Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung

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Basisdaten
Titel: Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung
Abkürzung: ZwVollStrÄndG (nicht amtlich)
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Erlassen aufgrund von: Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG
Rechtsmaterie: Zwangsvollstreckungsrecht
Erlassen am: 29. Juli 2009
(BGBl. I S. 2258)
Inkrafttreten am: 1. August 2009
bzw. 1. Januar 2013
Letzte Änderung durch: Art. 18 G vom 23. Mai 2011
(BGBl. I S. 898, 919)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
18. Juni 2011
(Art. 20 Abs. 1 G vom 23. Mai 2011)
GESTA: C064
Weblink: Text des ZwVollStrÄndG
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung wurde das deutsche Zwangsvollstreckungsrecht zum 1. Januar 2013 in wichtigen Punkten erneuert. Insbesondere vereinfachte das Gesetz die Zwangsvollstreckung in Forderungen und trennte die Sachaufklärung von den Rechtsfolgen einer ergebnislosen Vollstreckung. Es erleichterte die Informationsbeschaffung für den Gläubiger und modernisierte und zentralisierte das Verfahren und die Führung von Schuldnerverzeichnissen.

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung ist ein Artikelgesetz, welches die Zivilprozessordnung (ZPO), die Abgabenordnung (AO) und zahlreiche andere Gesetze änderte, darüber hinaus aber keinen eigenständigen Regelungsgehalt hat. Es besteht aus sechs Artikeln.

Änderung der Zivilprozessordnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Artikel 1 enthält grundlegende Änderungen der Zivilprozessordnung. Die §§ 806b, 813a und 813b ZPO wurden gestrichen, die §§ 802a–l und 882b–h ZPO wurden neu eingefügt.

Änderungen anderer Gesetze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch Artikel 2 wurde § 284 Abgabenordnung (alt: Eidesstattliche Versicherung, neu: Vermögensauskunft des Vollstreckungsschuldners) geändert.

Artikel 3 änderte Vorschriften im Gerichtskostengesetz, im Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen, im Gerichtsvollzieherkostengesetz und im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und passte so das Kostenrecht an das neue Zwangsvollstreckungsrecht an.

Durch Artikel 4 wurde eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen des Verfahrensrechts, des Besonderen Verwaltungsrechts und des Verkehrsrechts redaktionell an die neuen Vorschriften in der Zivilprozessordnung angepasst. Darüber hinaus wurde mit § 74a Zehntes Buch Sozialgesetzbuch eine Vorschrift geschaffen, die eine Übermittlung von Sozialdaten zur Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Ansprüche und im Vollstreckungsverfahren erlaubt (Art. 4 Abs. 15 Nr. 4 ZwVollStrÄndG).

Artikel 5 enthielt bei der Anwendung der Zivilprozessordnung zu beachtende Übergangsvorschriften. Vollstreckungsaufträge, die vor dem 1. Januar 2013 bei Gericht eingingen, wurden noch nach altem Recht behandelt.

Inkrafttreten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das stufenweise Inkrafttreten des Gesetzes wurde durch Artikel 6 geregelt: Die eigentliche Reform trat am 1. Januar 2013 in Kraft. Die im Gesetz enthaltenen Verordnungsermächtigungen wurden hingegen bereits am 1. August 2009 wirksam. Dies war notwendig, damit die zur Umsetzung des Gesetzes erforderlichen Rechtsverordnungen während der Übergangsfrist erlassen werden konnten.

Hintergrund und Gesetzgebungsverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gesetz geht auf eine Initiative des Bundesrats zurück. Nach Auffassung der Länderkammer war es notwendig, das Recht der Zwangsvollstreckung grundlegend zu reformieren. Dieses zu Beginn des 21. Jahrhunderts geltende Recht war noch von den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen geprägt, die beim Inkrafttreten der Zivilprozessordnung im Jahr 1879 vorherrschten. Damals war es üblich, vorrangig bewegliche Sachen des Schuldners zu pfänden und zu verwerten (so genannte Fahrnisvollstreckung). Gut 125 Jahre später hatte die Fahrnisvollstreckung stark an Bedeutung verloren. Übliche Vollstreckungsmethode war die Pfändung und Überweisung von Geldforderungen, insbesondere die Kontopfändung und die Lohn- und Gehaltspfändung. Dazu bedurfte es jedoch einer Vermögensauskunft des Schuldners, welche wiederum erst nach einem erfolglosen Fahrnispfändungsversuch verlangte. Diese Vorgehensweise war rechtlich notwendig, bedeutete für den Gläubiger jedoch einen Zeitverlust und zusätzliche Kosten. Außerdem zeigte die Praxis, dass Schuldner über ihr Vermögen häufig nur unzureichend oder bewusst falsch Auskunft gaben. Diese Unzulänglichkeiten sollten durch das Reformgesetz beseitigt werden.

Im Sommer 2008 legte der Bundesrat einen entsprechenden Gesetzentwurf vor, der anschließend von der Bundesregierung an den Bundestag weitergeleitet wurde.[1] Der Deutsche Bundestag verabschiedete das Gesetz am 18. Juni 2009; der Bundesrat stimmte dem Gesetzentwurf am 10. Juli 2009 zu. Am 31. Juli 2009 wurde das Gesetz verkündet. Bereits am darauffolgenden Tag wurden einzelne Regelungen des Gesetzes wirksam. Der Hauptteil des Gesetzes trat jedoch erst am 1. Januar 2013 in Kraft. Die mehr als dreijährige Hinauszögerung der Reform war notwendig, weil die Länder zunächst die zentralen Vollstreckungsgerichte einrichten mussten. Zudem mussten die technischen Voraussetzungen für die elektronische Datenübermittlung geschaffen werden.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Frank-Michael Goebel: Die Reform der Sachaufklärung: Sachpfändung und Vermögensauskunft (Offenbarungsverfahren) unter neuen Bedingungen. 1. Auflage. Deutscher Anwaltverlag, 2012, ISBN 978-3-8240-0932-9.
  • Stefan Mroß: Anwälte müssen umlernen: Neue Möglichkeiten in der Zwangsvollstreckung. In: Anwaltsblatt. Band 1, 2013, S. 16–22 (anwaltverein.de [PDF; 156 kB]).
  • Gregor Vollkommer: Die Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung – Ein Überblick. In: Neue Juristische Wochenschrift. 2012, S. 3681 ff.
  • Claudia Sturm: Das Verfahren der gütlichen Erledigung. In: Das Juristische Büro. 2012, S. 624 ff.
  • Claudia Sturm: Die Ermittlung des Aufenthaltsorts des Schuldners. In: Das Juristische Büro. 2012, S. 627 ff.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bundestagsdrucksache 16/10069 vom 30. Juli 2008.