Gaman

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Gaman (jap. 我慢) oder gamanzuyoi (我慢強い), in der Zusammensetzung mit tsuyoi (stark)[1], ist ein Begriff der japanischen Sprache, der mit „Geduld und Beharrlichkeit“ übersetzt wird. Er kann sich auf ein Gesetz, Personen, einen Ethos, einen Charakterzug, eine Kultur oder Ähnliches beziehen. Es bedeutet so viel wie in schwierigen Zeiten sein Bestes zu geben und dabei die Selbstdisziplin zu bewahren. Man sagt zum Beispiel, dass die erste japanisch-amerikanische Einwanderergeneration, die Issei, während der Internierung japanischstämmiger Amerikaner im Zweiten Weltkrieg Gaman zeigte. Das Gleiche gilt auch für die Betroffenen nach dem Tōhoku-Erdbeben 2011 im Norden Japans.

Gaman hat auch in die psychoanalytische Theorie Einzug gehalten, um eine japanische Haltung zu beschreiben: „Einschränkung des Egoismus zu Gunsten anderer“.[2] Gaman wird im jungen Alter erlernt.[3] Es wird exemplarisch von Älteren vorgelebt und als Zeichen von Reife und Stärke betrachtet. Über seine privaten Anliegen, Probleme und Beschwerden zu schweigen ist ein Zeichen höflicher Zurückhaltung – sein Gegenüber hat womöglich noch größere Sorgen. Wenn eine Person, die Gaman übt, Hilfestellung erfährt, wird die Hilfe angenommen. Jedoch wird weder um mehr Hilfe gebeten noch Bedenken geäußert.[4][5]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff Gaman entstammt der Lehre des Zen-Buddhismus[6] und bezeichnet eine innere Tätigkeit gegenüber äußeren Widrigkeiten. Die japanisch-amerikanischen Internierten im Zweiten Weltkrieg übten Gaman, um gesellschaftliche Ausgrenzung, Bedrängnis und Demütigung durchzustehen. Diese verinnerlichte Haltung wurde oft von Nicht-Japanern als mangelnde Initiative falsch verstanden.[7][8][9]

Nach dem Tōhoku-Erdbeben und Tsunami am 11. März 2011 sah man die Wurzel der Leidensfähigkeit, des Anstands, des Ausbleibens von weitverbreiteten Plünderungen und der gegenseitigen Hilfsbereitschaft der Japaner weitgehend im Gaman.[10][11][12] Ebenfalls wurde der anscheinende Heroismus der kurzzeitig nur 50–70 Angestellten, die angesichts großer persönlicher Gefährdung in dem Kernkraftwerk Fukushima I weiterarbeiteten, als Manifestierung von Gaman betrachtet (cf. Fukushima 50 in Nuklearkatastrophe von Fukushima).[13][14]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Why No Looting In Japan? Ctd. the Atlantic, 17. März 2011, abgerufen am 20. Mai 2011 (englisch).
  2. Frank A. Johnson: Dependency and Japanese Socialization. NYU Press, 1995, ISBN 0-8147-4222-X, S. 181 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Todd Jay Leonard: Letters Home: Musings of an American Expatriate Living in Japan. IUniverse, New York 2003, ISBN 0-595-28309-8, S. 99 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Catherine Burns: Sexual Violence and the Law in Japan. RoutledgeCurzon, New York 2004, ISBN 0-415-33651-1, S. 51 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. T. Shibusawa: Japanese American Elders. In: Patricia J. Kolb (Hrsg.): Social Work Practice with Ethnically and Racially Diverse Nursing Home Residents and Their Families. Columbia University Press, New York 2007, ISBN 978-0-231-12533-8, S. 146 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Mark I. West (Hrsg.): The Japanification of Children’s Popular Culture. From Godzilla to Miyazaki. Scarecrow Press, Lanham, Md. 2009, ISBN 978-0-8108-5121-4, S. 4 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. The Art of Gaman: Enduring the Seemingly Unbearable with Patience and Dignity. Japanese National American Museum, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. Februar 2014; abgerufen am 18. März 2011 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/janmstore.com
  8. Art by Japanese-American Detainees During World War Two Shows Their Struggle and Humanity. In: VOA News. 18. Mai 2010, abgerufen am 18. März 2011 (englisch).
  9. Brian Niiya: Japanese American History. An A-to-Z Reference from 1868 to the Present. Facts On File, New York 1993, ISBN 0-8160-2680-7, S. 143 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. U.S. troops exposed to radiation. In: Detroit Free Press. 16. März 2011, abgerufen am 18. März 2011 (englisch).
  11. Mike Lloyd: Japanese remain calm while dealing with quake after-math. In: National Post. 16. März 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. März 2011; abgerufen am 18. März 2011 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.news1130.com
  12. Crushed, but true to law of 'gaman'. In: the Australian. 16. März 2011, abgerufen am 18. März 2011 (englisch).
  13. A nuclear meltdown in Japan? Not if these brave workers can help it. In: Christian Science Monitor. 15. März 2011, abgerufen am 18. März 2011 (englisch).
  14. Wayne Arnold: Enduring the unendurable. In: Business Standard. 15. März 2011, abgerufen am 18. März 2011 (englisch).