Glisno (Lubniewice)

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Glisno
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Glisno (Polen)
Glisno (Polen)
Glisno
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Lebus
Powiat: Sulęciń
Gmina: Lubniewice
Geographische Lage: 52° 29′ N, 15° 15′ OKoordinaten: 52° 28′ 30″ N, 15° 14′ 38″ O
Einwohner: 810 ([1])



Glisno (deutsch Gleißen) ist ein Dorf im Powiat Sulęciński (Kreis Zielenzig) der polnischen Woiwodschaft Lebus. Es ist der Gmina Lubniewice zugeordnet.

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Glisno (Gleißen) liegt in der Neumark am Ankensee, sechs Kilometer südlich der Kleinstadt Königswalde (Lubniewice) und zwölf Kilometer nördlich der Kleinstadt Zielenzig (Sulęcin).

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dorfkirche (gestiftet von Israel Moses Henoch, entworfen von Karl Friedrich Schinkel), bis 1945 Gotteshaus der evangelischen Gemeinde Gleißen
Schloss (Aufnahme 2011)
Schloss Gleißen um 1860, Sammlung Alexander Duncker
Mausoleum der Familie von der Marwitz 1837, Aquarell von Johann Friedrich Stock (1800–1866) (Original verschollen). Erbauer unbekannt, Stifter Israel Moses Henoch in Gleißen (Glisno).

Die Ersterwähnung datiert aus dem Jahre 1421.[2] Zentrum des lange Zeit landwirtschaftlich geprägten Dorfes war ein Rittergut. Um 1790–93 ließen sich die Gutsherren ein Schloss bauen, das starke Anklänge an Schloss Sanssouci in Potsdam zeigt. Im Jahre 1806 gründete der damalige Gutsherr Regierungspräsident von Poser ein Alaunwerk, das bis 1854 bestand.

1818/19 wurde das Rittergut Gleißen von Israel Moses Henochsohn gekauft, einem jüdischen Bürger Berlins, der viel in den Ort investierte. 1823 gründete er eine Seidenfabrik, woraufhin 1829 die letzten Mitglieder der Seidenwirkergilde aus Frankfurt (Oder) nach Gleißen übersiedelten. Bereits 1835 bis 1838 wurde die Fabrik erweitert. Darüber hinaus entwickelt sich in der Umgebung Heimindustrie. In den umliegenden Orten erblühte die Seidenraupenzucht, Maulbeerplantagen entstanden.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde in Gließen eine Mineralquelle entdeckt, deren Wasser eine Heilwirkung nachgesagt wurde. Später stieß man auch auf natürliche Vorkommen von mineralischem Kohlenschlamm.[3][4] Seit 1824 ließ Henoch um eine eisenhaltige Quelle einen Kurbetrieb einrichten. Das Schloss diente nun als Kurhaus und Luxushotel.

Henoch stiftete der evangelischen Kirchengemeinde des Dorfes einen Kirchenneubau nach Plänen Karl Friedrich Schinkels, der 1837 eingeweiht wurde. Im gleichen Jahr folgte die große zweite Stiftung von Israel, mit der Erbauung eines Mausoleums für die Familie von der Marwitz (David von der Marwitz ein ehemaliger Gutsbesitzer des Ortes). Das Mausoleum existiert heute nicht mehr, es wurde 1977 abgetragen.

1841 wurden Textilfabrik und Gutswirtschaft voneinander getrennt.

1849 bis 1856 gehörte die Herrschaft Gleißen dem preußischen Hauptmann Carl Friedrich Wilhelm von Müller.[2][5]

1854 wurde die Alaunproduktion eingestellt, die Seidenproduktion dagegen ausgebaut und modernisiert. Zur Energieversorgung diente ein örtliches Kohlevorkommen, eine Seilbahn transportierte die Kohle von der Lagerstätte zur Fabrik.

1857 kaufte Hans Karl Otto von Wartenberg das Gut, stellte den Kurbetrieb ein und modernisierte die Landwirtschaft. 1910 ließ die Familie Wartenberg das Schloss um 13 Meter lange Flügelbauten verlängern.

1922 wurde die Textilfabrik nach einem Besitzwechsel von Seiden- auf Leinenproduktion umgestellt.

1945 gehörte Gleißen zum Landkreis Oststernberg im brandenburgischen Regierungsbezirk Frankfurt des Deutschen Reichs.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Gleißen im Frühjahr 1945 von der Roten Armee besetzt. Bald darauf wurde die Ortschaft unter polnische Verwaltung gestellt. In der Folgezeit wurden die Einwohner vertrieben. Gleißen wurde in Glisno umbenannt.

1946 wurde offiziell ein polnisches Staatsgut eingerichtet. Das Schloss war zunächst Sitz des Staatsgutes, dann beherbergte es von 1968 bis 1978 ein Zweigwerk der Kalischer Plüsch- und Samtfabrik (Kaliska Fabryka Pluszu i Aksamitu). Seit 1978 unterstand es dem woiwodschaftlichen Landwirtschaftsberatungszentrum in Lubniewice (Königswalde), seit 2005 wird es vom Landwirtschaftsberatungszentrum der Woiwodschaft Lebus genutzt.

Demographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
1801 497 [6]
1816 381 [7]
1840 864 in 101 Häusern[8]
1850 1000 in 110 Häusern[9]
1855 898 in 96 Häusern, meist Evangelische, darunter elf Katholiken und fünf Juden.[10]
1864 955 in 103 Häusern[11]
1867 994 am 3. Dezember[12]
1871 760 am 1. Dezember, in 149 Häusern, davon 748 Evangelische und zwölf Katholiken[12]
1910 1336 am 1. Dezember, davon 920 Einwohner im Dorf und 416 auf dem Rittergut[13][14]
1933 1112 [15]
1939 1054 [15]

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter des Ortes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gustav Henoch (1834–1898), deutscher Oberbergingenieur und herzoglicher Geheimer Bergrat
  • Horst Müller (1923–2005), deutscher Autor

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gleißen, am Ankensee, Kreis Oststernberg, Neumark, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Gleißen (meyersgaz.org).
  • Heinrich Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Nieder-Lausitz. Band 3, Brandenburg 1856, S. 285–286 (Google Books).
  • Eduard Ludwig Wedekind: Sternbergische Kreis-Chronik. Geschichte der Städte, Flecken, Dörfer, Kolonien, Schlösser etc. dieses Landestheiles von der frühesten Vergangenheit bis auf die Gegenwart. Zielenzig 1855, S. 232–235.
  • Błażej Skazinski: Gleissen/ Glisno. (Schlösser und Gärten der Neumark – Zamki i ogrody Nowej Marchii, Heft 7). Berlin 2012, ISBN 978-3-941675-37-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Glisno – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Glisno - Informacje dodatkowe. auf: mapa.szukacz.pl (polnisch)
  2. a b Heinrich Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Nieder-Lausitz. Band 3, Brandenburg 1856, S. 285–286 (Google Books).
  3. Johann Friedrich John und Friedrich August Zeuschner: Ueber den neu entdeckten mineralischen Kohlenschlamm im Mineral-Bad zu Gleißen. Berlin 1824 ([1]).
  4. Friedrich August Zeuschner: Das Mineral- und Kohlenschlamm-Bad zu Gleissen bei Zielenzig in der Neumark. Berlin 1827 (Google Books).
  5. P. v. Scheven: Offizierstammrollen und Ranglisten des Königlich Preußischen Kaiser Franz Garde-Regiment Nr. 2. Berlin 1894. Verlag Ernst Siegfried Mittler und Sohn.
  6. Preußen-Brandenburgische Miszellen. Band 2, Berlin 1904, S. 308 (Google Books).
  7. Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats. Ausgearbeitet und herausgegeben von Alexander August Mützell. Band 2: G–Ko, Halle 1821, S. 37, Ziffer 1340 (Google Books)
  8. Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Frankfurt a. d. O. Gustav Harnecker’s Buchhandlung, Frankfurt a. O. 1844, S. 221, Ziffer 79 (Google Books).
  9. Eduard Ludwig Wedekind: Sternbergische Kreis-Chronik. Geschichte der Städte, Flecken, Dörfer, Kolonien, Schlösser etc. dieses Landestheiles von der frühesten Vergangenheit bis auf die Gegenwart. Zielenzig 1855, S. 355, Ziffer 77 (Google Books).
  10. W. Riehl, J. Scheu (Hrsg.): Berlin und die Mark Brandenburg mit dem Markgrafenthum Nieder-Lausitz in ihrer Geschichte und in ihrem gegenwärtigen Bestande. Berlin 1861, S. 499 (Google Books).
  11. Topographisch-statistisches Handbuch des Regierungs-Bezirks Frankfurt a. O. Verlag von Gustav Harnecker u. Co., 1867, S. 255, Ziffer 10 (Google Books).
  12. a b Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung. Teil II: Provinz Brandenburg. Kreis Oststernberg (Zielenzig). Berlin 1873, S. 160–161, Ziffer 25 (Google Books).
  13. Gleißen, am Ankensee, Kreis Oststernberg, Neumark, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Gleißen (meyersgaz.org).
  14. Landkreis Oststernberg, in: Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900, bearbeitet von U. Schubert, 2022 (gemeindeverzeichnis.de).
  15. a b Michael Rademacher: Oststernberg. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  16. Jörg Lüderitz: Entdeckungen östlich der Oder. Unterwegs zwischen Frankfurt, Skwierzyna und Żary. Trescher Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-89794-082-5, S. 71. (Trescher-Reihe Reisen)