Ich bin aus einem verbrannten Dorf …

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Ich bin aus einem verbrannten Dorf[1] (belarussisch Я з вогненнай вёскі… Ja s wohnennaj wjoski…; russisch Я из огненной деревни… Ja is ognennoi derewni…)[2] ist eine dokumentarische Sammlung von Erinnerungen an die Zerstörung belarussischer Dörfer durch deutsche Soldaten und an die Partisanen während des Zweiten Weltkriegs (des Großen Vaterländischen Krieges), die von den belarussischen Schriftstellern Ales Adamowitsch, U. Kalesnik[3] und Janka Bryl gesammelt und zusammengestellt wurde.

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Geschichte mehrerer solcher niedergebrannten Dörfer wird anhand der zusammengestellten Augenzeugenberichte beschrieben. Das Massaker von Chatyn war von Adamowitsch bereits 1971 in seinem Roman Die Erzählung von Chatyn[4] behandelt worden, der später als Grundlage für das Drehbuch zu dem Film Komm und sieh[5] (russisch Иди и смотри / Idi i smotri; „Geh und sieh“) diente. Die Aufgabe dieser sich als eigenes Genre verstehenden „dokumentarischen Literatur“ bestand für Adamowitsch darin, dem Volksgedächtnis (narodnaja pamjat) selbst, das Wort (genauer – das Mikrofon) zu geben […].[6]

Das Buch enthält ausschließlich Zeugnisse von Menschen, die die Tragödie der Zerstörung ihres Dorfes und die Ermordung ihrer Verwandten und Mitbewohner persönlich erlebt haben. Um Zeitzeugen zu befragen, bereisten die Autoren 147 Dörfer in 35 Bezirken Belarusslands mit einem Tonbandgerät und zeichneten in den Jahren 1970–1973 die Erinnerungen von mehr als 300 direkt an den Ereignissen Beteiligten auf.

Aus Zensurgründen konnten die Verfasser eine große Anzahl von Zeugenaussagen, die der sowjetischen Führung missfielen, nicht aufnehmen.[7] (→Zensur in der Sowjetunion)

Das Buch markierte den Beginn des belarussischen Genres der fiktional-dokumentarischen Literatur über den Krieg,[8] es beeinflusste den russischen Filmregisseur Elem Klimow bei der Gestaltung des Films Komm und sieh[9] und hatte einen tiefgreifenden Einfluss auf Swetlana Alexijewitschs Weltbild.[10]

Ausgaben, Übersetzungen und Adaptionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Buch erschien 1975 auf Belarussisch (im staatlichen Belletristik-Verlag Mastazkaja litaratura[11]) und 1977 in russischer Sprache,[12] übersetzt von D. Kowaljow[13] (1991 in Moskau in Sowetski pisatel[14] nachgedruckt).[15] 1978 wurde das Buch ins Polnische übersetzt.[16] 1978, 1983, 2001 und 2022 wurde das Buch in belarussischer Sprache erneut herausgegeben.[17] Eine Übersetzung ins Deutsche liegt bislang nicht vor.

Auf der Grundlage des Buches wurde in den Jahren 1975–1978 Dokumentarfilme gedreht,[18][19] einer mit einem gemeinsamen Drehbuch von Wiktor Daschuk und Ales Adamowitsch.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nina Weller: „Vielstimmige Gegengeschichten: Kriegserfahrung und Kriegsdarstellung bei Ales' Adamovič, Daniil Granin und Svetlana Aleksievič.“ Osteuropa, 68, Jg. 1–2/2018, S. 165–182 (in Teilansicht)
  • Ottokar Ullrich: „Die Widerspiegelung der faschistischen Okkupation in der modernen belorussischen Literatur.“ In: Zur Geschichte der BSSR und der deutsch-belorussischen Beziehungen, Friedrich-Schiller-Universität Jena 1981, S. 99–111
  • Franziska Davies, Katja Makhotina: „Offene Wunden Osteuropas. Reisen zu Erinnerungsorten des Zweiten Weltkriegs.“ Darmstadt: wbg 2022. ISBN 978-3-8062-4432-8.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise und Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. So in der Zeitschrift Osteuropa (2008:232).
  2. Im Deutschen auch mit Ich komme aus einem verbrannten Dorf, Ich komme aus dem Feuerdorf wiedergegeben, im Englischen mit I am from the fiery village usw.; im Sinne von niedergebrannt, ausgebrannt zu verstehen (siehe auch Verbrannte Erde).
  3. Uladzimir Andrėevič Kalesnik; russisch Владимир Андреевич Колесник / Wladimir Andrejewitsch Kolesnik, wiss. Transliteration Vladimir Andreevič Kolesnik
  4. Der Roman russisch Хатынская аповесць erschien 1971 zunächst auf Russisch, 1976 auch auf Belarussisch.
  5. Film (mit englischen Untertiteln)
  6. Osteuropa 2008, Seite 232.
  7. Алесь Адамович: «Венера, или как я был крепостным», журнал «Нёман», № 6/1992, стр. 48-49
  8. Т. Р. Богорадова: Паказ трагiзму чалавечага быцця у беларускай мастацка-дакументальнай аповесцi пра вайну / Ein Einblick in die Tragödie des Soldatendaseins in einem belarussischen Dokumentarfilm über den Krieg (aus dem Webarchiv)
  9. История создания фильма «Иди и смотри»
  10. irl.by: Светлана Алексиевич: литература метафизической боли / Swetlana Alexijewitsch: Eine Literatur des metaphysischen Schmerzes (Ebd.: „Ihr Werk verbindet auf harmonische Weise den humanistischen Ansatz der Prosa von Wassil Bykau mit der kreativen Methode von Ales Adamowitsch […] Wenn man Alexijewitsch liest, ist man entsetzt über die Tatsache, dass die Welt um einen herum ein Alptraum sein kann, und bewundert gleichzeitig die Menschen, die nicht nur den Mut hatten, all das zu überleben, sondern auch die mentale Stärke, davon zu erzählen.“); vgl. Swetlana Alexijewitsch: Der Krieg hat kein weibliches Gesicht, Berlin, Suhrkamp Verlag, 2015, ISBN 978-3-518-46605-6, S. 13: „Ales Adamowitsch wurde mein Lehrer.“
  11. belarussisch Мастацкая літаратура
  12. Я з вогненнай вёскі… - Belarussische Nationalbibliothek
  13. russisch Дмитрий Михайлович Ковалёв, wiss. Transliteration Dmitrij Michajlovič Kovalëv
  14. russisch Советский писатель, wiss. Transliteration Sovetskij pisatel'
  15. «Я из огненной деревни…» (Документальное произведение)
  16. Ja ze spalonej wsi… : świadectwa ocalonych (Ich komme aus einem ausgebrannten Dorf ...: Zeugnisse der Überlebenden) - Weißrussische Nationalbibliothek
  17. «Я из огненной деревни…» (Документальное произведение)
  18. «Я из огненной деревни» — кинофильм 1975 года.
  19. Женщина из убитой деревни / Eine Frau aus einem ermordeten Dorf - youtube.com