Hunsrücker Knochenflickerfamilie Pies

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„Der Knochenflicker - Herr Peter Pies und ein junger Patient“. Skulptur der Künstlerin Jutta Reiss aus dem Jahr 2008 in Emmelshausen

Die Hunsrücker Knochenflickerfamilie Pies war eine ab der frühen Neuzeit bis zum Ende des 20. Jahrhunderts im Hunsrück wirkende Familie in Heilberufen, deren bekannteste Personen als Chiropraktiker, also als „Knocheneinrenker“, bekannt wurden. Die Familie bringt auch heute noch viele Mediziner hervor.

Ursprünge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als frühester Vertreter auf dem Hunsrück galt lange Zeit der seit dem Dreißigjährigen Krieg nachweisbare Pfalz-Neuburgische Regimentsfeldscher Diederich Pies, der um 1666, vermutlich in Mannebach, starb. Er soll, wie auch sein mutmaßlicher Halbbruder Wilhelm Pies, der ebenfalls Arzt war, aus einer Klevischen Familie stammen, die zuletzt in Amsterdam lebte. Allerdings belegen neuere Forschungen[1][2] eindeutig, dass der Name Pies schon etwa anderthalb Jahrhunderte früher in Dommershausen vorkam. Am 20. April 1487 stiftete ein peter Bÿeß eine Messe in Dommershausen[3] und am 12. April 1502 wird posthum der kurz zuvor verstorbene Dommershausener Heimburge (= Bürgermeister) peter biße urkundlich erwähnt.[4]

Von den Nachkommen mit Namen Pies sind in neuerer Zeit zwischen 1907 und 1978 allein 13 medizinische Dissertationen zu finden.[5] Die Nachkommen lebten vorwiegend in Sabershausen, Dorweiler und Dommershausen.[6]

Pies-Museum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das von dem Historiker Eike Pies im ehemaligen Pfarrhaus von Dommershausen gegründete und heute von der Gemeinde betriebene Vorderhunsrück-Museum und Pies-Archiv dokumentiert die Geschichte der Hunsrücker Knochenflicker.

Letzte Vertreter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Peter Pies (* 1875 in Dorweiler; † 1962 in Emmelshausen)[7] praktizierte ab 1908 in einem Raum seiner neu erbauten Gastwirtschaft an der gerade eröffneten Hunsrückbahn in Emmelshausen. Sein Haus am Bahnhof war eins von den zwei ersten Häusern der Bahnhofssiedlung. Die Gemeinde stiftete eine Bronzeplastik der Künstlerin Jutta Reiss,[8] die am 5. April 2009 vor dem Stammhaus enthüllt wurde.[9]
  • Jakob Pies (* 1877 in Dorweiler; † 1941 ebenda), Bauer und Knochenflicker war der letzte seines Standes in Dorweiler. Sein Sohn starb früh, und er hatte noch drei Töchter. Werner Helwig setzte ihm in seiner Erzählung Der Äskulap des Hunsrück ein literarisches Denkmal. (Auch in: Richter und Knochenflicker)[10]
  • Jakob Pies (* 1860 in Dorweiler; † 1920 in Kappel) hatte nach Kappel in einen kleinen Bauernhof eingeheiratet. Er und sein Sohn Robert (1902–1973)[11] waren die letzten echten Knochenflicker, die dies neben ihrem Hauptberuf, in diesem Fall Bauer, ausübten. Roberts Bruder Franz und nach ihm dessen Sohn Franz-Georg waren Ärzte in Kastellaun.[12]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eike Pies (Hrsg.): Der Pies hilft in Knochen, die Pies in den Wochen: eine sprichwörtliche Familie im Spiegel der Literatur; Begriffe und Redensarten, Legenden und Anekdoten, Gedichte und Erzählungen, Stickelcher und Romane, Anmerkungen und Urkunden über eine sprichwörtliche Familie. Brockhaus, Wuppertal 2011, ISBN 978-3-930132-29-4.
  • Eike Pies: Richter und Knochenflicker. 600 Jahre aus der Chronik der Familie Pies 1372–1972. Henn, Ratingen 1972, DNB 720168252 (enthält auch Der Äskulap des Hunsrücks).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Norbert J. Pies: Peter Bÿeß/Biße 1487 und 1502 in Dommershausen. In: Die Pies-Chronik Nr. 68/ 2018 S. 9–10.
  2. Norbert J. Pies: Pies schon im 15. Jahrhundert in Dommershausen. In: Rhein-Hunsrück-Kalender 2019 S. 55–56.
  3. Abschrift von 1685 im Dommershausener Kirchenregister im Pfarrarchiv Dommershausen
  4. Originalurkunde im Zentralarchiv zu Prag, Filmkopie im Landeshauptarchiv Koblenz Bestand 709,5 Film 116 Nr. 604.
  5. Armin Prinz: Willem Piso (1611–1678). Begründer der wissenschaftlichen Tropenmedizin. In: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Tropenmedizin und Parasitologie. 14, 1992, S. 1–12 (zobodat.at [PDF]).
  6. Die Sabershausener Linie (Memento des Originals vom 17. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/gw.geneanet.org
  7. Peter Pies bei gedbas.genealogy.net
  8. Objekt bei jutta-reiss.de
  9. Archiv Rhein-Zeitung vom 3. April 2009
  10. Daten bei gedbas.genealogy.net
  11. Vorfahren Robert Pies bei gedbas.genealogy.net
  12. Eduard Pies (Franz Pies: * 1896 in Kappel; † 1954 in Kastellaun)