Heinz Otto Burger

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Heinz Otto Burger (auch: Heinz-Otto Burger, geb. 25. August 1903 in Stuttgart, gest. 29. Dezember 1994 in Heidenheim an der Brenz) war ein deutscher Germanist und Hochschullehrer. In der Zeit des Nationalsozialismus war er Mitglied der SA und er NSDAP und öffentlicher Verfechter der nationalsozialistischen Rassenlehre in der Germanistik. Seine akademische Karriere setzte er in Bundesrepublik fort.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heinz Otto Burger war Sohn des Oberbaurats Max Burger und seiner Frau Eugenie Burger geb. Lilienfein. Nach dem Abitur 1921 studierte er an der Eberhard Karls Universität Tübingen, in München und Berlin Deutsch, Geschichte und Englisch.[1]

Burger war Mitglied der nichtschlagenden Akademischen Verbindung Igel Tübingen.[2] 1928 wurde er bei dem Germanisten Hermann Schneider in Tübingen mit der Arbeit Schwäbische Romantik. Studie zur Charakteristik des Uhlandkreises promoviert.

Von Frühjahr bis Herbst 1929 hielt Burger sich, unterstützt durch ein Stipendium der „Gesellschaft der Freunde der Universität Tübingen“, in Berlin auf, „um Vorarbeiten zu einer Moscherosch-Ausgabe zu machen.“[3] Gemeint war womöglich der Staatsmann, Schriftsteller, Satiriker und Pädagoge Johann Michael Moscherosch (1601–1669). Von 1929 bis 1931 war Burger als Lektor für deutsche Sprache an der Universität Bologna tätig.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 trat Burger der SA bei. 1934 veröffentlichte er Die rassischen Kräfte im deutschen Schrifttum. Ab dem Sommersemester 1935 führte ihn das Personal- und Vorlesungsverzeichnis der Universität Tübingen als Assistenten am dortigen Deutschen Seminar. An der Lehre beteiligte er sich ab dem Wintersemester 1935/36. Im Wintersemester 1936/37 bot er unter anderem ein Seminar mit dem Thema Versuch einer rassekundlichen Betrachtung der deutschen Dichtung an. 1935 wurde Burger zum Privatdozenten für Deutsche Philologie ernannt. Seit 1936 war er zugleich Lehrer an der Reichs-Sanitätsschule der SA in Tübingen. 1937 wurde er – zunächst kommissarisch – als Nachfolger Heinz Kindermanns an die Technische Hochschule Danzig berufen, wo er 1939 zum planmäßigen außerordentlichen Professor ernannt wurde. Am 21. November 1938 hatte er die Aufnahme in die NSDAP beantragt und wurde zum 1. Dezember 1939 aufgenommen (Mitgliedsnummer 7.277.534).[4] Auch in Danzig hielt Burger Vorlesungen unter anderem über Themen wie Deutsche Literaturgeschichte unter rassekundlichem Gesichtspunkt oder Lebensideale in der deutschen Dichtung der Gegenwart.[5] Er schrieb vom „germanischen Jüngling“, der sich „jauchzend in die Schwerter der Feinde“ stürzte, „weil er, da er im freien Überschwang sich dem Tode gab, das höchste Gefühl des Lebens hatte, das Herrsein selbst noch über den Tod“.[6]

Vom 5. bis zum 7. Juli 1940 fand in Weimar die Germanistentagung Kriegseinsatz der Germanistik unter Beteiligung vieler prominenter Germanisten statt. Im Anschluss daran erschien 1941 das fünfbändige Werk Von deutscher Art in Sprache und Dichtung, an der auch Paul Böckmann, Gerhard Fricke, Paul Kluckhohn, Franz Koch, Fritz Martini, Julius Petersen, Robert Petsch und Benno von Wiese.[7]

Im Jahr 1942 fiel Heinz Otto Burgers jüngerer Bruder, der im Jahr 1905 geborene Pfarrer Ewald Burger, der Divisionspfarrer bei der 113. Infanterie-Division der 6. Armee gewesen war.[8]

Burger wurde 1942[9] oder 1943[10] zum Kriegsdienst in der Wehrmacht eingezogen. Im März 1944 durch das Oberkommando des Heeres vorübergehend vom Militärdienst beurlaubt, um ihm die Teilnahme an einer geplanten Neuausgabe von Friedrich Schillers Werken zu ermöglichen.[11]

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs schrieb Burger im Juni 1945 aus einem unter französischer Aufsicht stehenden Gefangenenlager in Frankreich eine Nachricht an den Dekan der Philosophischen Fakultät in Erlangen.[12] Ab dem Sommersemester 1948 lehrte Burger als planmäßiger außerordentlicher Professor in Erlangen, seit dem Wintersemester 1948/49 als ordentlicher Professor. 1955 wurde er dort Dekan und 1959 Rektor.[13] An der Universität war seit dem 1. Juni 1947 Hans Ernst Schneider unter dem falschen Namen Hans Schwerte wissenschaftliche Hilfskraft. 1949 wurde er Burgers wissenschaftlicher Assistent.[14]

Im Jahr 1961[15] oder 1962[16] wurde Burger an die Universität Frankfurt berufen. Ende Juli 1963 wählte ihn das dortige Universitätskonzil für das Amtsjahr 1963/64 zum Rektor. Nachdem der Historiker Dick Trexler an Äußerungen Burgers aus der Zeit des Nationalsozialismus erinnert hatte, verlor er die Unterstützung des Senats der Universität. Burger bat den hessischen Kultusminister, ihn von seinem Rektoratsamt zu entbinden.[17]

Heinz Otto Burger wirkte ab 1961 an einem geplanten Goethe-Handbuch mit, das von dem Königsberger Germanisten Alfred Zastrau im Metzler-Verlag herausgegeben werden sollte, dessen Produktion jedoch schon beim Buchstaben F beendet werden musste, weil die vom Metzler-Verlag für das Buchprojekt bereitgestellten Finanzmittel erschöpft waren.[18] Burger war auch weiterhin publizistisch tätig; so veröffentlichte er 1963 etwa Studien zur deutschen Literaturgeschichte (Dasein heißt eine Rolle spielen) und 1968 zur Trivialliteratur und gab 1975 eine kritische Ausgabe sämtlicher Werke von Hugo von Hofmannsthal heraus.

Von 1972 bis 1977 war Heinz Otto Burger unter den Hauptherausgebern der Germanisch-Romanischen Monatsschrift.

Burger war verheiratet mit der verwitweten Frau seines 1942 gefallenen Bruders Ewald Burger, also seiner vormaligen Schwägerin Ruth Burger, verwitwete Burger, geborene Mayer-List (1911–1991), und wurde durch diese Heirat Stiefvater seines Neffen, des Theologen und Bibliothekars Christoph Burger.

Heinz Otto Burger starb am 29. Dezember 1994 im Alter von 91 Jahren in Heidenheim an der Brenz.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • „Schwäbische Romantik. Studie zur Charakteristik des Uhlandkreises“, Promotionsschrift, W. Kohlhammer, Stuttgart, 1928
  • „Schwabentum in der Geistesgeschichte. Versuch über die weltanschauliche Einheit einer Stammesliteratur“, Cotta, Stuttgart, 1933
  • „Die rassischen Kräfte im deutschen Schrifttum“, 1934
  • „Die Kunstauffassung der frühen Meistersinger“, Junker und Dünnhaupt, Berlin, 1936
  • „Von Wesen und Ursprung der neueren deutschen Lyrik“, Kohlhammer, Stuttgart, 1936
  • „Von deutscher Art in Sprache und Dichtung“ (fünf Bände, Stuttgart 1941) – als Co-Autor. Darin in Band 5, S. 305 bis 340, von Burger: „Die deutsche Sendung im Bekenntnis der Dichter“,
  • „Gedicht und Gedanke“, Auslesungen deutscher Gedichte, Niemeyer, Halle, 1942 – als Herausgeber
  • „Abendländisches Bildungsideal“, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, 1948
  • „Die Gedankenwelt der großen Schwaben. Von der Klosterkultur am Bodensee bis Hegel“, Wunderlich, Tübingen und Stuttgart, 1951, und Steinkopf, Stuttgart 1978
  • „Annalen der deutschen Literatur. Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart“. Eine Gemeinschaftsarbeit zahlreicher Fachgelehrter, J.B. Metzler, Stuttgart, 1952 – als Herausgeber und Co-Autor
  • „Der Realismus des 19. Jahrhunderts. 1832–1889“, in: Annalen der deutschen Literatur, Stuttgart, 1952.
  • „Die Geschichte der unvergnügten Seele. Ein Entwurf“, Universitätsbund, Erlangen, 1961
  • „Evokation und Montage : drei Beiträge zum Verständnis moderner deutscher Lyrik“, Sachse und Pohl, Göttingen, 1961, 2. Aufl. Göttingen, 1967
  • Goethe-Handbuch, Metzler, ab 1961 (abgebrochen) – als Co-Autor.
  • „Dasein heißt eine Rolle spielen“ Studien zur deutschen Literaturgeschichte, Hanser, München, 1963
  • „Geistliche Sonette, Lieder und Gedichte. Catharina Regina von Greiffenberg“, Darmstadt 1967 – als Herausgeber
  • Festschrift Gottfried Weber : zu seinem 70. Geburtstag überreicht von Frankfurter Kollegen und Schülern, Gehlen, Bad Homburg v. d. H., 1967 – als Co-Autor
  • „Literatur und Geistesgeschichte“, E. Schmidt, Berlin, 1968
  • „Renaissance, Humanismus, Reformation. Deutsche Literatur im europäischen Kontext“, Gehlen, Bad Homburg v. d. H., 1969
  • „Studien zur Trivialliteratur“, Klostermann, Frankfurt am Main, 1968; 2. Auflage Klostermann, Frankfurt am Main, 1976
  • „Begriffsbestimmung der Klassik und des Klassischen“, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 1972 – als Herausgeber
  • Hugo von Hofmannsthal, Sämtliche Werke, Kritische Ausgabe, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 1975 – als Herausgeber
  • Frankfurter Beiträge zur Germanistik, Gehlen, Bad Homburg v. d. H.

Literatur und Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ludwig Jäger, „Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die Diskretion der Germanistik“, Wilhelm Fink-Verlag, München, 1998, S. 274, ISBN 3-7705-3287-2, https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00041072
  2. Archivportal D; Universitätsarchiv Tübingen, UAT 258/2516, „Burger, Heinz [Otto] * 25.8.1903“, https://www.archivportal-d.de/item/RVNKX6BSJJX645NROCXQZSECDUOSVEZG
  3. Ludwig Jäger, „Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die Diskretion der Germanistik“, Wilhelm Fink-Verlag, München, 1998, S. 38/39, ISBN 3-7705-3287-2, https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00041072
  4. Bundesarchiv R 9361-VIII KARTEI/4740505
  5. Ludwig Jäger, „Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die Diskretion der Germanistik“, Wilhelm Fink-Verlag, München, 1998, S. 275, https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00041072
  6. „Rektorwahl. Beinahe harmlos“, in: Der Spiegel Nr. 48/1963, 26. November 1963, https://www.spiegel.de/politik/beinahe-harmlos-a-2f87341d-0002-0001-0000-000046172889
  7. Ludwig Jäger, „Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die Diskretion der Germanistik“, Wilhelm Fink-Verlag, München, 1998, S. 130/ S. 131, Fußnote 243, https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00041072
  8. Dagmar Pöpping, „Dokumentation: Christliche Sinnstiftung im Vernichtungskrieg. Wie deutsche Kriegspfarrer 1941 den Angriff auf die Sowjetunion erlebten und deuteten“, Uni München, 2021, S. 184, Fußnote 76, https://doi.org/10.5282/mkiz/15_117 99BArch, RH 26/113
  9. Bernhard Metz, „Bei deinen Feiertagen Germania, wo du Priesterin bist“ – Germanistische Literaturwissenschaft in der Zeit des Nationalsozialismus, Uni Konstanz, 2003, S. 72, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-opus-9765
  10. Ludwig Jäger, „Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die Diskretion der Germanistik“, Wilhelm Fink-Verlag, München, 1998, S. 276, https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00041072
  11. Ludwig Jäger, „Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die Diskretion der Germanistik“, Wilhelm Fink-Verlag, München, 1998, S. 337, Fußnote 338, https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00041072
  12. Ludwig Jäger, „Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die Diskretion der Germanistik“, Wilhelm Fink-Verlag, München, 1998, S. 276, https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00041072
  13. Ludwig Jäger, „Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die Diskretion der Germanistik“, Wilhelm Fink-Verlag, München, 1998, S. 14, https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00041072
  14. Ludwig Jäger, „Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die Diskretion der Germanistik“, Wilhelm Fink-Verlag, München, 1998, S. 265, https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00041072
  15. so: Ludwig Jäger, „Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die Diskretion der Germanistik“, Wilhelm Fink-Verlag, München, 1998, S. 48, Fußnote 94, und S. 75, Fußnote 244, https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00041072
  16. so: „Rektorwahl: Beinahe harmlos“, aus: Der Spiegel Nr. 48/1963, 26. November 1963, https://www.spiegel.de/politik/beinahe-harmlos-a-2f87341d-0002-0001-0000-000046172889
  17. Rektorwahl. Beinahe harmlos. Der Spiegel Nr. 48/1963 vom 26. November 1963
  18. Ludwig Jäger, „Seitenwechsel. Der Fall Schneider/Schwerte und die Diskretion der Germanistik“, Wilhelm Fink-Verlag, München, 1998, S. 278, https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00041072