Gaudefroyit

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Gaudefroyit
Gaudefroyit (schwarz) und Andradit (rot) aus der Wessels Mine, Hotazel, Kalahari-Manganfelder, Nordkap, Südafrika (Größe: 6,8 cm × 5,7 cm × 3,2 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1964-006[1]

IMA-Symbol

Gfy[2]

Chemische Formel Ca4Mn3+3[O3|CO3|(BO3)3][3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Borate (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

Vc/A.03
V/G.04-100

6.AB.60
27.01.02.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal
Kristallklasse; Symbol hexagonal-pyramidal; 6[4]
Raumgruppe P63 (Nr. 173)Vorlage:Raumgruppe/173
Gitterparameter a = 10,59 Å; c = 5,89 Å[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Häufige Kristallflächen {1120}, {0110}[5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 6[5]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,35 bis 3,50; berechnet: 3,44 bis 3,53[5]
Spaltbarkeit fehlt
Bruch; Tenazität muschelig; spröde[5]
Farbe kupferbraun[6] bis schwarz mit starken gelborangen bis rötlichen, inneren Reflexionen[5]
Strichfarbe bräunlichgrau[6]
Transparenz undurchsichtig
Glanz Glasglanz, matt
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,805 bis 1,810[7]
nε = 2,015 bis 2,020[7]
Doppelbrechung δ = 0,210[7]
Optischer Charakter einachsig positiv
Pleochroismus Stark: ω = hell gelblichbraun; ε = rot-orange[5]

Gaudefroyit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Borate“ (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate) mit der chemischen Zusammensetzung Ca4Mn3+3[O3|CO3|(BO3)3][3] und ist damit ein Calcium-Mangan-Borat mit zusätzlichen Sauerstoff- und Karbonationen.

Gaudefroyit kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem und findet sich in Form prismatischer Kristalle mit pyramidalen Endflächen von bis zu 5 cm Länge.[8] Meist sind diese zu strahlig auseinander strebenden Mineral-Aggregaten verbunden. Die undurchsichtigen Kristalle sind von kupferbrauner bis schwarzer Farbe mit starken gelborangen bis rötlichen, inneren Reflexionen und zeigen auf den Oberflächen einen glasähnlichen Glanz.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Gaudefroyit durch M. P. Gallo, der 1962 Mineralproben auf den Abraumhalden des Mangan-Tagebaus „Tachgagalt“ in der marokkanischen Provinz Ouarzazate sammelte. Georges Jouravsky (1896–1964) und François Permingeat analysierten das Material und konnten dabei das bisher unbekannte Mineral identifizieren. Sie benannten es nach dem französischen Mineralogen Abbé Christophe Gaudefroy (1888–1971), der unter anderem in „Tachgagalt“ arbeitete.

Typmaterial des Minerals wird im Geologischen Amt von Marokko in Rabat, im Muséum national d’histoire naturelle (Katalog-Nr. 165.34) und in der Mines ParisTech (auch École des mines de Paris, englisch National School of Mines) in Paris aufbewahrt.[5]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Gaudefroyit noch zur gemeinsamen Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung „Inselborate“, wo er zusammen mit Hulsit, Ludwigit, Orthopinakiolith, Pinakiolith, Vonsenit und Warwickit die „Warwickit-Pinakiolith-Gruppe“ mit der System-Nr. Vc/A.03 bildete.

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Gaudefroyit dagegen in die nun eigenständige Klasse der „Borate“ und dort in die Abteilung der „Monoborate“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit zusätzlicher Anionen und der Struktur der Boratkomplexe, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „BO3 mit zusätzlichen Anionen; 1(Δ) + OH usw.“ (hier: ein trigonaler Boratkomplex und zusätzliche Sauerstoff- und Carbonationen) zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 6.AB.60 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Gaudefroyit wie die veraltete Strunz’sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung der „Borate“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 27.01.02 innerhalb der Unterabteilung „Zusammengesetzte Borate“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zeichnung eines Gaudefroyit-Kristalls

Gaudefroyit kristallisiert hexagonal in der Raumgruppe P63 (Raumgruppen-Nr. 173)Vorlage:Raumgruppe/173 mit den Gitterparametern a = 10,59 Å und c = 5,89 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ettringit (gelb), Calcit (weiß), Gaudefroyit (schwarz) und Hämatit (silbriger Einzelkristall) aus der N'Chwaning II Mine, Kuruman, Kalahari-Manganerzfelder, Nordkap, Südafrika (Größe: 10 cm × 8 cm × 4 cm)

Gaudefroyit bildet sich durch hydrothermale Vorgänge in Mangan-Lagerstätten. An seiner Typlokalität im Mangan-Tagebau „Tachgagalt“ wurden auch die bisher größten Gaudefroyitkristalle mit bis zu 5 cm großen Prismen entdeckt.[10] Als Begleitminerale traten hier Braunit, Brucit, Calcit, Crednerit, Hausmannit, Marokit, Pyrolusit und Quarz auf.[5]

In Deutschland kennt man das Mineral bisher nur aus dem Steinbruch „Caspar“ am Ettringer Bellerberg im rheinland-pfälzischen Landkreis Mayen-Koblenz.

Weitere bisher bekannte Fundorte finden sich nur noch in den Kalahari-Manganerzfeldern der südafrikanischen Provinz Nordkap wie die N'Chwaning Minen bei Kuruman, wo als Begleitminerale noch Baryt, Bixbyit-(Mn), Hämatit, Hydrogrossular und Manganit auftraten, sowie die Wessels Mine bei Hotazel.[11] Ein angeblicher Fund aus der Grube Black Rock stellte sich nach Überprüfung als irrtümliche Meldung eines Mineralhändlers heraus.[12]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • G. Jouravsky, F. Permingeat: La gaudefroyite, une nouvelle espèce minérale. In: Bulletin de la Société Française de Minéralogie et de Cristallographie. Band 87, 1964, S. 216–229 (französisch, rruff.info [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 25. Mai 2022]).
  • Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 50, 1965, S. 805–813 (englisch, rruff.info [PDF; 532 kB; abgerufen am 25. Mai 2022]).
  • Christina Hoffmann, Thomas Armbruster, Martin Kunz: Structure refinement of (001) disordered gaudefroyite Ca4Mn3+3[(BO3)3(CO3)O3]: Jahn-Teller-distortion in edge-sharing chains of Mn3+O6 octahedra. In: European Journal of Mineralogy. Band 9, Nr. 1, 1997, S. 7–19 (englisch).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Gaudefroyite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 334 (englisch).
  4. David Barthelmy: Gaudefroyite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 25. Mai 2022 (englisch).
  5. a b c d e f g h Gaudefroyite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 66 kB; abgerufen am 25. Mai 2022]).
  6. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  7. a b c Gaudefroyite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. Mai 2022 (englisch).
  8. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 586 (Erstausgabe: 1891).
  9. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 25. Mai 2022 (englisch).
  10. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 131.
  11. Fundortliste für Gaudefroyit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 25. Mai 2022.
  12. Gaudefroyite from Black Rock Mine, Black Rock, Kalahari manganese field, Northern Cape, South Africa. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. Mai 2022 (englisch).