Hans Luckhardt

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Die expressionistische Fassade des 1922 von Franz Hoffmann, Hans und Wassili Luckhardt entworfenen Haus Buchthal in Berlin-Westend bestand nur bis zum Umbau des Gebäudes zu einem weißen Kubus im Stil der Neuen Sachlichkeit durch Ernst L. Freud[1][2]
Von Hans Luckhardt entworfener Stahlrohrliegestuhl Siesta Medicinal der Firma Gebrüder Thonet
Modell des geplanten Turmhauses Haus Berlin am Potsdamer Platz, 1930, nicht realisiert, von Hans Luckhardt, Wassili Luckhardt und Alfons Anker

Hans Luckhardt (* 16. Juni 1890 in Charlottenburg; † 8. Oktober 1954 in Bad Wiessee) war ein deutscher Architekt und Bruder von Wassili Luckhardt, mit dem er zeitlebens zusammenarbeitete.

Er studierte an der Technischen Hochschule Karlsruhe bei Hermann Billing und war Mitglied der Novembergruppe, des Arbeitsrats für Kunst und der Gläsernen Kette. Zusammen mit Anton Lorenz entwarf er in den 1920er- und 1930er-Jahren für die Firma Thonet auch Möbel, überwiegend Stahlrohr- und Bewegungsstühle. Beispiele sind hier der Freischwinger S 36 und der Thonet Siesta Medicinal.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1921 bis 1954 gemeinsames Architekturbüro mit seinem Bruder Wassili
  • 1924 bis 1934 gemeinsames Büro mit Alfons Anker
  • ab 1952 Professor an der Hochschule für Bildende Künste Berlin (heute Universität der Künste Berlin)

In den 1920er-Jahren gehörten die Brüder Luckhardt zu den aufstrebenden jungen Architekten in Berlin. Ursprünglich dem Expressionismus zugewandt, sind ihre Bauten typische Beispiele des Neuen Bauens mit Skeletten aus Stahl oder Stahlbeton.

In der Zeit des Nationalsozialismus versuchten die Brüder Luckhardt anfänglich, sich mit den neuen Machthabern zu arrangieren und traten zum 1. Mai 1933 der NSDAP bei. Es stellte sich aber schnell heraus, dass die offizielle Staatslinie nach einer anderen Architektursprache verlangte. Sie erhielten Berufsverbot und konnten in dieser Zeit nur drei Einfamilienhäuser bauen, die sich im Äußeren der vorgegebenen Erscheinung unterordnen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten sie an die Vorkriegszeit anzuknüpfen. Ganz zum Schluss versuchten sich die Brüder Luckhardt noch als Denkmalpfleger in eigener Sache. Anstatt ein eigenes Grabmal zu entwerfen, kauften sie ein Grab von 1905, das vielleicht sonst abgerissen worden wäre.

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bauten (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wohnhaus Am Rupenhorn 25, 1929–30 von Hans Luckhardt, Wassili Luckhardt und Alfons Anker
Übernommene Grabstätte Schischin (1905), Luisenstädtischer Friedhof
  • Haus Buchthal, Berlin-Westend (1922/23) 1928 umgebaut von Ernst Freud[3][Anm 1]
  • Reihenhäuser an der Schorlemerallee (Versuchssiedlung), Berlin-Dahlem (1925–30, teilweise verändert)[4][5][6]
  • Geschäftshaus Tauentzienstraße, Stadtküche Kraft, Berlin (1925, im Krieg zerstört)
  • Haus Scharlachberg, Kurfürstendamm 211, (Umbau 1926)
  • Chrysler-Haus, Kurfürstendamm 40/41, Berlin-Charlottenburg (1927, 1961 abgerissen)
  • Geschäftshaus Hirsch, Berlin (1926–27)
  • Telschow-Haus, Berlin-Tiergarten (1928–29, im Krieg zerstört)
  • Landhaus Kluge (Luckhardt-Villa), Berlin-Charlottenburg (1929)
  • Wohnhäuser Am Rupenhorn,[7] Berlin (1919–32)[8][9]
  • Landhaus Bibersteig, Berlin-Schmargendorf (1939)[10]
  • Berliner Pavillon auf der Constructa 1951, Hannover (1951, zerstört)

Projekte (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gedenktafel, Schorlemerallee 19, in Berlin-Dahlem
  • Wettbewerb Deutsches Hygiene-Museum Dresden (1920)
  • Wettbewerb Hochhaus am Bahnhof Friedrichstraße, Berlin (1922)
  • Wettbewerb Neugestaltung des Alexanderplatz, Berlin (1929)
  • Turmhausprojekt Haus Berlin auf der Josty-Ecke am Potsdamer Platz, Berlin (1930)
  • Medizinische Hochschule Preßburg (1933)
  • Siesta Medizinal für Thonet (1936)
  • Wettbewerb „Rund um den Zoo“, Berlin (1948)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Marita Gleiss u. a. (Red.): Brüder Luckhardt und Alfons Anker. Berliner Architekten der Moderne, Schriftenreihe der Akademie der Künste 21, Berlin 1990, ISBN 3-88331-965-1.
  • Günther Kühne: Luckhardt, Johannes. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 15, Duncker & Humblot, Berlin 1987, ISBN 3-428-00196-6, S. 280–282 (Digitalisat).
  • Udo Kultermann: Wassili und Hans Luckhardt. Bauten und Entwürfe, Wasmuth, Tübingen 1958.
  • Dagmar Nowitzki: Hans und Wassili Luckhardt: Das architektonische Werk, München 1992, ISBN 3-89235-042-6.
  • Gisela Moeller: Die Brüder Hans und Wassili Luckhardt in Berlin Dahlem. Universitätsbibliothek, Freie Universität Berlin, Berlin 2021. Ausstellungsführer der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin; Nr. 62. ISBN 978-3-96110-364-5.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hans Luckhardt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Das Haus wurde 1922–1923 für den Kaufmann und Kunstsammler Eugen Buchthal und seine Frau Thea von Hans und Wassili Luckhardt und Franz Hoffmann im expressionistischen Stil errichtet und bereits 1928 von Ernst L. Freud im Stil der neuen Sachlichkeit umgebaut. Nach der „Machtübernahme“ der Nationalsozialisten musste die Familie Buchthal das Haus und ihre Kunstsammlung verkaufen und emigrierte 1938 nach England. Ein weiterer Umbau erfolgte 1956 durch den Architekten Werner Seyffert. Von 1958 bis 2013 bewohnte Dietrich Fischer-Dieskau das Haus mit seiner Familie. 2015 bis 2016 erfolgte ein weiterer Umbau durch die Architektin Ursula Seeba-Hannan, bei dem die Vergangenheit des Hauses entdeckt wird. In Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz wurde das Haus unter Einbeziehung der durchlaufenen Bauepochen behutsam saniert. Der Umbau wurde 2016 im Architekturforum Aedes durch eine Ausstellung gewürdigt.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nikolas Bernau: Die unerkannte Moderne - Wie in Berlin eine expressionistische Villa wiederentdeckt wurde (PDF-Datei), Die Zeit, 1. Dezember 2016. In: lenzwerk.com
  2. Expressionismus und Neue Sachlichkeit - Die Entdeckung und Sanierung von Haus Buchthal in Berlin, Ausstellung 23. November - 6. Dezember 2016, Aedes Architekturforum. In: aedes-arc.de
  3. Eintrag 09096320 in der Berliner Landesdenkmalliste
  4. Eintrag 09075423 in der Berliner Landesdenkmalliste
  5. Eintrag 09075424 in der Berliner Landesdenkmalliste
  6. Eintrag 09075425 in der Berliner Landesdenkmalliste
  7. Infoseite des Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Memento des Originals vom 28. August 2006 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stadtentwicklung.berlin.de
  8. Eintrag 09096081 in der Berliner Landesdenkmalliste
  9. Eintrag 09096082 in der Berliner Landesdenkmalliste
  10. Eintrag 09070271 in der Berliner Landesdenkmalliste