Heinrich Friedrich von Diez

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Heinrich Friedrich von Diez

Heinrich Friedrich Diez, ab 1786 von Diez (* 2. September 1751 in Bernburg (Saale); † 7. April 1817 in Berlin) war ein preußischer Gesandter, Orientalist, Bibliophiler und Privatgelehrter der Goethezeit.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diez war der Sohn des Bernburger Textilkaufmanns Christian Friedrich Diez und der Magdeburgerin Maria Elisabeth Zollicoffer. Lediglich die ersten Monate seines Lebens verbrachte er in seiner Geburtsstadt, bevor die Familie aus Anhalt ins preußische Magdeburg übersiedelte. Im Anschluss an die Magdeburger Schulzeit bezog er 1769 die juristische Fakultät der Universität Halle und trat nach Studienabschluss als Referendar in den preußischen Justizdienst in Magdeburg ein, wo er schon bald zum Kanzleidirektor avancierte.

Des juristischen Beamtendaseins schon nach einigen Jahren wieder überdrüssig, bewarb er sich 1784 mit unerwartetem Erfolg persönlich bei Friedrich dem Großen um die soeben ausgeschriebene Stelle des preußischen Geschäftsträgers in Konstantinopel. Bereits nach zweijähriger erfolgreicher Tätigkeit im diplomatischen Dienst wurde er 1786 in den Adelsstand erhoben. Der Russisch-Türkische Krieg führte 1791 zu seiner Abberufung mit dem Titel eines Geheimen Legationsrats, dennoch übersetzte er 1791 bei den Verhandlungen mit dem osmanischen Sondergesandten Ahmed Asmi Efendi in Berlin. Im gleichen Jahr zum Prälaten des Domstiftes in Kolberg ernannt, lebte er dort bis zum Beginn der Belagerung Kolbergs 1807. Danach führte er sein Leben als Privatgelehrter, Freidenker und Büchersammler in seiner Villa am Ufer der Spree in Stralau bei Berlin fort. Vor allem durch seine orientalistischen Studien erregte er die Aufmerksamkeit der damaligen gelehrten Welt, und Persönlichkeiten wie Goethe und Gleim gehörten bald zu seinem großen Bekanntenkreis.

Seit 1814 war er Ehrenmitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften[1] und seit 1816 auswärtiges Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften.[2]

Bei seinem Tode 1817 hinterließ er ein bedeutendes Vermögen sowie eine kostbare Bibliothek von über 17.000 Bänden, die er der Preußischen Staatsbibliothek vermachte.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Betrachtungen über der [!] sittlichen Natur des Menschen, Halle 1773
  • Philosophische Abhandlung von einigen Ursachen des Verfalls der Religion, o. O. [Lemgo] 1773
  • Der Stand der Natur, Lemgo 1775
  • Apologie der Duldung und Preßfreiheit, o. O. (Dessau) 1781
  • Archiv Magdeburgischer Rechte, Magdeburg 1781
  • Benedikt von Spinoza nach Leben und Lehren, Dessau 1783
  • Über deutsche Sprach- und Schreibart, Dessau 1783
  • Über das königliche Buch (Fabeln des Bidpai), Berlin 1811
  • [Übs. Ghābus nāmeh] Buch des Kabus, Berlin 1811. Auch: hrsg. Turgut Vogt. Spur, Zürich 1999
  • Denkwürdigkeiten von Asien in Künsten und Wissenschaften. 2 Bde. Berlin 1811–15
  • [Übs.] Rasmi Achmes Efendis Geschichte des Krieges zwischen den Osmanen und Russen 1768-1774, Berlin 1813.

Literatur (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Franz Babinger: Ein orientalistischer Berater Goethes: Heinrich Friedrich von Diez. In: Goethe-Jahrbuch 34, 1913, ISSN 0323-4207. S. 83–100.
  • Curt Balcke: Heinrich Friedrich von Diez und sein Vermächtnis in der Preußischen Staatsbibliothek. In: Gustav Abb (Hrsg.): Von Büchern und Bibliotheken. Dem ersten Direktor der Preußischen Staatsbibliothek Geheimen Regierungsrat Dr. phil. Ernst Kuhnert als Abschiedsgabe dargebracht von seinen Freunden und Mitarbeitern. Struppe & Winckler, Berlin 1928.
  • Katharina Mommsen: Goethe und Diez. Quellenuntersuchungen zu Gedichten der Divan-Epoche. 2. ergänzte Auflage. Lang, Bern u. a. 1995, ISBN 3-906755-17-7 (Germanic studies in America 67).
  • Arne Klawitter: Freigeisterei unter dem Schutzmantel der Anonymität. Ein Beitrag zur Biographie des preußischen Gesandten Heinrich Friedrich von Diez. In: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 2017, ISBN 978-3-8353-3105-1, S. 7–45
  • Arne Klawitter: "aber andern will und muss er unbekannt bleiben." Über das Programm der Philosophischen Abhandlung von einigen Ursachen des Verfalls der Religion (1773) und ihren bislang unbekannten Verfasser. In: Das 18. Jahrhundert 43/1, 2019, ISBN 978-3-8353-3396-3, S. 11–27.
  • Christoph Rauch / Gideon Stiening (Hg.): Heinrich Friedrich von Diez (1751–1817). Freidenker – Diplomat – Orientkenner, Berlin: De Gruyter [2020] (Werkprofile; 12), ISBN 978-3-11-064583-5.
  • Johann Albrecht Freiherr von Reiswitz: Diez, Friedrich von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 712 f. (Digitalisat).
  • Bernd G. Ulbrich: Das Lebenswerk des Heinrich Friedrich von Diez. In: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde 11, 2002, ISSN 1430-3647, S. 117–139
  • Ursula Winter: Die europäischen Handschriften der Bibliothek Diez. 3 Bände. Harrassowitz, Wiesbaden 1986–1994, ISBN 3-447-03471-8 (Bd. 1/2), ISBN 3-447-03430-0 (Bd. 3), (Die Handschriften-Verzeichnisse der Deutschen Staatsbibliothek zu Berlin NF 1, 1–3).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mitglieder der Vorgängerakademien. Heinrich Friedrich von Diez. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 14. März 2015.
  2. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 68.