GSSP Gelasium/Calabrium

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Koordinaten: 39° 2′ 19″ N, 17° 8′ 6″ O

Karte: Italien
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GSSP Gelasium/Calabrium

Der GSSP Gelasium/Calabrium ist ein stratigraphisches Referenzprofil, das die Grenze zwischen dem Gelasium und dem Calabrium festlegt. Das Profil befindet sich an der Lokalität Vrica etwa 4 Kilometer südlich von Crotone in Kalabrien. Die Grenze wurde auf 1,806 Millionen Jahre BP datiert.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der GSSP (engl. Global Boundary Stratotype Section and Point – „globales Referenzprofil zur Festlegung der Stufengrenzen“) Gelasium/Calabrium (auch GSSP Calabrium) für die Grenze Gelasium/Calabrium wurde von der International Commission on Stratigraphy (ICS) im Jahr 1983 angenommen und 1984 von der International Union of Geological Sciences (IUGS) ratifiziert. Wissenschaftliche Erstbeschreibungen stammen aus dem Jahr 1985 von Aguirre und Pasini[1] sowie von Bassett[2].

Anmerkung: Bis zum 29. Juni 2009 musste der GSSP Gelasium/Calabrium zwangsläufig noch als GSSP Pliozän/Pleistozän bezeichnet werden, da bis dahin das Calabrium noch die unterste Stufe des Pleistozäns darstellte. Seit 2009 ist jedoch von der IUGS das Gelasium anstelle des Calabriums als unterste Stufe des Pleistozäns (und damit des Quartärs) eingesetzt worden.[3]

Beschreibung und Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Referenzprofil von Vrica ist aus drei, leicht untereinander korrelierbaren Teilsegmenten A, B und C zusammengesetzt. Der GSSP befindet sich im mittleren Teilsegment B. Die anstehenden Sedimente sind marinen Ursprungs und 300 Meter mächtig. Sie bestehen aus dunkelgrauen oder blaugrauen, epibathyalen, fossilführenden, siltig-mergeligen Tonsteinen, in die mehrfach gräulich-pinkfarbene Sapropellagen eingeschaltet sind. Sandige Zwischenlagen sind selten. Nennenswert sind drei vulkanische Aschenlagen, darunter die "m"-Lage.[4] Mit 0,25 bis 0,34 Millimeter/Jahr besitzt die sedimentäre Abfolge eine recht hohe Akkumulationsrate.[5] Die leicht in nördliche Richtung einfallende Abfolge ist vollständig und konnte mit den Profilen der Tiefseebohrungen im Mittelmeer ODP 964, ODP 967 und ODP 975 Bank für Bank korreliert werden.[6]

Die Basis des Calabriums wurde in diesem Referenzprofil wie folgt definiert:

Sie liegt an der Unterkante des die Sapropellage „e“ überlagernden Tonsteinhorizonts.

Datierung und Korrelationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dem GSSP Gelasium/Calabrium konnte mittels astronomischer Korrelation der Sapropelhorizonte ein Alter von 1,806 Millionen Jahre BP zugewiesen werden.[7]

Die Grenze Gelasium/Calabrium korreliert mit anderen stratigraphischen Schemata wie folgt:

Gephyrocapsa oceanica

Meeresspiegel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der GSSP Gelasium/Calabrium befindet sich kurz unterhalb des zwischen den beiden Regressionen Ge 2 und Cala 1 gelegenen Hochstandes. Langfristig unterlag der Meeresspiegel jedoch bereits seit dem Oberen Piacenzium einem generellen Rückgang.

Weitere Entsprechungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Nordwesteuropa fällt der GSSP Gelasium/Calabrium kurz vor die Obergrenze des Tigliums (Tiglium C5-6), in Großbritannien befindet er sich mitten im Pastonium. Im Nordseeraum Beginn der Mikrofossilzone NSR 13 mit letztmaligem Auftreten der benthischen Foraminiferentaxa Ammonia beccari und Cassidulina grossa. In Nordamerika entspricht er der Mitte des Präillinoium I bzw. in Kalifornien dem untersten Wheelerium, in der russischen Ebene dem Ende des Khapry. In der chinesischen Lößstratigraphie bildete sich der obere Abschnitt des Bodenhorizonts WS 3. In Australien begann das Werrikooium und in Neuseeland neigten sich das Nukumaruum und das Marahauum ihrem Ende entgegen.

Klima[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am GSSP Gelasium/Calabrium ereignete sich eine einschneidende klimatische Veränderung. Durch palynologische Untersuchungsmethoden konnten Combourieu-Nebout u. a. unterhalb des GSSP die Waldvegetation (Palmen- und Zypressengewächse) eines subtropischen bis gemäßigt-warmen Klimas nachweisen (ausgehendes Tiglium). Oberhalb des GSSP lässt sich ein Rückgang in der Waldvegetation und ein Übergang zu kühleren, xerischen Bedingungen (Versteppung – massives Auftreten von Artemisia) beobachten (beginnendes Eburonium).[10]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • M. B. Cita u. a.: The Calabrian Stage redefined. In: Episodes. Band 31, Nr. 4, 2008, S. 408–419.
  • J. Hardenbol u. a.: Cenozoic-Mesozoic Biochronostratigraphy. 1998.
  • F. Gradstein u. a.: A Geologic Time Scale 2004. Cambridge University Press, 2004, ISBN 0-521-78673-8.
  • J. G. Ogg u. a.: The Concise Geologic Time Scale. 2008.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. E. Aguirre, G. Pasini: The Pliocene–Pleistocene Boundary. In: Episodes. Band 8, Nr. 2, 1985, S. 116–120.
  2. M. Bassett: Towards a “common language” in stratigraphy. In: Episodes. Band 8, 1985, S. 87–92.
  3. S. C. Finney: Formal definition of the Quaternary System/Period and redefinition of the Pleistocene Series/Epoch. In: Episodes. Band 33, Nr. 3, 2010, S. 159–163.
  4. G. Pasini, M. L. Colalongo: Proposal for the erection of the Santernian/Emilian boundary-stratotype (lower Pliocene) and new data on the Pliocene/Pleistocene boundary stratotype. In: Bollettino della Società Paleontologica Italiana. Band 33, 1994, S. 101–120.
  5. D. Rio, J. Backman, I. Raffi: Calcareous nannofossil Biochronology and the Pliocene–Pleistocene Boundary. Hrsg.: Van Couvering: The Pliocene-Pleistocene boundary: Definition and Worldwide Correlation. Cambridge University Press, 1996, S. 63–78.
  6. L. J. Lourens: Revised tuning of Ocean Drilling Program Site 964 and KC01B (Mediterranean) and implications for the D18O, tephra, calcareous nannofossil, and geomagnetic reversal chronologies of the past 1.1 Myr. In: Paleoceanography. Band 19, 2004, S. 3010.
  7. L. J. Lourens, F. J. Hilgen, I. Raffi: Base of large Gephyrocapsa and astronomical calibration of early Pleistocene sapropels in Site 967 and Hole 969D: solving the chronology of the Vrica section (Calabria, Italy). In: H. F. Robertson, K. Emeis, C. Richter u. a. (Hrsg.): Proceedings of the Ocean Drilling Program, Scientific Results. Band 160. College Station, TX (Ocean Drilling Program) 1998, S. 191–198.
  8. J. D. A Zijderveld, F. J. Hilgen, C. G. Langereis, P. J. J. M. Verhallen, W. J. Zachariasse: Integrated magnetostratigraphy and biostratigraphy of the Upper Pliocene-Lower Pleistocene from the Monte Singa and Crotone areas in Calabria (Italy). In: Earth Planetary Science Letters. Band 107, 1991, S. 697–714.
  9. L. J. Lourens, A. Antonarakou, F. J. Hilgen, A. A. M. Van Hoof, C. Vergnaud-Grazzini, W. Zachariasse: Evaluation of the Plio-Pleistocene astronomical timescale. In: Paleoceanography. Band 11, 1996, S. 391–413.
  10. N. Combourieu-Nebout, F. Semah, T. Djubiantono: La limite Pliocéne-Pléistocéne: précisions magnétostratigraphiques et climatiques par l’étude sériéé de la coupe-type de Vrica (Crotone – Italie). In: C.R. Acad. Sc. Paris. Band 311, série II, 10, 1990, S. 851–857.