Gholam Ali Haddad-Adel

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Gholam Ali Haddad-Adel

Gholam Ali Haddad-Adel (persisch غلامعلی حداد عادل; * 1945 in Teheran) ist ein iranischer Politiker und war vom 6. Juni 2004 bis 26. Mai 2008[1] Sprecher des iranischen Parlaments bzw. wurde mit 226 der 259 anwesenden Abgeordneten zum Parlamentspräsidenten gewählt. Daneben ist er Mitglied im Sicherheitsrat und im Schlichtungsrat.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Haddad-Adel wurde als Sohn eines reichen Teehändlers geboren, promovierte noch vor der Revolution an der Universität Teheran in Philosophie und schloss ein Physikstudium mit dem Master ab. Er studierte islamische Philosophie unter Morteza Motahhari, der ein Weggefährte des Revolutionsführers Ruhollah Chomeinis war, aber in Fragen der Herrschaftsform von dessen Lehre abwich.[2] Zugleich gilt Haddad-Adel als Kritiker der Denkschule Ali Schariatis. An der Universität Teheran lehrt er Philosophie des Abendlandes und übersetzte die Werke Immanuel Kants ins Persische. Er gehört dem Hohen Rat der Wissenschaft und Erziehung an und ist seit 1991 Leiter der Akademie für persische Sprache und Literatur.[3]

Er ist Führer der politischen Partei Koalition der Kultivierenden des islamischen Iran, die als pragmatisch konservativ gilt. In seinen Reden zitiert er gleichermaßen den Koran und Kant. 2004 plädierte er für die freie Marktwirtschaft und eine vorsichtige Entspannung mit den Vereinigten Staaten. Er forderte eine Aufhebung des Verbotes von Satellitenschüsseln im Iran. „Unsere Aufgabe besteht darin, das schiefe Bild der Islamischen Republik im Westen zurechtzurücken.“[4] Durch seine Tochter, die mit dem Sohn Seyyed Ali Chameneis, Mojtaba, verheiratet ist, hat er direkten Zugang zum Revolutionsführer.

Aktuelle Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hinsichtlich der geplanten Erhebung des britisch-indischen Autors Salman Rushdie in den Ritterstand hat Haddad-Adel eine scharfe Warnung an die britische Königin gerichtet:

Die 80-jährige Elisabeth II. müsse sich die Frage gefallen lassen, warum sie einer Person, die eineinhalb Milliarden Moslems beleidigt habe, den Titel "Sir" verleihe.
Salman Rushdie wurde durch die historische Fatwa von Imam Khomeini zum Tode verurteilt und die Verleihung von Titeln kann diesen Leichnam nicht ins Leben zurückholen.[5]

Der Grund für seine Abwahl als Parlamentspräsident im Mai 2008 lag nach Bahman Nirumand darin, zu spät die Richtung gewechselt zu haben. Seine Taktik war, „sich immer nach der Mehrheit der Konservativen zu richten. So hatte er zunächst bedingungslos die Regierung Ahmadineschād unterstützt. Nachdem aber die Kritik am Präsidenten wuchs, versuchte er die Richtung zu wechseln.“ Auf die Frage eines Journalisten, ob das neu gewählte Parlament hinter der Regierung stehen würde, antwortete Haddad-Adel mit: „der Meinung bin ich nicht.“[6]

Im Jahre 2010 übernahm Haddad-Adel den Vorsitz der von der UNESCO an die Islamische Republik Iran vergebenen Welttags der Philosophie. Der Veranstalter in Teheran war die dort ansässige Akademie für Weltweisheit und Philosophie.[7] Der deutsche Philosoph Otfried Höffe sagte daraufhin seine Teilnahme im November ab, weil er befürchtete, dass die Veranstaltung zu einer „Propagandaveranstaltung“ von Staatspräsident Mahmud Ahmadineschād werde.[8]

Im Februar 2012 erklärte Haddad-Adel die bei den Iranischen Parlamentswahlen im März nicht zugelassenen Parteien für unter der Kontrolle ausländischer Mächte stehend und für pro-westlich.[9] Er selbst soll gleich auf mehreren Listen zugelassener Parteien als Fremdkandidat gestanden haben.[10]

Haddad-Adel wurde als möglicher Nachfolger von Mahmud Ahmadineschād im Amt des Staatspräsidenten gehandelt.[11]

Ende Mai 2012 verlor Haddad-Adel seine Wiederwahl zum Parlamentspräsidenten gegen den Ahmadineschād-Kritiker Ali Laridschani mit 100 zu 173 Stimmen.[12]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Farhang-e Berahnegi va Berahnegi-e Farhangi (Culture of Nudity and Nudity of Culture), Soroush, Teheran. 1980, übersetzt in Urdu, arabisch und türkisch.
  • Haj: Namaaz-e Bozorg (Hajj: the Grand Prayer), Sana, Teheran, 2000.
  • Daaneshnaame-ye Jahaan-e Eslam (The Encyclopedia of the Islamic World), Islamic Encyclopedia Foundation, Volumes 2-6 (as supervisor), 1996–2001.
  • Textbooks on sociology, social science, civil studies and Qur'an, for high school and guidance schools.

Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. @1@2Vorlage:Toter Link/www.wienerzeitung.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  2. Der Standard: Zur Macht im Iran gehört auch die Familie, 5. März 2012
  3. Frankfurter Allgemeine: Ghulam Ali Haddad-Adel: Koran und Kant, 3. März 2004
  4. Zur Macht im Iran gehört auch die Familie. In: derstandard.at. 5. März 2012, abgerufen am 10. Februar 2024.
  5. @1@2Vorlage:Toter Link/www.derstandard.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Februar 2024. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: derstandard.at
  6. Iran Report 06/2008 der Heinrich-Böll-Stiftung (Memento vom 31. August 2009 im Internet Archive) (PDF; 98 kB)
  7. Der Spiegel Nr. 32/2010, Seite 92 und 93
  8. Welttag der Philosophie: „Ich werde nicht in Teheran sprechen“ in der FAZ am 16. Juli 2010.
  9. Iran political parties prepare for parliamentary elections Press TV am 10. Februar 2012.
  10. Ali Schirasi, 13. Februar 2012: Iran: Bald sind Wahlen (Memento des Originals vom 24. Dezember 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/alischirasi.blogsport.de
  11. Stephanie Rupp: Atomgespräche: Chamenei plant Zukunft Irans ohne Ahmadinedschad. In: welt.de. 9. April 2012, abgerufen am 10. Februar 2024.
  12. Ahmadinedschad-Kritiker ist neuer Parlamentspräsident (Memento vom 30. Mai 2012 im Internet Archive) bei tagesschau.de, 28. Mai 2012 (abgerufen am 28. Mai 2012).