Horst Strempel

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Horst Strempel (* 16. Mai 1904 in Beuthen/Oberschlesien; † 4. Mai 1975 in Berlin) war ein deutscher Maler und Grafiker.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Horst Strempel besuchte nach einer Ausbildung als Dekorationsmaler von 1923 bis 1927 die Staatliche Akademie für Kunst und Kunstgewerbe Breslau, wo er bei Otto Mueller und Oskar Moll studierte. 1927 ging er nach Berlin, um seine Studien bei Karl Hofer fortzusetzen. Er trat in die KPD ein und engagierte sich bei der Assoziation revolutionärer bildender Künstler (ARBKD).

Nachdem sein umstrittenes Gemälde Selig sind die geistig Armen 1932 von der Großen Berliner Kunstausstellung entfernt worden war, entschloss er sich Mitte 1933, Deutschland zu verlassen.

Bis 1939 lebte und arbeitete er in Paris. Seinen Lebensunterhalt verdiente er mit Karikaturen, die er in Zeitungen veröffentlichte. Gleichzeitig arbeitete er als Dekorations-, Reklame- und Theatermaler. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Paris wurde Strempel in den unbesetzten Süden Frankreichs deportiert, wo er bis 1941 blieb. Er verbrachte diese Zeit in verschiedenen Internierungslagern.

1941 nahm er ein Angebot wahr, das rückkehrwilligen Emigranten in Deutschland weitgehende Straffreiheit zusicherte. Die beiden letzten Kriegsjahre war er als Soldat in Jugoslawien und Griechenland.

Im Juni 1945 kehrte Horst Strempel nach Berlin zurück. Er war Lehrer an der Käthe-Kollwitz-Kunstschule in Berlin-Reinickendorf[1] und engagierte sich beim Kulturaufbau in dem sowjetisch besetzten Ostteil der Stadt. Aufgrund seiner Auftritte in der Öffentlichkeit und seiner zahlreichen Ausstellungen in den ersten Nachkriegsjahren wurde er bekannt. Er schuf monumentale Wandbilder, so das 1948 entstandene, in seinem Mittelteil fünf Meter hohe, in Form eines Triptychons insgesamt knapp sieben Meter breite Fresko im Berliner Bahnhof Friedrichstraße. Der Standort dieses Kunstwerk, das den Aufbauwillen der Berliner dokumentieren sollte, war mit Bedacht gewählt worden. Bahnhöfe galten nach damaliger Lesart als Symbole des Aufbauwillens unter sowjetzonalen Vorzeichen. Zudem war der Bahnhof Friedrichstraße das zentrale Verkehrskreuz der Stadt und auf der S-Bahnstrecke erster Bahnhof im Ostsektor. Er wurde täglich von Zehntausenden durchquert.[2]

Bahnhof Friedrichsstraße 1948, Wandgemälde von Horst Strempel

Sein malerisches und grafisches Werk dieser Zeit widmet sich vor allem der Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus und dem Wiederaufbau. Sein Hauptwerk Nacht über Deutschland aus den Jahren 1945/46 bleibt über den unmittelbaren Anlass hinaus ein gültiges Zeugnis dieser historischen Phase. Das Bild setzt das Trauma des Nationalsozialismus in dichte, komplexe Bildformeln um, die auch den heutigen Betrachter noch erahnen lassen, dass dies nur ein Künstler schaffen konnte, der über die bloße Situation hinaus auch die geistige Verfassung des deutschen Volkes begriffen hatte.

Daneben entstanden eine große Anzahl von Stillleben, die ebenfalls den Zeitgeist reflektieren. 1947 erhielt Strempel eine Dozentur an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, 1949 erfolgte die Berufung zum Professor.

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Diskussionen um die Form der Kunst in der sozialistischen Gesellschaft bereits einen ersten Höhepunkt erreicht. Die Formalismus-Debatte spaltete die Künstler in zwei Lager: in diejenigen, die in einem „Sozialistischen Realismus“ sowjetischer Prägung das erstrebenswerte Vorbild auch für die DDR-Kunst sahen, und in diejenigen, die eine unabhängige Kunst forderten, die sich an den vielfältigen Erscheinungsformen der internationalen Moderne und älteren Traditionen orientieren sollte.

Im Verlauf dieser Auseinandersetzungen wurde Strempel stark kritisiert, insbesondere wegen seines Stils, der das von der politischen Führung propagierte Menschenbild nicht adäquat wiedergeben konnte. Sein bekanntes und von Anfang an nicht unumstrittenes Wandbild Trümmer weg – baut auf im Bahnhof Friedrichstraße wurde 1951 in einer Nacht- und Nebelaktion überstrichen. Man attackierte ihn so sehr, dass er keine andere Möglichkeit mehr sah, als 1953 aus der DDR mit seiner Familie nach West-Berlin zu fliehen.

Hier konnte Strempel jedoch nicht mehr die Bedeutung erlangen, die er in den ersten Nachkriegsjahren in der DDR gehabt hatte.

Aber nach einem lange Jahre dauernden zermürbenden Kampf in Zeiten des Kalten Krieges mit den Westberliner Behörden um die Anerkennung als politischer Flüchtling – die er erst 1971 erhielt – hatte er kaum noch die Kraft, sich künstlerisch den Problemen der Zeit zu stellen.

Um seine materielle Existenz zu sichern, musste er unter anderem als Tapeten- und Stoffdesigner arbeiten und Zeichenkurse an Volkshochschulen geben.

Viele seiner Arbeiten befinden sich in privatem Besitz, einige in den Depots Berliner Museen wie des Märkischen Museums, der Neuen Nationalgalerie, des Kupferstichkabinetts und der Berlinischen Galerie[3]; ein nicht unbedeutender Teil ging durch Nationalsozialismus, Krieg und Flucht verloren. Dabei gab es Zeiten – vor allem die Jahre 1945 bis 1952 –, zu denen er sich eines hohen Bekanntheitsgrades erfreuen konnte.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Manfred Tschirner: Horst Strempel. In: Ministerium für Kultur, Verband Bildender Künstler der DDR (Hrsg.): Weggefährten, Zeitgenossen: bildende Kunst aus 3 Jahrzehnten; kleiner Ausstellungsführer / Ausstellung zum 30. Jahrestag der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin, Altes Museum, 4. Oktober – 31. Dezember 1979. Altes Museum, Berlin 1979, DNB 800743431, S. 550
  • Günter Feist: Horst Strempel und Karl Hofer – Diskussion – Ein Bildvergleich. In: Eckhart Gillen, Diether Schmidt (Hrsg.): Zone 5: Kunst in der Viersektorenstadt 1945 – 1951. Hrsg. für Berlinische Galerie. Nishen, Berlin 1989, ISBN 3-88940-113-9, S. 86–89.
  • Ursula Feist: Horst Strempel – Die Blinden. In: Eckhart Gillen, Diether Schmidt (Hrsg.): Zone 5: Kunst in der Viersektorenstadt 1945 – 1951. Hrsg. für Berlinische Galerie. Nishen, Berlin 1989, ISBN 3-88940-113-9, S. 90–92.
  • Günter Feist: Das Wandbild im Bahnhof Friedrichstraße – Eine Horst Strempel-Dokumentation 1945–1955. In: Eckhart Gillen, Diether Schmidt (Hrsg.): Zone 5: Kunst in der Viersektorenstadt 1945 – 1951. Hrsg. für Berlinische Galerie. Nishen, Berlin 1989, ISBN 3-88940-113-9, S. 92 ff.
  • Gabriele Saure: „Nacht über Deutschland“: Horst Strempel, Leben und Werk von 1904 bis 1975 (= Schriften der Guernica-Gesellschaft; 2). Argument-Verlag, Hamburg 1992, ISBN 3-88619-393-4.
  • Gabriele Saure: Horst Strempel, Im Labyrinth des kalten Krieges: Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik in den Jahren 1945 bis 1953; Sonderausstellung vom 15. Oktober 1993 bis 2. Januar 1994 im Märkischen Museum Berlin. Märkisches Museum, Berlin 1993, ISBN 3-910029-06-X.
  • Martin Schönfeld: Das „Dilemma der festen Wandmalerei“. Die Folgen der Formalismus-Debatte für die Wandbildbewegung in der SBZ/DDR 1945–55. In: Günter Feist, Eckhart Gillen, Beatrice Vierneisel (Hrsg.): Kunstdokumentation SBZ/DDR: 1945–1990; Aufsätze, Berichte, Materialien. Hrsg. im Auftrag des Museumspädagogischen Dienstes Berlin. DuMont, Köln 1996, ISBN 3-7701-3846-5, S. 444 ff.
  • Strempel, Horst. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin, 2010. ISBN 978-3-355-01761-9, S. 935/936
  • Anke Scharnhorst: Strempel, Horst. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Strempel, Horst, in: Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band 2,2. München : Saur, 1983, S. 1142

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Unbenanntes Dokument (kuschnerus.com)
  2. Frank Hoffmann: Kulturgeschichte der DDR. Ein Überblick. Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Erfurt 2014, ISBN 978-3-943588-43-9, S. 52 f.
  3. Stale Session. Abgerufen am 19. März 2023.