Gertrud Rünger

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Gertrud Juliane Wilhelmine Rünger, auch Gertrude Rünger (* 14. März 1893 in Posen, Deutsches Reich[1]; † 11. Juni 1965 in Berlin-Zehlendorf) war eine deutsche Opernsängerin in der Stimmlage Alt, ab 1935 auch Dramatischer Sopran.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gertrud Rüngers Eltern waren der Feldwebel und spätere Steuerinspektor Wilhelm Rünger (* 1864 Nörenberg, Kr. Saatzig; † 1940 Berlin-Wilmersdorf) und Margarethe Rünger, geb. Wolff (* 1870, Nörenberg). Sie erhielt ihre Ausbildung bei der Altistin Hertha Dehmlow (* 1878 Königsberg; † 1949 Berlin-Zehlendorf) in Berlin. Obwohl ein erster Auftritt als Waltraute, Floßhilde und erste Norn in der Götterdämmerung am Nationaltheater Mannheim im November 1921[2] durchaus erfolgreich verlief[3] begann sie 1922 zunächst als Chorsängerin am Stadttheater Stralsund. 1923 wechselte sie als Solistin an das Stadttheater Erfurt. 1924 bis 1926 sang sie am Reußischen Theater von Gera, 1926 bis 1928 am Städtischen Theater Magdeburg, 1928/29 am Opernhaus Köln und 1929/30 am Stadttheater Nürnberg.[4]

1930 bis 1935 gehörte sie zum Ensemble der Wiener Staatsoper, wo sie 1931 als Eboli in Don Carlos und 1933 als Lady Macbeth in Macbeth bekannt wurde. 1935 bis 1948 wirkte sie an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin. Anfang 1937 war sie an der Metropolitan Opera in New York engagiert, wo sie Brünnhilde in der Walküre und in der Götterdämmerung sowie Fricka in Das Rheingold und Ortrud in Lohengrin darstellte.[5]

Außerdem gastierte sie an den Staatsopern von Dresden, München, Amsterdam, Haag, an der Pariser Oper (1933), in London (Royal Opera House, 1934), Antwerpen (1937–38) und Rom (1939, 1940). 1930 gab sie ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen im Rosenkavalier und trat dort bis 1934 jährlich sowie 1938 auf.[6] Seit 1938 gastierte sie wieder regelmäßig an der Wiener Staatsoper, letztmalig im Oktober 1943 als „Elektra“.[7]

Rünger war auch Konzertsängerin tätig. Man schätzte sie vor allem als Wagner-Interpretin. Weitere bedeutende Rollen waren sowohl die Titelheldin als auch die Klytämnestra in Elektra und die Leonore in Fidelio.

Mitte der 1930er Jahre wurde Rünger mit dem Titel Kammersängerin ausgezeichnet. Sie stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.[8]

Am 3. September 1949 stand sie das letzte Mal als Gräfin in Pique Dame auf der Bühne der Berliner Staatsoper.[9]

Rünger, die in der Nachkriegszeit ihr Vermögen und ihr Haus in Kleinmachnow[10] verloren hatte, gab dann noch Gesangs- und dramatischen Unterricht.[11]

Gertrud Rünger starb 1965 im Alter von 72 Jahren in Berlin und wurde auf dem Friedhof Wilmersdorf beigesetzt.[12]

Würdigung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Gertrud Rünger verfügte über eine machtvolle Stimme, reich instrumentiert in allen Lagen und Registern, der ausladenden hohen Lage stand eine volltönende Tiefe gegenüber. Meisterlich verstand sie die Präsentation wichtiger Phrasen. Ihre Stimme klang kernig und körnig, nicht unbedingt weich aber mit rotglühender Wucht im dramatischen Affekt. Damit wirkte sie zumindest in der Zeit ihrer ersten Wiener Tätigkeit, zündend und oft geradezu überwältigend.“

Anton Odelga: Beiheft zu: Richard Wagner: Die Walküre. Preiser Records 90075, Wien 1991

Tondokumente[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Gertrud Rünger gibt es lediglich 4 Titel auf Schallplatten[13]:
Grammophon (Auslandslabel: Polydor)
Berlin, 16. Oktober 1935. Mit Orchesterbegleitung.

Berlin, 23. Juni 1936. Orchester der Staatsoper Berlin, Dirigent: Wolfgang Martin. Mit Julius Patzak (Tenor).

  • Der Troubadour (Verdi): Daß noch einmal, noch einmal sie erschiene (67106)
  • Der Troubadour: In unsere Heimat kehren wir wieder (67106)

Sämtlich auf CD wiederveröffentlicht: Four famous mezzos of the past. Preiser Records 89977 (Wien 1997).

Von Rüngers Rundfunkaufnahmen sind verfügbar[14]:

  • Ariadne auf Naxos. Gesamtaufnahme der ‚Oper‘. Mit Erna Berger, Viorica Ursuleac, Gerturd Rünger (Dryade), Helge Rosvaenge u. a. Dirigent: Clemens Krauss (Reichssender Berlin, 11. Juni 1935). Auf mehreren CD-Labels erhältlich.
  • Die Walküre. 2. Akt (2. bis 4. Szene) und 3. Akt. Mit Elisabeth Friedrich, Gertrud Rünger (Brünnhilde), Wilhelm Rode u. a. Dirigent: Wolfgang Brückner. (Reichssender Königsberg, 9. März 1938). Preiser Records 90075 (Wien 1991).

In der Edition Wiener Staatsoper live (Koch Schwann 1994/95)[15] finden sich, zumeist kürzere, Mitschnitte von Aufführungen mit Rünger in den Volumes 9, 14, 15 und 16.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nachruf Gertrud Rünger in: Deutsches Bühnen-Jahrbuch. 74. Jahrgang 1966. Bühnenschriften-Vertriebs-Gesellschaft, Hamburg 1965, S. 123
  • Diskografie Gertrud Rünger in: Manfred Weihermüller: Discographie der deutschen Gesangsaufnahmen, Band 1 (= Deutsche National-Discographie, Serie 3). Birgit-Lotz-Verlag, Bonn 1995, ISBN 3-9803461-1-0, S. 249
  • Karl-Josef Kutsch, Leo Riemens, Hansjörg Rost: Großes Sängerlexikon. Vierte, erweiterte und aktualisierte Auflage. K. G. Saur, München 2003. ISBN 3-598-11598-9 (7 Bände). S. 4055/56.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Allgemeines Taufregister der evang. GarnisonGemeinde zu Posen, Geborene und Getaufte im Jahre 1893, Nr. 16
  2. Mannheimer General-Anzeiger vom 12. November 1921, S. 12 [1]
  3. Rezension in Badische Presse von 17. November 1921, S. 2 [2]
  4. Deutsches Bühnenjahrbuch. Jahrgang 1923 bis 1931
  5. MetOpera database [3]
  6. Dazu kommen 2 Orchesterkonzerte 1933 und 1940. Archiv Salzburger Festspiele [4]
  7. Vorstellungen mit Gertrud Rünger im Archiv der Wiener Staatsoper [5]
  8. Rünger, Gertrude. In: Theodor Kellenter: Die Gottbegnadeten : Hitlers Liste unersetzbarer Künstler. Arndt, Kiel 2020, ISBN 978-3-88741-290-6, S. 232
  9. Besetzungsarchiv der Staatsoper Berlin [6]
  10. Das Haus in der Fontanestr. 22, das sie sich um 1935 erbauen ließ, steht heute in der Denkmalliste des Landes Brandenburg [7]; Foto [8]
  11. Anton Odelga im Beiheft zu Die Walküre, Preiser Records 90075
  12. Trauerfeier am 18. Juni 1965 im Krematorium Wilmersdorf, s. Deutsches Bühnen-Jahrbuch. 74. Jahrgang 1966. Hamburg 1965, S. 123
  13. GHT-BASE WEB [9]
  14. Andreas Ommer: Verzeichnis aller Operngesamtaufnahmen. Directmedia Publishing, Berlin 2007. ISBN 978-3-89853-620-2
  15. siehe Eintrag bei discogs [10]