Grafenstein (Adelsgeschlecht)

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Wappen derer von Grafenstein

Grafenstein ist der Name eines bayerischen Adelsgeschlechts.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Geschlecht stammt ursprünglich aus der nördlichen Oberpfalz, wo es zahlreiche Besitzungen, insbesondere Hammergüter, hatte, und eine gewisse Bedeutung in der regionalen Eisen- und später Glasindustrie erlangte. Über drei Generationen hatten im 18. und 19. Jahrhundert Angehörige der Familie das Landrichteramt in Parkstein, Nabburg und Auerbach inne.[1][2][3] Die Familie geht auf den Parksteiner Landrichter und Gutsbesitzer Johann Georg Graf (1718–1802) zurück, der im Jahr 1758 von Kurfürst Maximilian III. Joseph nobilitiert wurde und die Erlaubnis erhielt, künftig den Namen „von Grafenstein“ zu tragen.[3][4] Der Familiensage nach war der Vater von Johann Georg Graf zu Wohlstand gelangt, weil er auf dem in Familienhand befindlichen Grafenbauernhof in Oberweißenbach bei Vilseck einen Schatz aus dem Dreißigjährigen Krieg gefunden hatte.[5]

Obersteinbach, Gruftkapelle derer von Grafenstein

Ausgehend von den Söhnen von Johann Georg II. von Grafenstein (1742–1823), Michael (1770–1821), Eduard (1776–1824) und Anton von Grafenstein (1780–1854), unterscheidet das Genealogische Handbuch des in Bayern immatrikulierten Adels drei bis heute fortlebende Linien der Adelsfamilie, wobei sich die 2. Linie in einen Gänlaser und Röthenbacher Ast aufteilt[6]. Röthenbach (Kohlberg) und Hammergänlas waren historisch die bedeutendsten Besitzungen der Familie. An weiteren ehemaligen Gütern sind insbesondere Altneuhaus, Bernstein, Hammerles, Krummennaab und Kürmreuth zu nennen.[2] Im fränkischen Obersteinbach bewirtschaftet der Gänlaser Familienzweig bis heute einen Gutshof.[7] Neben Land- und Forstwirtschaft und Hammerwerken betrieb die Familie auch Glasveredelungswerke, eine Spiegelglashütte und Brauereien, so die Schlossbrauereien Röthenbach und Hammergänlas, ferner von 1936 bis 1976 die Löwenbrauerei in Grafenwöhr.[8][9][10][11] Durch Heiratsallianzen Anfang des 20. Jahrhunderts verband sich der Röthenbacher Familienzweig eng mit der Oberpfälzer Industriellenfamilie Rasel, die heute noch die Schlossbrauerei Naabeck betreibt.[12][13] Enge heiratsmäßige Beziehungen bestanden auch zu den Freiherren von Hirschberg auf Unterwildenau, den Freiherren von Grießenbeck von Grießenbach und zur Familie Gareis.[14]

Das Hammerschloss Röthenbach war über 200 Jahre ein Sitz der Familie.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Johann Georg II. von Grafenstein (1742–1823), Hammergutsbesitzer, k.b. Regierungsrat zu Amberg, Landrichter zu Parkstein, war ein Gegenspieler des Oberpfälzer Räuberhauptmanns Franz Troglauer.[15][16] Als solcher tritt er auch als Figur in einem Theaterstück auf, das bei den Vilsecker Burgfestspielen gezeigt wurde.[17] Er verhängte das letzte Todesurteil des Landgerichts Parkstein.[18]
  • Heribert von Grafenstein, eigentlich Johann Baptist von Grafenstein (1747–1793), Professor für Rhetorik und Philosophie in Landshut und Ingolstadt, katholischer Aufklärungsphilosoph.[19][20][21]
  • Eduard von Grafenstein (1776–1824) war seit 1799 bayerischer Landrichter zu Parkstein, seit 1807 zu Nabburg, sowie Herr auf Gänlas und Röthenbach. An ihn erinnert ein eindrucksvolles gusseisernes Grabmal in Nabburg.[22][23][24][25]
  • Anton von Grafenstein (1780–1854), Oberpostmeister in Bamberg, Gründer des ältesten Denkmalschutzvereins Bayerns, des „Altenburgvereins“.
  • Adolf von Grafenstein (1829–1888), Herr auf Gänlas, liberaler Abgeordneter des bayerischen Landtags, Mitglied des Landrats der Oberpfalz und von Regensburg.[26][27][28]
  • Hermann von Grafenstein (1840–1902), Herr auf Röthenbach, Glasfabrikant und Gründer der Röthenbachhütte, die 1873 errichtet und 1928 stillgelegt wurde.[29]
  • Reinhold von Grafenstein (1949–1996), Verleger, Dramaturg, Schauspieler und Regisseur.[30]
  • Gustav von Schlör (1820–1883), der letzte bayerische Handelsminister, entstammte mütterlicherseits der Familie von Grafenstein.
  • Der Filmregisseur und Drehbuchautor Ben von Grafenstein (* 1975) entstammt ebenfalls mütterlicherseits der Familie von Grafenstein.[31]

Wappen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wappen derer von Grafenstein

Blasonierung: In Rot ein von zwei silbernen Lilien begleiteter goldener Schräglinksbalken, darin ein schwarzer Löwe mit einem silbernen Würfel- oder Quaderstein in den Pranken, auf dem gekrönten Helm der Löwe wachsend zwischen zwei von Gold und Rot geteilten Hörnern; die Decken rechts schwarz-golden, links rot-silbern.[3][32]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Johann Baptist Fröhlich: Das Landgericht Parkstein. In: Oberpfälzer Heimat. Band 16, 1972, S. 89.
  2. a b Eckehart Griesbach: Truppenübungsplatz "Grafenwöhr" - Geschichte einer Landschaft. Flierl, Amberg 1985, S. 201.
  3. a b c Josef Eimer: Johann Georg I. von Grafenstein - einem Vilsecker Epitaph ein Gesicht geben. In: Der Eisengau. Band 23, 2004, S. 89.
  4. Burkhard von Grafenstein: Die Spiegelglasindustrie in Röthenbach. In: Oberpfälzer Heimat. Band 51, 2007, S. 186.
  5. Der Schatz von Grafenbauernhof auf grafenstein.wordpress.com, abgerufen am 15. März 2024.
  6. Vereinigung des Adels in Bayern e.V. (Hrsg.): Genealogisches Handbuch des in Bayern immatrikulierten Adels. Band 34. Geiselberger, Altötting 2022, ISBN 978-3-87245-137-8, S. 538–555.
  7. https://www.onetz.de/grafenwoehr/vermischtes/familie-von-grafenstein-reise-in-die-vergangenheit-d1677209.html
  8. Burkhard von Grafenstein: Die Spiegelglasindustrie in Röthenbach. In: Oberpfälzer Heimat. Band 51, 2007, S. 183–204.
  9. http://www.klausehm.de/BuchstabeK/K0524.html
  10. http://www.klausehm.de/BuchstabeG/G0355.html
  11. https://museum-grafenwoehr.de/legendaer-die-loewenbrauerei-grafenwoehr/
  12. Burkhard von Grafenstein: Die Spiegelglasindustrie in Röthenbach. In: Oberpfälzer Heimat. Band 51, 2007, S. 193.
  13. https://www.naabecker.de/brauerei/historie
  14. Vereinigung des Adels in Bayern e.V. (Hrsg.): Genealogisches Handbuch des in Bayern immatrikulierten Adels. Band 34. Geiselberger, Altötting 2022, ISBN 978-3-87245-137-8, S. 540, 544 f., 547.
  15. Bernhard Weigl: Der Galgen ist mein Grab: Auf den Spuren der Räuberbande des Franz Troglauer durch Oberpfalz und Franken, Verlag Bodner, Pressath, 2005, S. 76 ff.
  16. Vereinigung des Adels in Bayern e.V. (Hrsg.): Genealogisches Handbuch des in Bayern immatrikulierten Adels. Band 34. Geiselberger, Altötting 2022, ISBN 978-3-87245-137-8, S. 538.
  17. https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/troglauer-premiere-bei-den-vilsecker-burgfestspielen-sogar-petrus-drueckt-ein-auge-zu
  18. Wolfgang Ernst: Parkstein – Krone im Land, Verlag Marktgemeinde Parkstein, S. 46.
  19. https://ixtheo.de/AuthorityRecord/372612083
  20. Anonymus: Kleines Ehrendenkmal für Heribert von Grafenstein - errichtet von einem seiner Verehrer, Verlag Attenkofer, 1793.
  21. Robert Biersack: Heribert von Grafenstein – Analyse der Bibliothek eines katholischen Aufklärungsphilosophen, Diplomarbeit Universität Regensburg, 1994.
  22. Johann Bapist Fröhlich: Das Landgericht Parkstein. In: Oberpfälzer Heimat. Band 16, 1972, S. 89.
  23. Josef Eimer: Johann Eduard von Grafenstein auf Gänlas und Röthenbach, k.b. Landrichter zu Naabburg, in: Heimat Nabburg, Jg. 21, 2001, S. 13–24
  24. https://www.onetz.de/deutschland-und-die-welt-r/archiv/unikat-auf-dem-stadtfriedhof-erinnert-an-landrichter-denkmal-der-liebe-und-des-schmerzes-d829650.html
  25. Josef Eimer: Landrichter Grafenstein soll in Parkstein bleiben, in: Die Oberpfalz, Jg. 106, 2018, S. 201–204
  26. https://www.bavariathek.bayern/medien-themen/portale/geschichte-des-bayerischen-parlaments/person/137940823.html
  27. https://www.gda.bayern.de/service/findmitteldatenbank/Archivalie/5f187a8c-c642-4356-be67-8f6a07a20e0f
  28. https://www.gda.bayern.de/service/findmitteldatenbank/Archivalie/9c8be360-94e3-4752-9b84-e32516548924
  29. Burkhard von Grafenstein: Die Spiegelglasindustrie in Röthenbach. In: Oberpfälzer Heimat. Band 51, 2007, S. 188–194, 202.
  30. https://www.mundart-verlag.de/mundart/autoren_detail.php?id=9
  31. Vereinigung des Adels in Bayern e.V. (Hrsg.): Genealogisches Handbuch des in Bayern immatrikulierten Adels. Band 34. Geiselberger, Altötting 2022, ISBN 978-3-87245-137-8, S. 778.
  32. Vereinigung des Adels in Bayern e.V. (Hrsg.): Genealogisches Handbuch des in Bayern immatrikulierten Adels. Band 34. Geiselberger, Altötting 2022, ISBN 978-3-87245-137-8, S. 538.