Hotel Silber (Erinnerungsort)

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Eingangsbereich des Museums Hotel Silber „Eine Ausstellung zu Polizei und Verfolgung“

Hotel Silber, auch Erinnerungsort Hotel Silber oder Lern- und Gedenkort Hotel Silber genannt, ist eine Dauerausstellung über die politische Verfolgung durch die Polizei von 1928 bis 1984 im Hotel Silber, sowie über die Verfolgung und die Deportation der Sinti und Roma und die Verfolgung der Homosexuellen durch die Polizei in der NS-Zeit im Hospitalhof. Die Ausstellung Polizei, Gestapo und Verfolgung ist im Hotel Silber in Stuttgart untergebracht.

Politische Verfolgung im Hotel Silber und im Hospitalhof[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwei Standorte: Hotel Silber und Hospitalhof
Zwei Standorte: Hotel Silber und Hospitalhof

Die Dauerausstellung des Museums im Hotel Silber thematisiert die Verfolgungsgeschichte an zwei Standorten der Polizei in Stuttgart: Im Hotel Silber und im Hospitalhof.

Im Hotel Silber war von 1928 bis 1933 in der Weimarer Republik das Polizeipräsidium Stuttgart zusammen mit der landesweit agierenden Politischen Polizei untergebracht. Danach wurde das Gebäude zum württembergischen Hauptquartier der NS-Geheimpolizei (Gestapo). In der Nachkriegszeit befanden sich hier verschiedene Dienststellen der von den Alliierten kommunalisierten Polizei. Von 1949 bis 1984 in der BRD war das Hotel Silber Gefängnisanstalt und Dienststelle der Kriminalpolizei, zunächst unter kommunaler Verwaltung und ab 1973 direkt dem Land Baden-Württemberg unterstellt.

Im Hospitalhof waren von der Kaiserzeit bis zu dessen Zerstörung durch die britische Luftwaffe 1944 die Kriminalpolizei und ein Polizeigefängnis ansässig. In der NS-Zeit hatte dort zunächst die Abteilung II des Landeskriminalpolizeiamts und ab 1936 die Kriminalpolizeileitstelle Stuttgart Karlsruhe, Kaiserslautern und Saarbrücken ihren Sitz.

Die Polizeigeschichte des Hotel Silber hat in Dauerausstellung folgende Inhalte:

  • Die Kontinuitäten und Brüche im Umgang mit Minderheiten und in der Strafverfolgung
  • Das Selbstverständnis der Polizisten in Demokratie und Diktatur

Die NS-Geschichte der Kriminalpolizei im Hospitalhof wird teilweise dargestellt. Der Ausstellungsschwerpunkt liegt bei

in Württemberg durch die Kriminalpolizei. Die Beteiligung der Kriminalpolizisten an der NS-Verfolgungs- und Vernichtungspolitik außerhalb Württembergs ist nicht Gegenstand der Dauerausstellung.

In den Wechselausstellungen sollen „ausgewählter Aspekte der Geschichte des Hotel Silber“ vertieft werden.[1][2][3][4]

Entstehungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zuge eines Neubauprojekts plante seit 2007 das Land Baden-Württemberg und die Kaufhauskette Breuninger den Abriss des Bürogebäudes Hotel Silber. Im Neubau sollte ein Erinnerungsort über die NS-Vergangenheit des Hotels Silber entstehen.

Gebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Hotel Silber nach seinem Umbau

Für den Erhalt des Gebäudes sprach sich der Architekt Roland Ostertag aus. Zusammen mit Organisationen, die die Geschichtskultur und/oder -politik gestalten, gründete dieser die Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber. Seit Februar 2009 forderte die Initiative, ein NS-Dokumentationszentrum im Hotel Silber unterzubringen. Die Investoren lehnten den Erhalt des Gebäudes ab, weil dadurch das Neubauprojekt unwirtschaftlich werden würde. Auch sei die Immobilie kein NS-Bau mehr. Durch die Kriegszerstörung, den Wiederaufbau und die nachfolgenden Umbaumaßnahmen sei „die NS-Nutzung nicht mehr substanziell kenntlich.“ Die Initiative hielt entgegen, dass das Gebäude „zum großen Teil den Bombenkrieg unbeschädigt überstanden hat“ und deshalb ein authentisches Gebäude aus der NS-Zeit sei. Der Antrag der Initiative auf Denkmalschutz vom April 2009 wurde abgelehnt.

Zunächst waren die SÖS und dann DIE LINKE die einzigen Fraktionen im Stadtrat, die sich für den Erhalt einsetzten.

Im Juli 2010 hielt die Stadt Stuttgart eine Expertenanhörung über das Hotel Silber ab. Der Mentor der Anhörung Micha Brumlik sprach sich dabei für den Erhalt des Gebäudes aus. Eine Mehrheit aus GRÜNEN, CDU, FDP und FREIE WÄHLERN folgte der Empfehlung nicht. Der Bebauungsplan, der drei Monate später aufgestellt wurde, sah deshalb nur den Erhalt des Kellers vor. Ein Stück Fassade des Hotel Silber sollte in die Außenwand eingebaut werden und als „Stolperstein“ dienen. Die SPD im Landtag und im Gemeinderat, die zunächst für den Abriss war, sprach sich im Herbst 2010 für den vollständigen Erhalt des Gebäudes aus.

Bei den GRÜNEN wurde am 9. Dezember 2010 das Votum der Basis eingeholt. Bei deren Kreismitgliederkonferenz setzte sich der zukünftige Betreiber des Erinnerungsortes, das Haus der Geschichte Baden-Württemberg, für den beschlossenen Abriss ein. Die GRÜNE Basis votierte stattdessen für den Erhalt des Ostflügels, der von der britischen Luftwaffe 1944 nicht zerstört wurde. Für den Fraktionschef der GRÜNEN im Stadtrat Werner Wölfle erschien dieses Votum für seine Fraktion nicht bindend, da es kein imperatives Mandat gebe. Der Beschluss seiner Partei sei darum eine Aufforderung mit den Investoren, um die Gebäudehälfte zu verhandeln. Danach müssten die vier Abrissgegnerinnen seiner 16-köpfigen Fraktion „die Realitäten anerkennen.“

Am 17. Januar 2011 veränderte die Initiative ihre Position. Die Sprecher der Initiative, Elke Banabak und Josef Klegraf, bekräftigten an diesem Tag gegenüber dem Hotel-Silber-Beirat der Stadt Stuttgart die „Grundforderung“ nach dem Erhalt des „Bestandsgebäudes“. Sie stellte allerdings nicht mehr die Forderung nach einem NS-Dokumentationszentrum für Stuttgart und Württemberg. Die Initiative sprach stattdessen von der geplanten NS-Gedenkstätte im Neubau. Deren Flächenbedarf sollte sich nicht an den räumlichen Vorstellungen der Investoren richten, sondern an inhaltlichen Kriterien.

Fünf Tage danach, am 23. Januar 2011, votierte der SPD-Landesparteitag gegen den Abriss und für die Einrichtung eines NS-Dokumentationszentrums. Einen Monat später kritisierte die Jugendorganisation der SPD (die JUSOS) die schwarz-grüne Koalition im Stuttgarter Gemeinderat. Diese wolle „ein Mahnmal an die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten“ zu Gunsten der wirtschaftlichen Interessen der Firma Breuninger abreißen. Der GRÜNE-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl Winfried Kretschmann sollte sich zum Erhalt des Gebäudes bekennen.

Micha Brumlik, Roland Ostertag und die JUSOS Baden-Württemberg gründeten unterdessen die GRUPPE DER FÜNFZIG. Dieser Zusammenschluss von Prominenten aus der SPD, den Gewerkschaften, der Wissenschaft, der Kultur und der Medien war vor und nach den Landtagswahlen aktiv und setzte sich für den vollständigen Erhalt des Hotel Silber als geschichtlichen Mahnmals ein. Eine NS-Gedenkstätte im Neubau mit dem Hotel Silber Keller würde den Ort zum Ort der Wächter, Folterer und Mörder machen, so die Gruppe. Hingegen würde der Ort der Schreibtischtäter in Staub aufgehen, „genau so wie einst sich die NS-Schreibtischtäter nach dem Krieg aus dem Staub gemacht haben.“ Die GRUPPE DER FÜNFZIG wandte sich vor allem an die Grünen. Diese sollten sich gegen den Teilabriss aussprechen. Den im Krieg unzerstörten Teil des Bürogebäudes beizubehalten, wie dies die GRÜNEN anstrebten, würde den Ort der NS-Verbrechen zum Mahnmal gegen den Bombenkrieg machen.

Ende April 2011 einigten sich schließlich die neuen Regierungsparteien, die GRÜNEN und die SPD, auf den Erhalt des Gebäudes. Das Land stieg im Herbst des gleichen Jahres als Investor beim Neubauprojekt aus. Vier Jahre später wurde beschlossen, den Erinnerungsort auf drei der vier Etagen des vom Krieg unzerstört gebliebenen Ostflügels unterzubringen.[5][6]

Trägerschaft und Finanzierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zugangsbereich auf der Rückseite

Zwei Jahre nach der Gründung der Initiative – im Januar 2011 – forderte diese, dass das Land nicht alleiniger Träger des Erinnerungsorts bleiben sollte. Die Stadt Stuttgart müsse Mitträger werden. Als Vertreterin der bürgerschaftlichen Organisationen forderte die Initiative auch ihre institutionelle Beteiligung. Die Forderungen nach Erweiterung der Trägerschaft konnte die Initiative durchsetzen. Zunächst anerkannte das Land im Februar 2012, dass die Initiative die Plattform für die Beteiligung von Bürgern und Organisationen am Projekt sei. Um hierbei als Rechtspartner des Landes und der Stadt agieren zu können, wandelte sich die Initiative zum eingetragenen Verein um. Anschließend sprach sich der Stuttgarter Gemeinderat im April 2012 mehrheitlich für die Projektbeteiligung der Kommune aus. Die gemeinsame Trägerschaft zwischen Land, Stadt und Initiative wurde im Jahr 2013 beschlossen.

In der Frühphase der Finanzierungsverhandlungen kritisierte der operative Partner des Projekts, die LAGG, dass das Land mehr Geld für das Hotel Silber ausgebe als für die Förderung aller Gedenkstätten in Baden-Württemberg zusammen. Im April 2013 forderte die Dachorganisation der Gedenkstätten deshalb, die jährlichen Fördergelder zu erhöhen. Das Land erfüllte schrittweise die finanziellen Forderungen der LAGG.

Im Februar 2015 regelte das Land und die Stadt abschließend die Finanzierung. Die Kosten für die Immobilie (Umbau, Sanierung und Miete) trägt das Land alleine. Je zur Hälfte teilen sich Land und Stadt die Kosten für die Ausstattung und den Betrieb. Als einzige Co-Trägerin ist die Initiative nicht verpflichtet, das Projekt zu finanzieren. Auch müsse die Initiative nicht Fundraising für den Erinnerungsort betreiben, wie dies das Land ursprünglich gefordert hatte. Im Jahr 2019 – im ersten Jahr des Vollbetriebes – erhielt das Haus der Geschichte für das Projekt ohne Mittel für Sonderausstellungen 0,75 Millionen Euro. Davon trug das Land 2/3 und die Stadt 1/3. Die Stadt finanziert ab 2019 eine Personalstelle für die Initiative (2019: 30.000 Euro). Zudem bezieht die Initiative ein mietfreies Arbeitszimmer im Hotel Silber.[7][8]

Planung und Betrieb[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Haus der Geschichte Baden-Württemberg begann Anfang 2011 mit den Planungen für den Erinnerungsort, an denen sich die Initiative einbringen konnte. Neun Monate später forderte die Initiative jedoch eine eigenständige Einrichtung. Als erstes wollte die Initiative gemeinsam mit NS-Forschern, Erinnerungspädagogen und Ausstellungsgestalter das Konzept für die Ausstellung und den Bildungsbereich ausarbeiten. Das Land lehnte aus „haushalts- und verwaltungstechnischen“ Gründen eine eigenständige Einrichtung ab.

Anfang 2012 wurde eine Arbeitsgruppe für die Dauerausstellung und den Bildungsplan eingerichtet. Mit dem Ziel eine „einvernehmliche Lösung“ zwischen dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg und den beiden Co-Trägern des Landes Baden-Württemberg – der Stadt Stuttgart und der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber – zu finden. An diesen Sitzungen nehmen die Landeszentrale für politische Bildung (LpB), die Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen (LAGG) und das Stadtmuseum teil. Das Jahresprogramm wiederum wird im Konsens zwischen dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg und seinen operativen Partnern (Initiative, Stadt Stuttgart, LpB, LAGG, ) entwickelt.[9][10][11]

Konzept[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von der NS-Gedenkstätte zum Museum „Verfolgung und Polizei“ in „drei Systemen“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Land plante seit 2007 eine Gedenkstätte über die NS-Vergangenheit des Hotel Silber. Die Initiative, die anfänglich ein NS-Dokumentationszentrum für Stuttgart und Württemberg forderte, veränderte ihre Position: Im Jahre 2011 plädierte sie für einen Lern- und Gedenkort über den Gestapo-Terror aus dem Hotel Silber und dessen Vor- und Nachwirken.[12] Zudem verlangte im April 2011 die Gemeinderatsmehrheit (Grünen, SPD und SÖS/DIE LINKE) die Verfolgungs- und Diskriminierungsgeschichte des Ortes nach 1945 im zukünftigen Erinnerungsort aufzuarbeiten. Die Konzeption von Juni 2012 sah darauf hin die Behandlung der Geschichte der Polizei im Hotel Silber von 1928 bis 1984 vor. Schließlich bildete die polizeiliche Verfolgungsgeschichte in „drei Systemen“ die Grundlage des Erinnerungsortes.

Zwei Polizeistandorte in der NS-Zeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verfolgung unter dem Nationalsozialismus wird durch die Geheimpolizei im Hotel Silber und teilweise durch die Kriminalpolizei im Hospitalhof dargestellt. Im Sommer 2018 wurde die Einbeziehung der Kripo damit begründet, dass bei der Verfolgung von Sinti und Roma und von Homosexuellen die Kriminalpolizei die entscheidende Rolle hatte und nicht die Gestapo.[13]

Wissenschaftlicher Beirat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Rahmen der Gespräche um den Erinnerungsort Hotel Silber forderte die Initiative eine eigenständige Expertenkommission. Nach Ansicht der Initiative wird der wissenschaftliche Beirat des Hauses der Geschichte nicht den „besonderen Aufgabenstellung der Einrichtung gerecht“. Im Kooperationsvertrag zwischen dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg und der Initiative wurde schließlich 2015 festgelegt, dass bei den Tagesordnungspunkten des wissenschaftlichen Beirates des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg, die das Museum Hotel Silber betreffen, zwei Fachwissenschaftler, die von der Initiative berufen werden, als Gäste teilnehmen.[14]

Expertencluster[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

170 Experten aus 8 Ländern erklärten im Sommer 2012 gegenüber dem Landtag und der Landesregierung ihre Bereitschaft, sich in das Vorhaben einzubringen.

Für Micha Brumlik, Hans Ulrich Gumbrecht und Ernst Ulrich von Weizsäcker, die für den Cluster warben, wird im Hotel Silber der Wandel zwischen Diktatur und Demokratie sichtbar. Das Hotel Silber stehe Beispielhaft für staatliche, gesellschaftliche und individuelle Wandlungsprozesse von der ersten deutschen Demokratie bis zur Gegenwart. Dieser Ort lege auch Zeugnis von der Zerbrechlichkeit der Zivilisation ab. Ein Polizist, der in der Weimarer Republik Menschen schützte, mordete während der NS-Zeit vom Schreibtisch aus. Nach dem Krieg sei er zum „Demokraten“, zum Bürger im Polizeiuniform geworden. Der Charakter des Ortes werfe demzufolge nicht nur historische Fragen auf, sondern weitere andere Fragen, wie beispielsweise moralische oder psychologische. Diese Fragen solle der Cluster mit seiner „Spitzenkompetenz“ transdisziplinär thematisieren, transnational gestalten und transmedial umsetzen.

Die Experten sollten u. a. neue Perspektiven und Themen darstellen; neue Mittel und Formen der Vermittlung, der Kommunikation und der Vernetzung etablieren; neue Wege des breiten Engagements einleiten; neue Partnerschaften und Kooperationen mit Institutionen initiieren und neue Möglichkeiten der unabhängigen Bewertung aufzeigen.

Nach Ansicht von Brumlik, Gumbrecht und von Weizsäcker sollte das Projekte maßgeblich die Werte der Demokratie und der Menschlichkeit vermitteln und dabei mit Hilfe des Clusters nach Exzellenz streben.

Die Initiative kritisierte den Cluster: Dieser ignoriere einerseits „die Realitäten des Projekts“ und andererseits die Initiative. Es gebe bereits lokale Expertise über die Gestapo. Auch sei unklar, was der konkrete Beitrag der Wissenschaftler sein könne. Das Angebot sollte trotzdem ernsthaft geprüft werden für den von der Initiative geforderten „eigenständigen Beraterkreis.“

Im Sommer 2014 mahnten Brumlik, Gumbrecht und von Weizsäcker erfolglos eine Rückmeldung an. Die JUSOS Baden-Württemberg regte im Januar 2016 an, den Cluster in den Prozess einzubinden. An diesen sollten „möglichst alle Sichtweisen einfließen dürfen, um eine würdige Gedenkstätte zu schaffen.“[15][16][17]

Ausstellungstrakt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2017/18 wurden drei Etagen der Ostflügels zum Museum umgebaut. Die noch vorhandenen Grundrisse aus der NS-Zeit wurden einzig im ersten Obergeschoss weitgehend erhalten. Dort befindet sich die 300 m² umfassende Dauerausstellung. Eine Etage höher ist der Raum für die Wechselausstellungen. Der Haupteingang in der Gebäudemitte an der Dorotheenstraße wurde an die Ecke zur Holzstraße – dem früheren Gasstätteneingang – verlegt. Im Erdgeschoss befindet sich das Eingangsfoyer (frühere Gaststätte), der multifunktional benutzbar ist. Auf der gleichen Etage befinden sich die Räumlichkeiten für Seminare. Im Keller sind die Garderobe, die sanitären Einrichtungen und die technischen Anlagen.

Auf dem Boden des Flures der Dauerstellung „Polizei und Verfolgung“ sind in Abständen fünf Lichtkästen angebracht. Über die gesamte Länge bilden diese einen „Schattenriss eines Polizisten“. Dieses Bild ist zusammengesetzt aus kleinen Fotos derjenigen, die im Hotel Silber für die Polizei tätig waren.

Der Flur mit dem „Schattenriss eines Polizisten“ dient als Motiv für das Textilbanner, das oberhalb des Eckeinganges bis zum Dachrand zylinderförmig angebracht ist.

Elf Fenster der ersten und zweiten Etage werden mit Platten an der Fassade geschlossen. Diese Platten sind jeweils mit einem zentralen Begriffe der Dauerausstellung gekennzeichnet: Überwachung, Mut, Denunziation, Verhaftung, Vorurteil, Widerstand, Ausgrenzung, Verfolgung, Recht, Würde, Staatsschutz.

Eröffnet wurde das Museum am 3. Dezember 2018 durch die Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Petra Olschowski.[18][19][20]

Alternative Konzeptionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

NS-Dokumentationszentrum Baden und Württemberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Sommer 2010 forderte die SPD ein NS-Dokumentationszentrum über die badisch und württembergische Beteiligung an der NS-Verfolgungs- und Vernichtungspolitik. Das Dokumentationszentrum sollte ein Gedenk-, Lern- und Forschungsort sein. Dort sollte neben der Geschichte NS-Stuttgarts vor allem die Geschichte der staatlichen Organe NS-Badens und NS-Württembergs (Regierung, Verwaltung, Polizei, Justiz) und deren Beteiligung an den NS-Verbrechen, sowie das Wirken von NS-belastenden Beamten nach 1945 in der Landesverwaltung dokumentiert und präsentiert werden. Das Land lehnte ortsunabhängige Dokumentationszentren über die NS-Zeit ab, da die umfassenden Darstellung der NS-Zeit durch die dezentralen Gedenkstätten in Baden-Württemberg erfolgt. Nach dem Eintritt der SPD in die Landesregierung im Frühjahr 2011 wurde diese Konzeption nicht weiterverfolgt.[21][22][23]

Einrichtung über den Doppelcharakter des Ortes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Oktober 2011 definierten die politischen Jugendorganisationen der CDU, der GRÜNEN, der FDP und der SPD in Baden-Württemberg den Ort Hotel Silber als Ort der Unmenschlichkeit und als Ort der Demokratie. Die GRÜNE JUGEND, die JUNGE UNION, die JuLIS und die JUSOS begründeten dies damit, dass in der Endphase der ersten Deutschen Demokratie das württembergische Polizeipräsidium dort untergebracht war. In der NS-Zeit war dieser Ort mit dem Tod, dem Leid und dem Schmerz vieler Menschen innerhalb und außerhalb Württembergs verbunden. Obwohl nach dem Krieg Schreibtischtäter zurückkehrten und „Opfer des NS-Regimes hier die Kontinuität der Verfolgung erleben mussten und häufig mit ihren Peinigern aus der NS-Zeit konfrontiert wurden“, kam es zugleich zum Bruch mit der NS-Vergangenheit und der Demokratisierungsprozess begann.

Umsetzungsforderung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die vier politischen Jugendorganisationen, die Mitglieder des Runden Tisches sind, stellten ihre Umsetzungsforderung im Oktober 2011 vor:

  • Eine international beispielhafte Einrichtung über den Doppelcharakter des Ortes – als Ort der Unmenschlichkeit und als Ort der Demokratie – sollte im Hotel Silber entstehen.
  • Ein offener politischer und gesellschaftlicher Entscheidungsprozess auf Grundlage der Expertise einer unabhängigen wissenschaftlichen Kommission
  • Der Bund sollte die Investitionen und den Betrieb finanziell mittragen. Um das anspruchsvolle Prüfverfahren des Bundes erfolgreich bestehen zu können, sollte das Land sich „frühzeitig und intensiv“ darauf vorbereiten.
  • Das Fundraising sollte eine Finanzierungssäule werden. Voraussetzung hierfür sei, dass das Land den nachhaltigen politischen Willen für eine qualitativ hochwertige Einrichtung entstehen lässt.
  • Die Förderin der Erinnerungskultur und Besitzerin des Hotel Silber, die Baden-Württemberg Stiftung, sollte die Erlöse aus dem Verkauf des Nachbargebäudes (Altes Innenministerium) für die Einrichtung im Hotel Silber bereitstellen.

Positionen des Landes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein offener Entscheidungsprozess über die Konzeption auf Grundlage der Expertise einer wissenschaftlichen Kommission wurde nicht verfolgt. Das Land entschied sich dazu, die Geschichte der Polizeiverfolgung in „drei Systemen“ darzustellen und thematisiert den Doppelcharakter des Ortes – als Ort der Unmenschlichkeit und als Ort der Demokratie – durch die Darstellung der Geschichte des Hotel Silber. Das Projekt ist für das Land ein beispielhaftes Projekt der Bürgerbeteiligung durch die institutionelle und operative Beteiligung der Initiative, auch ohne das vom Land angekündigte Bürgerforum. Der politische und gesellschaftliche Konsens wird am Runden Tisch gesucht. Zunächst wollte das Land einen „Beirat mit hochrangigen Experten“ berufen, entschied jedoch dazu, das Projekt vom wissenschaftlichen Beirat des Hauses der Geschichte betreuen zu lassen. Der angekündigte Antrag auf Projektförderung beim Bund (Co-Finanzierung der Investitionskosten) wurde nicht gestellt. Nach Gesprächen mit dem Bund stellte das Land ebenfalls keinen Antrag auf institutionelle Förderung (Co-Finanzierung der Betriebskosten), da die Hürde dafür zu hoch sei. Das Fundraising sollte nach dem Willen des Landes die Initiative übernehmen, was nicht umgesetzt wurde. Die Eigentümerin der Immobilie, die Baden-Württemberg Stiftung, engagiert sich nicht finanziell am Projekt. Dieses wird ausschließlich durch Eigenmittel des Landes und der Stadt finanziert.[24][25]

Gremien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Träger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Projekt wird getragen vom Land Baden-Württemberg, der Stadt Stuttgart und der Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber. Im Verwaltungsrat entscheiden die Träger des Projekts über Grundsatz- und Entwicklungsfragen. Dort wird auch das Jahresprogramm beschlossen und der Wirtschafts- und Finanzplan verabschiedet. Die Finanziers, das Land und die Stadt, haben eine Vetorecht bei Entscheidungen über deren finanzielle Zuwendungen an das Projekt. Das Land kann ohne die Zustimmung der Stadt und der Initiative im Verwaltungsrat entscheiden.

Betreiber[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Erinnerungsort wird vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg als Außenstelle betrieben. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg übt über das Haus der Geschichte die Rechts- und Fachaufsicht aus.

Operative Partner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Operative Partner sind neben den Co-Trägern Stadt und Initiative, auch die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, das Stadtmuseum Stuttgart und die Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen in Baden-Württemberg (LAGG).

Dauerausstellung und Bildungsprogramm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Initiative und die Stadt werden regelmäßig über die Dauerausstellung und das Bildungsprogramm informiert. Diese können ihre Vorschläge einbringen mit dem Ziel einer vernehmlichen Lösung mit dem Haus der Geschichte herzustellen. An den Sitzung über die Dauerausstellung und Bildungsplan nimmt die Landeszentrale für politische Bildung, die Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen (LAGG) und das Stadtmuseum.

Sonderausstellung und Jahresprogramm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Jahresprogramm (Sonderausstellungen, Projekte, Veranstaltungen, Aktivitäten) wird im Konsens zwischen dem Haus der Geschichte Baden-Württemberg, der Initiative, der Stadt, der Landeszentrale für politische Bildung und der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen (LAGG) im Programmbeirat entwickelt.

Beratungsorgane[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Grundsatz- und Entwicklungsfragen wird der Verwaltungsrat vom Programmbeirat beraten. Ein weiteres Beratungsgremium für das höchste Entscheidungsgremium ist der Runde Tisch, der darüber hinaus Empfehlungen aussprechen kann. Am Runden Tisch sind die Träger, der Betreiber und seine operativen Partner, die Fraktionen des Landtages und des Stadtrates, die politischen Jugendorganisationen der im Landtag vertretenen Parteien und gesellschaftlich relevante Organisationen vertreten. Wissenschaftlich beraten wird das Museum Hotel Silber von wissenschaftlichen Beirat des Hauses der Geschichte. Dabei haben zwei von der Initiative berufenen Fachwissenschaftler den Gästestatus.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hotel Silber – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ausstellungsbezeichnung auf der Webseite: „Polizei, Gestapo und Verfolgung“. 6. Dezember 2018, abgerufen am 6. Dezember 2018.
  2. Foto vom Eingangsbereich „Eine Ausstellung zu Polizei und Verfolgung“. SWR, 6. Dezember 2018, abgerufen am 6. Dezember 2018.
  3. Das Netz der Gestapo - Württemberg und Baden - Geschichtsort Hotel Silber. 31. Dezember 2017, abgerufen am 23. Oktober 2018.
  4. Das Netz der Gestapo - Deutsches Reich - Geschichtsort Hotel Silber. 15. Juli 2018, abgerufen am 23. Oktober 2018.
  5. Frankfurter Rundschau: Abriss in Stuttgart: Zynische Entsorgung. In: Frankfurter Rundschau. (fr.de [abgerufen am 15. Oktober 2018]).
  6. Geschichte des Dorotheen-Quartiers: Zehn Jahre und diverse Abspeck-Runden - Stuttgart - Stuttgarter Zeitung. 15. Oktober 2018, abgerufen am 15. Oktober 2018.
  7. Finanzierungs- und Organisationsvereinbarung Erinnerungsort Hotel Silber. (PDF) 16. Oktober 2018, abgerufen am 16. Oktober 2018.
  8. Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber e.V.: Wer wir sind. 16. Oktober 2018, abgerufen am 16. Oktober 2018.
  9. Hintergrund: Der neue Beirat zur NS-Geschichte - Stuttgarter Zeitung online - Stuttgart, Region & Land -. 11. Dezember 2010, abgerufen am 13. November 2018.
  10. Abriss abgeblassen. LIFT Stuttgart, 13. August 2011, abgerufen am 13. November 2018.
  11. Hotel Silber: Abriss, Teilerhalt, Erhalt? SPD-Gemeinderatsfraktion Stuttgart, 26. Oktober 2018, abgerufen am 13. November 2018.
  12. Eckpunkte für einen Lern- und Gedenkort Hotel Silber. (PDF) Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber, 29. September 2011, abgerufen am 16. Oktober 2018.
  13. Nikolai B. Forstbauer: Hotel Silber vor der Eröffnung in Stuttgart: „Wir sind auf der Zielgeraden“. Stuttgarter Nachrichten, 11. Juli 2018, abgerufen am 23. Oktober 2018.
  14. Landeshauptstadt Stuttgart Der Oberbürgermeister GZ: OB 7821 - 01 Stuttgart, 10.04.2013 Stellungnahme zum Antrag Stadträtinnen/Stadträte – Fraktionen SPD-Gemeinderatsfraktion, Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion, SÖS und LINKE Fraktionsgemeinschaft. (PDF) 20. Oktober 2018, abgerufen am 20. Oktober 2018.
  15. KONTEXT:Wochenzeitung - Ausgabe 180 - Zwei Schritt vor, einer zurück. 16. Oktober 2018, abgerufen am 16. Oktober 2018.
  16. Jetzt werden die Weichen gestellt: Ein Statement der Initiative für den Runden Tisch am 23. Februar 2015. 21. Oktober 2018, abgerufen am 21. Oktober 2018.
  17. Der Cluster ‚Dorotheenstraße 10 – Hotel Silber’ Das Streben nach Exzellenz bei der Vermittlung der Werte der Demokratie und der Menschlichkeit. (PDF) Stiftung Topographie des Terrors Gedenkstättenreferat, 16. Oktober 2018, abgerufen am 16. Oktober 2018.
  18. Hotel Silber: Umbau zum Erinnerungsort - Stadt Stuttgart. 9. Dezember 2018, abgerufen am 9. Dezember 2018.
  19. 1. Rang Dauerausstellung Hotel Silber...competitionline. 8. Dezember 2018, abgerufen am 9. Dezember 2018.
  20. Wo Bürokraten mordeten. Erinnerungsort Hotel Silber in Stuttgart. 9. Dezember 2018, abgerufen am 9. Dezember 2018.
  21. SPD kritisiert Ablehnung eines NS-Dokumentationszentrums durch die Landesregierung - SPD Baden-Württemberg. 26. Oktober 2018, abgerufen am 13. November 2018.
  22. Hotel Silber: Abriss, Teilerhalt, Erhalt? SPD-Gemeinderatsfraktion Stuttgart, 26. Oktober 2018, abgerufen am 13. November 2018.
  23. Hotel Silber: Mappus lehnt Forschungsstätte ab - Stuttgart - Stuttgarter Zeitung. 26. Oktober 2018, abgerufen am 13. November 2018.
  24. Verständigung über Finanzierung und Organisationsstruktur des Erinnerungsort Hotel Silber: Staatsministerium Baden-Württemberg. 20. Oktober 2018, abgerufen am 20. Oktober 2018.
  25. Drucksache 16 / 1545 01. 02. 2017 Antrag der Abg. Dr. Nils Schmid u. a. SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Finanzen. (PDF) 18. Oktober 2018, abgerufen am 18. Oktober 2018.