserteure und vermutlich auch einige wenige[7] jüngere Edelweißpiraten gehörten.

Im Juni 1944 traf Rheinberger am Bunker Körnerstraße den gleichaltrigen Bartholomäus Schink und führte diesen in Folge in eine Gruppe von Edelweißpiraten ein, die sich im inneren Grüngürtel am Ehrenfelder Loch versammelte. Später vertiefte er den Kontakt zu Hans Steinbrück wieder, und er soll nicht mehr ins „Loch“ gekommen, stattdessen in verschiedene Waffen- und Lebensmittelgeschäfte mit Steinbrück involviert gewesen sein.[8]

Nach der Entdeckung eines Waffenlagers der Steinbrück-Gruppe, und nachdem es im Herbst 1944 zu gewaltsamen Zusammenstößen mit Staatsorganen bis hin zu einer Schießerei mit Toten gekommen war – an denen Rheinberger vermutlich am Rande involviert war –,[7] wurde bis in den Oktober hinein eine höhere zweistellige Anzahl Personen festgenommen, darunter Rheinberger.[9][10][11] Vom 4. Oktober 1944 bis 10. November 1944[12] wurde er mit insgesamt mindestens neun weiteren Personen im Gefängnis der Kölner Gestapo in der der Abtei Brauweiler inhaftiert und vernommen.[5]

Am 10. November 1944 wurde Franz Rheinberger gemeinsam mit weiteren zwölf der Festgenommenen in der Hüttenstraße von Ehrenfeld ohne Gerichtsverfahren öffentlich gehenkt.[13] Er wurde danach auf Anweisung der Gestapo zusammen mit den anderen Opfern direkt nach der Hinrichtung auf dem Kölner Westfriedhof in Feld II anonym in vier verschiedenen Grabstätten beigesetzt. Eine Zuordnung der genauen Grablage ist nicht mehr möglich.[3]

Nachwirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem es in der Nachkriegszeit und lange danach eine Kontroverse darüber gegeben hatte, ob und inwieweit Edelweißpiraten bzw. die Ehrenfelder Gruppe als Widerstandskämpfer anzuerkennen seien, würdigte der Kölner Regierungspräsident Jürgen Roters im Juni 2005 die vier jüngsten der Hingerichteten, darunter Franz Rheinberger, mit einer postumen Anerkennung als Widerstandskämpfer.[14]

In Köln-Ehrenfeld wird Franz Rheinberger seit 2010 im Rahmen eines großen, mehrteiligen Wandgemäldes gedacht, das am Ort der Hinrichtung an die Ereignisse und die ermordeten Personen erinnert.[15] Außerdem erinnert an der Lichtstraße an seiner letzten Wohnadresse ein Stolperstein von Gunter Demnig an ihn.[16]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Matthias von Hellfeld: Edelweisspiraten in Köln: Jugendrebellion gegen das 3. Reich. Das Beispiel Köln-Ehrenfeld (= Kleine Bibliothek. Nr. 219). Pahl-Rugenstein, Köln 1981, ISBN 3-7609-0608-7, S. 13.
  2. Winfried Seibert: Die Kölner Kontroverse. Legenden und Fakten um die NS-Verbrechen in Köln-Ehrenfeld. Klartext, Essen 2014, ISBN 978-3-8375-1235-9, S. 154 (Geburtsort hier aus dem Tagesbefehl der Gestapo vom 20. November 1944 entkommen).
  3. a b Gräber der „Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“ in Köln. In: museenkoeln.de. NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, abgerufen am 11. Juni 2022.
  4. Franz R. In: museenkoeln.de. Abgerufen am 12. Juni 2022 (Aus der Ausstellung Von Navajos und Edelweißpiraten – Unangepasstes Jugendverhalten in Köln 1933 – 1945 vom 23. April bis zum 23. August 2004 im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln).
  5. a b Matthias von Hellfeld: Edelweisspiraten in Köln: Jugendrebellion gegen das 3. Reich. Das Beispiel Köln-Ehrenfeld (= Kleine Bibliothek. Nr. 219). Pahl-Rugenstein, Köln 1981, ISBN 3-7609-0608-7, S. 83–86.
  6. http://www.museenkoeln.de/ausstellungen/nsd_0404_edelweiss/db_inhalt.asp?G=47 Abgerufen 15. August 2011.
  7. a b Winfried Seibert: Die Kölner Kontroverse. Legenden und Fakten um die NS-Verbrechen in Köln-Ehrenfeld. Klartext, Essen 2014, ISBN 978-3-8375-1235-9, S. 63, 73 f., 78.
  8. Die Steinbrück-Gruppe auf den Seiten der Museen Köln. Abgerufen 15. August 2011.
  9. Die Ehrenfelder Steinbrück-Gruppe fliegt auf. In: museenkoeln.de. Stadt Köln, abgerufen am 9. Juni 2022 (Aus der Ausstellung Von Navajos und Edelweißpiraten – Unangepasstes Jugendverhalten in Köln 1933 – 1945 vom 23. April bis zum 23. August 2004 im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln).
  10. Gedenkbuch Brauweiler. In: abteibrauweiler.lvr.de. LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler, abgerufen am 9. Juni 2022.
  11. Die Zahlenangaben schwanken zwischen 63 und 77 Personen, die Gestapo sprach Winfried Seibert zufolge von einer „Großbande“ von 128 Personen, die er jedoch für fiktiv hält (Kölner Kontroverse, S. 77).
  12. Gedenkbuch Brauweiler Gruppe Steinbrück – Rheinberger, Franz. In: abteibrauweiler.lvr.de. LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler, abgerufen am 9. Juni 2022.
  13. Matthias von Hellfeld: Edelweisspiraten in Köln: Jugendrebellion gegen das 3. Reich. Das Beispiel Köln-Ehrenfeld (= Kleine Bibliothek. Nr. 219). Pahl-Rugenstein, Köln 1981, ISBN 3-7609-0608-7, S. 10.
  14. Pascal Beucker: Posthume Ehrung für Piraten. Kölns Regierungspräsident will heute vier Edelweißpiraten als politische Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime ehren. Die Anerkennung der gesamten "Ehrenfelder Gruppe" steht indes weiter aus. In: taz, die tageszeitung. 16. Juni 2005 (taz.de [abgerufen am 12. Juni 2022]).
  15. Oliver Görtz: Ein Mahnmal für Zivilcourage EDELWEISSPIRATEN Wandbild erinnert an die von den Nazis ermordeten Jugendlichen. In: Kölner Stadt-Anzeiger. Köln 14. September 2010, S. 34.
  16. Stolpersteine. Erinnerungsmale für die Opfer des Nationalsozialismus. In: museenkoeln.de. NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, abgerufen am 12. Juni 2022.