Heinrich Otto Kalk

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Heinrich Otto, kurz Heinz Kalk (* 1. Juli 1895 in Frankfurt am Main; † 4. Februar 1973 in Kassel) war ein deutscher Internist, Hepatologe und Hochschullehrer.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kalk wurde nach dem Abitur im Ersten Weltkrieg Offizier bei der Artillerie.[2] Er studierte Medizin an der Philipps-Universität Marburg, der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und legte 1921 sein Staatsexamen ab.[3] In Marburg wurde er 1914 Mitglied der Burschenschaft Alemannia, in Freiburg trat er 1918 der Burschenschaft Franconia bei.[4] 1921 promovierte er und war zunächst Assistenzarzt an der Frankfurter Chirurgischen und Medizinischen Klinik.[2] 1927/28 ging er an die II. Medizinischen Universitätsklinik der Charité, wo er Oberarzt wurde und bis 1934 blieb.[1] 1928 habilitierte er und lehrte als Privatdozent an der Berliner Universität, der heutigen Humboldt-Universität.[1] 1933 wurde Kalk dort Professor für Innere Medizin, 1934 Direktor der II. Inneren Abteilung im damaligen Horst-Wessel-Krankenhaus, dem heutigen Krankenhaus im Friedrichshain.[1] Bahnbrechend war das von ihm entwickelte und dort 1936 vorgestellte Verfahren der Bauchspiegelung, mit der Internisten erstmals die Möglichkeit erhielten, den Bauchraum diagnostisch direkt sichtbar zu machen.[1]

Am 14. Dezember 1937 beantragte Kalk die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 5.585.229).[5] Er gehörte auch dem NS-Ärztebund an.[6] Als begeisterter Privatpilot[7] wurde er Mitglied des NS-Fliegerkorps und erreichte dort den Rang eines Oberführers.[6]

Im Zweiten Weltkrieg diente Kalk als Oberstarzt und beratender Internist bei der Luftwaffe.[6] Auf dienstlichen Flugreisen saß er dabei oft selbst am Steuerknüppel,[2] so flog er beispielsweise persönlich die letzte Sanitätsmaschine aus dem Kessel von Stalingrad heraus.[7] Kalk behandelte als Arzt auch Generalfeldmarschall Erhard Milch.[6] Eugen Haagen gab in einer Aussage vom 26. Januar 1965 an, dass er mit Heinz Kalk, Ludwig Zukschwerdt und Franz Büchner während der Kriegszeit im Rahmen der Hepatitisforschung zusammengearbeitet hat.[8]

Nach Kriegsende war er von 1946 bis 1947 Leitender Arzt im Städtischen Krankenhaus in Berlin-Hohengatow, von 1948 bis 1949 der Zentralkliniken in Göppingen und von 1949 bis 1963 des Stadtkrankenhauses Möncheberg in Kassel.[1] An der Universität Göttingen war Kalk ab 1955 als Honorarprofessor tätig.[6] Nach seiner Pensionierung als Arzt im öffentlichen Dienst gründete er 1963 in Bad Kissingen eine private hepatologische Fachklinik, deren Leitung er bis 1971 innehatte.[1] Kalks wissenschaftliche Reputation gründete auf zahlreichen Arbeiten über Magen-, Darm-, Leber-, Gallenblase- und Bauchspeicheldrüsenerkrankungen.[1] Rudolf Caracciola und Pius XII., der Kalk aus seiner Zeit als Nuntius in Berlin kannte, ließen sich bei Kalk behandeln, wobei der Papst den Protestanten Kalk inkognito konsultierte.[7] 1952 rief ihn die argentinische Regierung ans Krankenbett der Präsidentengattin Evita Peron, er konnte der Todkranken aber wie seine gleichfalls zugezogenen Kollegen Hans Hinselmann und Paul Uhlenbruck nicht mehr helfen.[7] Zu seinen Schülern zählte u. a. Valentin Argirov.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zahlreiche in- und ausländischen medizinische Gesellschaften machten Kalk zum Ehrenmitglied.[1] 1960 wurde ihm das Große Bundesverdienstkreuz verliehen.[1] Die Ernst-von-Bergmann-Plakette für Verdienste um die ärztliche Fortbildung erhielt er 1963,[2] den Wappenring der Stadt Kassel 1970.[2] Sein nach ihm benanntes Heinz-Kalk-Krankenhaus in Bad Kissingen wurde später von der Rhön-Klinikum AG übernommen und 2009 abgerissen.[9]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Egmont Wildhirt: Kalk, Heinrich-Otto. In: Neue Deutsche Biographie. 11. 1977, S. 60 f.
  • Klaus Becker: Prof. Dr. Heinrich Otto Kalk – Mann, der Evita nicht retten konnte. In: Jerome, Nr. 1/2011, S. 30; jerome-kassel.de (PDF; 12 MB).
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.
  • Francisco Vilardell: Digestive endoscopy in the Second Millenium: From the Lichtleiter to Echoendoscopy. Madrid 2006, ISBN 3-13-139671-7.
  • Egmont Wildhirt: Heinrich-Otto Kalk. 1895–1973; Lebensbild eines Gastroenterologen und Hepatologen; veröffentlicht aus Anlaß des 100. Geburtstages am 1. Juli 1995. Falk Foundation, Freiburg i. Br. 1995, ISBN 3-929713-30-6.
  • Grzegorz S. Litynski: Laparoscopy Between the World Wars: The Barriers to Trans-Atlantic Exchange. Spotlighting Heinz Kalk and John C. Ruddock. In: JSLS, 1997 Apr-Jun; 1(2), S. 185–188; PMC 3021276 (freier Volltext).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i j Kathrin Chod: Kalk, Heinrich Otto. In: Hans-Jürgen Mende, Kurt Wernicke (Hrsg.): Berliner Bezirkslexikon, Friedrichshain-Kreuzberg. Luisenstädtischer Bildungsverein. Haude und Spener / Edition Luisenstadt, Berlin 2002, ISBN 3-89542-122-7 (luise-berlin.de – Stand 7. Oktober 2009).
  2. a b c d e Egmont Wildhirt: Kalk, Heinrich-Otto. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 60 f. (Digitalisat).
  3. Heinz Kalk im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  4. Willy Nolte: Burschenschafter-Stammrolle. Berlin 1934, S. 232.
  5. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/19061104
  6. a b c d e Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt am Main 2007, S. 296.
  7. a b c d Klaus Becker: Prof. Dr. Heinrich Otto Kalk – Mann, der Evita nicht retten konnte. (PDF; 12,4 MB) Jerome Nr. 1/2011, S. 30
  8. Ernst Klee: Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer. Frankfurt am Main 1997, S. 370 f.
  9. Siegfried Farkas: Kalk-Klinik: Abriss hat begonnen. In: Mainpost, 21. Februar 2009.