Gertrud Orff

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Gertrud Orff (* 9. August 1914 in München; † 1. Mai 2000 in München; geborene Willert) war eine deutsche Musiktherapeutin.

Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über den Werdegang Gertrud Willerts vor der Eheschließung mit Carl Orff (1895–1982) ist wenig bekannt. Nach dem Abitur besuchte sie eine kaufmännische Privatschule. Entgegen dem väterlichen Wunsch eines Medizinstudiums widmete sie sich der Musik und lernte so Carl Orff kennen. Sie war zunächst seine Schülerin und von 1939 bis 1953 seine zweite Ehefrau. Sie war an der Entwicklung des Orff-Schulwerks beteiligt und erprobte es unter anderem an öffentlichen Schulen in den USA. Dabei machte sie auch erste Erfahrungen in der Arbeit mit behinderten und entwicklungsgestörten Kindern.[1][2] Als erste eigenständige Werke erschienen von 1954 bis 1959 unter dem Namen Gertrud Willert-Orff vier Bände mit dem Titel Kleine Klavierstücke mit ihr als Komponistin. Ihre Hauptwerke als musiktherapeutische Fachautorin Die Orff-Musiktherapie. Aktive Förderung der Entwicklung des Kindes (1974) und Schlüsselbegriffe der Orff-Musiktherapie (1984) erschienen dann unter dem Namen Gertrud Orff. Sie wurden auch in englischer, französischer, spanischer und japanischer Sprache veröffentlicht. Von 1970 bis zu ihrer Pensionierung 1984 arbeitete sie als Musiktherapeutin am sozialpädiatrischen Kinderzentrum München bei Theodor Hellbrügge, der ihre Arbeit unterstützte und ihre Veröffentlichungen förderte.

Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gertrud Orff ist eine der ersten deutschsprachigen Musiktherapeuten und entwickelte die nach ihr benannte Orff-Musiktherapie, die einer heilpädagogischen Ausrichtung der Musiktherapie zugeordnet werden kann[3] oder auch als entwicklungsorientierte oder kindzentrierte, entwicklungsfördernde Musiktherapie bezeichnet wird.[4][5] Sie richtete sich vor allem an Kinder mit Sinnesschädigungen, Entwicklungsstörungen, anderen Behinderungen oder mit einer Autismus-Spektrum-Störung. Ihre Arbeit griff die Ideen einer Elementaren Musikpädagogik, eines spielerischen und multisensorischen Vorgehens auf und entwickelte sie weiter zu einer individuell auf die Bedürfnisse von Kindern mit Beeinträchtigungen abgestimmten Methodik.

Sie engagierte sich für die Entwicklung des entstehenden Berufsbildes Musiktherapie in der Vorläuferform der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft. Ab 1980 gab sie ihr Wissen zunächst in Kursen weiter, aus denen ab 1986 eine Weiterbildung entstand, die weiterhin von der Deutschen Akademie für Entwicklungsförderung und Gesundheit des Kindes und Jugendlichen e.V. fortgeführt wird[6]. Ein Jahr vor ihrem Tod war sie an der Gründung der Gesellschaft für Orff-Musiktherapie[7] beteiligt.

Zu ihren Schülerinnen zählen u. a. die Musiktherapeutinnen Christine Plahl und Susanna Filesch (Katholische Stiftungshochschule München), Karin Schumacher (Universität der Künste Berlin), Ursula Stiff (neues musik forum) und Melanie Voigt (Kinderzentrum München).

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1986: Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland für besondere Verdienste in der Arbeit mit behinderten Kindern.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Simone Neuwirth: Die Orff-Musiktherapie bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter: Eine musiktherapeutisch-sozialarbeiterische Synthese 2008 Tectum Verlag Marburg ISBN 978-3-8288-9776-2
  • Gertrud Orff: Die Orff-Musiktherapie. Aktive Förderung der Entwicklung des Kindes. Kindler München 1974 (Kindler Taschenbuch Ausgabe 1978 ISBN 3-463-02193-5)
  • Gertrud Orff: Schlüsselbegriffe der Orff-Musiktherapie. Psychologie-Verlags-Union Weinheim 1984 (2. überarbeitete Auflage 2010 Beltz/PVU ISBN 978-3-621-27110-3)
  • Melanie Voigt (2001): Musiktherapie nach Gertrud Orff – eine entwicklungsorientierte Musiktherapie. In: Hans-Helmut Decker-Voigt (Hrsg.): Schulen der Musiktherapie. Ernst Reinhardt Verlag München, Basel, 2001, S. 244–261 ISBN 978-3-497-01574-0
  • Melanie Voigt und Christine Plahl: Die Orff-Musiktherapie als kindzentrierte und entwicklungsfördernde Musiktherapie. In: Ursula Stiff und Rosemarie Tüpker (Hrsg.) Kindermusiktherapie. Richtungen und Methoden. Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen, 2007, S. 197–230 ISBN 978-3-525-49105-8
  • Sibylle Köllinger: Gertrud Orff-Willert. Das musikpädagogische und musiktherapeutische Werk. Dissertation LMU München, Schott, Mainz 2018 ISBN 978-3-95983-132-1 Online-Version Schott Campus

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Carl Orff: Vorwort in Gertrud Orff: Die Orff-Musiktherapie. Aktive Förderung der Entwicklung des Kindes. Kindler Taschenbücher 1974, S. 7
  2. Melanie Voigt: In memoniam Gertrud Orff. In: Musiktherapeutische Umschau 1/2001
  3. Geschichte der Musiktherapie (Memento vom 24. November 2014 im Internet Archive) bei Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft. Abgerufen am 12. September 2019
  4. Voigt, Melanie (2001): Musiktherapie nach Gertrud Orff - eine entwicklungsorientierte Musiktherapie. In: Hans-Helmut Decker-Voigt (Hrsg.): Schulen der Musiktherapie. Ernst Reinhardt Verlag, München, Basel. S- 244
  5. Melanie Voigt und Christine Plahl: Die Orff-Musiktherapie als kindzentrierte und entwicklungsfördernde Musiktherapie. In: Ursula Stiff und Rosemarie Tüpker (Hrsg.) Kindermusiktherapie. Richtungen und Methoden S. 197–230
  6. Musiktherapie nach G. Orff bei der Deutschen Akademie für Entwicklungsförderung und Gesundheit des Kindes und Jugendlichen. (Memento vom 30. Oktober 2017 im Internet Archive) Abgerufen am 26. Juni 2017
  7. Gesellschaft für Orff-Musiktherapie