Hertha und Simon Parnass

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Hertha Parnass (geb. Emanuel, geb. am 29. Juni 1906 in Hamburg; gest. 1942 in Treblinka) und Simon Parnass (geb. am 5. Dezember 1879 in Tarnopol; gest. 1942 in Treblinka), die Eltern der Hamburger Publizistin Peggy Parnass, wurden in der NS-Zeit wegen ihrer jüdischen Herkunft ermordet. In Hamburg wurde 2023 ein öffentlicher Platz nach ihnen benannt.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hertha Emanuel wurde 1906 in Hamburg-Eimsbüttel als dritte Tochter der jüdischen Familie Franziska und Iwan Emanuel geboren. Sie heiratete Simon Pudl Parnass, der am 5. Dezember 1879 im galizischen Tarnopol als Sohn von Sophie und Meir Parnass zur Welt kam. Er war Pole bzw. staatenlos; seine Geburtsstadt Tarnopol gehört heute zur Ukraine.[2]

Anfang des 20. Jahrhunderts lebte und arbeitete Simon Parnass in Hamburg als Auktionator. Im Ersten Weltkrieg erlitt er als Soldat im Schützengraben eine Lungenquetschung, zu der später eine Lungentuberkulose hinzukam, und galt seitdem als kriegsversehrt. Seine Tochter Peggy erinnerte sich später an seine Kriegsauszeichnungen, metallene Medaillen, die in einer Schachtel aufbewahrt wurden.[2]

Die Familie lebte zunächst im Hamburger Schanzenviertel in der Bartelsstraße 94, bevor sie Ende 1935 in eine Parterrewohnung in der Methfesselstraße 13 zog.[1]

Verfolgung und Ermordung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stolperstein für Simon Parnass
Stolperstein für Simon Parnass, Müggenkampstr. 32 in Hamburg-Eimsbüttel

Als die Nazis an die Macht kamen, erkannte das Ehepaar Parnass die antisemitische Gefahr und wollte Deutschland verlassen. Ihre Auswanderungsversuche scheiterten an der chronischen Lungenerkrankung des Vaters und fehlenden finanziellen Mitteln, denn wegen seiner jüdischen Herkunft war es Simon Parnass verboten, seinen Beruf als Auktionar weiter auszuüben. Er war gezwungen, im Hafen zu arbeiten.[3] Zuletzt lebte die Familie von der Wohlfahrtsunterstützung durch die Jüdische Gemeinde.[1]

Ihre Tochter Peggy erinnert sich: „Alles, alles was wir machten war verboten. Meine süße kleine Mutti, die hat Vieles gemacht, weil sie wollte, dass wir auch Spaß haben. Dabei wusste sie, dass es schlimme Folgen haben würde, wenn wir erwischt worden wären. Wir durften gar nichts: nicht ins Kino, nicht in Schwimmbäder, nicht ins Theater. Wir durften nicht auf einer Parkbank sitzen; das war für Juden und Hunde verboten. Wir durften überhaupt nichts.“[4]

Stolperstein für Hertha Parnass
Stolperstein für Hertha Parnass, Müggenkampstr. 32 in Hamburg-Eimsbüttel

Im Zuge der sogenannten Polenaktion wurde Simon Parnass am 28. Oktober 1938 von seiner Familie getrennt und nach Zbąszyń in Polen abgeschoben.[5][6] Es gelang ihm jedoch, nach Hamburg zurückzukehren, um seine Frau nachzuholen und mit ihr gemeinsam nach Polen auszureisen.

Zuvor schickte das Ehepaar seine beiden Kinder Peggy und Gerd Hans Ludwig (Gady) 1939 mit einem Kindertransport nach Schweden, um sie vor der antisemitischen Verfolgung in Nazideutschland in Sicherheit zu bringen. In Schweden wurden die Geschwister auseinandergerissen. Peggy wechselte zwölfmal die Unterbringungsfamilien und Einrichtungen, ihr Bruder Gady lebte in vier verschiedenen Familien und fünf Jahre lang in einem schwedischen Waisenhaus. Von Schweden aus reisten die Geschwister später über Schottland nach London zu einem Onkel, dem einzigen Überlebenden der zwölf Geschwister von Simon Parnass.[2][4]

Das Ehepaar Parnass lebte zunächst in Krakau, später im Warschauer Ghetto. Von dort aus verschleppten die Nazis Hertha und Simon Parnass ins Vernichtungslager Treblinka, wo sie beide im Jahr 1942 ermordet wurden.[1]

Gedenken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Die Liebenden“ – Gedenkstein von Peggy Parnass für ihre Eltern
„Die Liebenden“ – Gedenkstein von Peggy Parnass für ihre Eltern

Vor ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Hamburger Methfesselstraße 32 sind zwei Stolpersteine zum Gedenken an Hertha und Simon Parnass verlegt. Einen dritten Gedenkstein mit der Aufschrift „Die Liebenden“ ließ Peggy Parnass für ihre Eltern setzen.[2]

In Hamburg-Eimsbüttel wurde am 28. Oktober 2023, unweit der letzten Wohnung von Hertha und Simon Parnass, ein öffentlicher Platz zum Gedenken an das Eimsbüttler Paar eingeweiht, das zum Opfer der Shoah wurde: der Parnass-Platz.[7][8][9]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peggy Parnass: Kindheit: wie unsere Mutter uns vor den Nazis rettete. Hamburg, Verlag Schwarze Kunst 2012, ISBN 978-3-927840-43-0.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Drucksache. Sitzungsdienst Hamburg-Eimsbüttel, abgerufen am 26. Oktober 2023.
  2. a b c d Stolpersteine in Hambur: Hertha Parnass. Abgerufen am 26. Oktober 2023.
  3. Stolpersteine in Hamburg: Simon Parnass. Abgerufen am 26. Oktober 2023.
  4. a b Peggy Parnass: „Wir waren staatenlos geboren”. In: haGalil. 21. Januar 2020, abgerufen am 26. Oktober 2023 (deutsch).
  5. Olaf Wunder: Furchtbar, was die Nazis dem Hamburger Simon Parnass angetan haben. In: MOPO. 28. Oktober 2021, abgerufen am 26. Oktober 2023 (deutsch).
  6. Gedenken zum 83. Jahrestag der »Polenaktion«. Abgerufen am 26. Oktober 2023 (deutsch).
  7. Süddeutsche Zeitung: Neuer Parnass-Platz erinnert in Eimsbüttel an Holocaust. 28. Oktober 2023, abgerufen am 28. Oktober 2023.
  8. tagesschau.de: Parnass-Platz eingeweiht. Abgerufen am 31. Oktober 2023.
  9. Parnass-Platz im Herzen Eimsbüttels auf Initiative der GRÜNEN Bezirksfraktion: Ende Oktober hat die Bezirksversammlung Eimsbüttel auf... 1. November 2021, abgerufen am 31. Oktober 2023.