Johann Christian Jauch senior

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Johann Christian Jauch senior um 1840 (Porträt von Otto Speckter)
Holzlager zwischen der Bankstraße und dem Stadtdeich (Bleistiftzeichnung von Ebba Tesdorpf 1884)
Bruch des Stadtdeichs vor Hamburg während der Februarflut 1825 (Lithographie nach Friedrich Thöming)

Johann Christian Jauch sen. (* 11. Januar 1765 in Lütau; † 14. Januar 1855 in Hamburg, ± Jauchsche Familiengruft auf dem Hammer Friedhof), eigentlich Johann Christian Barthold Wilhelm Jauch, war ein hanseatischer Kaufmann.

Herkunft und Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jauch ist der Stammvater des hanseatischen Zweiges des Geschlechts Jauch.

Jauchs Großvater war Johann Christian Jauch (1702–1778), Erster Domherr und Vizedekan[1] des Domstifts Bardowick. Sein Vater Johann Georg Jauch (1727–1799), Fabrikant und Kaufmann zu Lauenburg/Elbe, entführte als seinerzeitiger Kurfürstlich-Sächsischer Offizier 1754 Anna, die Tochter des Hamburger Senatssyndicus und Herrn auf Horst, Johann Baptista Mutzenbecher (1691–1759), Großnichte des Hamburger Senators Matthias Mutzenbecher (1693–1735), und heiratete sie. Nach dem Tode seiner ersten Frau heiratete er in zweiter Ehe die Mutter Johann Christians, Catharina Louise Seetzen (1739–1788), Tochter des Königlich-Großbritannischen und Kurfürstlich-Braunschweig-Lüneburgischen Gerichtsschultheißen zu Lauenburg Albrecht Ludolf Seetzen.

Jauch war Nachkomme des streitbaren Theologen der Reformationszeit Salomon Gesner und des ersten evangelischen Hamburger Bürgermeisters Johann Wetken, der maßgeblich war für die Einführung der Reformation in Hamburg.

Jauch heiratete 1801 Charlotte Fagel (1772–1841), Tochter des Schiffsherrn zu Lauenburg Jürgen Christian Fagel, mit der er sieben Kinder hatte.

Sein Enkel war der Repräsentant der Notabeln[2] in der Hamburgischen Bürgerschaft August Jauch (1861–1930). Sein Urenkel war Otto von Feldmann (1873–1945), Chef der Operationsabteilung in der türkischen Obersten Heeresleitung während des Ersten Weltkriegs. Die hanseatische Philanthropin Auguste Jauch (1822–1902) war seine Schwiegertochter. Zu seinen Nachkommen gehört der Fernsehmoderator Günther Jauch (* 1956).

Jauchs Cousin war der Lübecker Bürgermeister, Dichter und Aufklärer Christian Adolph Overbeck (1755–1821), sein Neffe der Abgeordnete der Frankfurter Nationalversammlung Albert August Wilhelm Deetz (1798–1859). Sein Urgroßneffe war Ludwig Gümbel, Schiffbauingenieur, Ordinarius an der TH Berlin und maßgeblich beteiligt am Aufbau der deutschen U-Boot-Flotte. [3]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jauch trat in die Holzhandlung seines Großonkels Carl Daniel Jauch (1714–1795) in Hamburg ein, welche dieser nach Verlagerung seiner Geschäfte von Lüneburg nach Hamburg seit 1752 dort betrieb. Er erwarb 1799 das Bürgerrecht in Hamburg, führte das Handelsgeschäft zunächst als Holzhandlung J.C. Jauch fort, verlagerte es in der Folge in den Stadtdeich 9, das Hamburger Stammhaus der Familie am Holzhafen, und baute das Unternehmen zum marktbeherrschenden Holzgroßhandelsgeschäft[4] der Hansestadt mit ausgedehnten Geschäftsbeziehungen nach Polen und nach Russland aus. Neben dem genannten Stadtdeich 9 gehörte Moritz Jauch (1804–1876) Stadtdeich 3 und Johann Christian Jauch junior (1802–1880) Stadtdeich 189, während der unverheiratete dritte Sohn Carl Daniel Jauch (1806–1866) bei seinem Vater wohnte.

1832 wurde Jauch Großbürger zu Hamburg. 1841 nahm er seine Söhne in die Firma auf und war bis fünf Tage vor seinem Tod Teilhaber und Seniorchef der so begründeten Holzhandlung J. C. Jauch & Söhne. Durch den Brand der Stadt Hamburg im Jahre 1842 und den jahrelangen Wiederaufbau der zerstörten Stadtteile gelangte die bereits wohlhabende Familie zu beträchtlichem Reichtum. 1846 erwarben sein Sohn Johann Christian Jauch junior (1802–1880) und sein Enkel Carl Jauch (1828–1888), der eine eigene Holzhandlung betrieb, das Gut Wellingsbüttel bei Hamburg als Landsitz und Jagdgrund.

Jauch war von 1820 bis 1833 Deichgeschworener und Ältester Deichgeschworener des Hammerbrook. Er leitete die Schutzmaßnahmen beim Hammerbrooker Deichbruch während der Februarflut 1825.[5]

Jauch war ein kunstsinniger Mann. In engem Kontakt mit ihm stand der Neffe seiner Frau, der aus Hamburg stammende Maler, Lithograf und Schulprofessor Johann Carl Koch, der u. a. Stiche nach Gemälden von Jauchs Neffen Friedrich Overbeck (1789–1869) fertigte. Regelmäßiger Gast in seinem Hause war der für das Musikleben Hamburgs bedeutsame Theodor Avé-Lallemant (1806–1890), der später Jauchs Tochter Wilhelmine (1809–1893) heiratete. 1820 gehörte er zu den Bürgern, die das erfolgreiche „Fundraising“ betrieben für den Bau des Allgemeinen Krankenhauses St. Georg, des ersten städtischen Krankenhauses in Hamburg.[6]

Hamburg, Stadtdeich 9
Kontor von J. C. Jauch & Söhne
1891 Jauchsche Stiftung
„Heim für alte Männer“
zerstört 1943 (Operation Gomorrha)
(Aquarell Ebba Tesdorpf um 1880)

Jauchs Haus Stadtdeich 9[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Areal wurde nach dem Erwerb des Hauses Stadtdeich 9 (auch als Stadtdeich 10 bezeichnet) – „Jauch’sches Haus“[7] – durch den Zukauf zahlreicher Grundstücke bis zur Bankstraße und zur Schleusenstraße ausgedehnt, so das „achter Jauch sin Plank“ für den sich östlich anschließenden Teil des Stadtdeichs zur gebräuchlichen Ortsbezeichnung wurde.[8][9]

Im westlichen Teil des Stadtdeichs hatten Kaufleute aus der Innenstadt nach 1700 ihre reich ausgestatteten Landhäuser errichtet, zu denen auch der Stadtdeich 9 gehörte. Da von hier aus der Holzhandel mit Frankreich, England, Spanien und Portugal betrieben wurde, hatten nach und nach Holzhändler und Sägewerksbesitzer am Stadtdeich ihren Sitz genommen. Der Stadtdeich wurde jetzt auch Krondiek oder Kronendeich genannt, weil in seinem der Stadt zugewandten Teil nunmehr „reiche, feine Leute“ im Gegensatz zur ärmeren Umgebung wie dem südlichen Hammerbrook wohnten. Den lärmenden Durchgangsverkehr hielt ein Sperrpfahl fern, zu dem nur die Deichgeschworenen einen Schlüssel hatten.[10] 1825 wurde auch das Reiten auf dem Stadtdeich verboten.[11] Während dies den Bewohnern vor allem der westlichen, stadtnahen Besitzungen die gewünschte Ruhe brachte, verursachte es den meisten Anwohnern einige Beschwernisse. Die Jauch selbst fuhren ungehindert über die angrenzende Bankstraße und die Schleusenstraße, bis zu denen sich ihr Besitz erstreckte, auf ihr Grundstück.

Jauch Sohn Johann Christian (1802–1880) legte links neben dem Haus einen Zwinger für die von seinen Russlandreisen mitgebrachten Bären und rechts einen bis zur Bankstraße reichenden Hirschpark an, die bis 1879 bestanden.[12]

Der Dichter Friedrich Hebbel schrieb seiner Lebensgefährtin Elise Lensing, die viele Jahre im Stadtdeich 43 gelebt hatte,[13] nach deren Wegzug 1844:

„Es kann nur zur Beruhigung für mich gereichen, daß ich Dich nicht unter Katzen, Schlangen und Bären, wie auf dem Stadtdeich, sondern unter Menschen weiß.“

Friedrich Hebbel: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe[14]

1891 widmete Jauchs Schwiegertochter, die Hamburger Wohltäterin Auguste Jauch, mit ihrem Sohn Hermann das Haus um in ein Stift Heim für alte Männer als Freiwohnungsstätte für bedürftige Arbeiter. 1933 wurde das Haus von der Familie umfassend renoviert.

Der Stadtdeich 9 (teilweise auch als Stadtdeich 10 bezeichnet) wurde 1933 unter Nummer 107 in die Liste der Kulturdenkmäler im Hamburger Bezirk Hamburg-Mitte aufgenommen. 1947 wurde er nach seiner Zerstörung in der Operation Gomorrha im Zweiten Weltkrieg ausgetragen.

Ahnentafel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorfahren von Johann Christian Jauch senior (Auszug)[15]
6. Vorfahren-
generation

Hieronymus Rhüden
(1542–1620)
Lüneburgischer Stadtsuperintendent und Hauptpastor an St. Johannis (Lüneburg)
⚭ um 1580
Anna Elebek
(1558–1630)
Tochter des Ratmanns Peter Elebek
Letzte des Lüneburger Patriziergeschlechts

Dr. iur. Peter Claassen
(1558–1637)
Erster Domherr
des Hochstifts Ratzeburg
⚭ um 1590
Anna Kahrstedt
(1574–1601)
Tochter des Bürgermeisters von Ratzeburg und Landrentmeisters
Andreas Kahrstedt

Salomon Gesner
(1559–1605)
Professor und Rektor der Universität Wittenberg sowie Propst an der Schlosskirche zu Wittenberg
⚭ 1586
Margareta Andrae
(† nach 1622)

Bernhard Werenberg
(1577–1643)
Professor am Akademischen Gymnasium zu Hamburg
⚭ 1615
Margarete Langermann
(1588–1651)
Ururenkelin des ersten evangelischen Hamburger Bürgermeisters Johann Wetken[16][17]

5. Vorfahren-
generation

Georg Rhüden (1592–1670)
Erster Domherr und Vizedekan am Dom zu Bardowick
⚭ 1614
Clara Claassen (1595–1668)

Heinrich Janichius (1595–1655)
Archidiakon an der Hauptkirche Sankt Katharinen (Hamburg)
⚭ 1630
Maria Gesner
(1592–nach 1656)

Jacob Werenberg (1616–1681)
Pastor an
St. Hippolyt zu Amelinghausen
⚭ 1652
Anna Laubengeist

4. Vorfahren-
generation

Dr. iur. Barthold Rhüden (1630–1693)
Advokat zu Hamburg
⚭ 1659
Anna Margareta Janichius (1634–1708)

Jacob Philipp Werenberg (1655–1705)
Pastor an
St. Hippolyt zu Amelinghausen

N.N.

Urgroßeltern

Barthold Rhüden (1669–1753)
Erster Domherr und Vizedekan am Dom zu Bardowick
⚭ 1709
Johanne Ottilie Werenberg (* um 1690)

Großeltern

Johann Christian Jauch (1702–1778)
Erster Domherr und Vizedekan am Dom zu Bardowick
⚭ 1725
Clara Maria Rhüden (1710–1775)

Johann Christian Jauch senior (1765–1855)

Literatur und Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise und Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Christian Schlöpken, Chronicon oder Beschreibung der Stadt und des Stiftes Bardewick, Lübeck 1704, S. 429: Stiftspröpste wurden nicht bestellt. Die Dekane waren in der Regel Juristen, die als Fürstlich Braunschweig-Lüneburgische Kanzler in Celle fungierten. Die eigentliche Leitung des Stifts lag bei den Senioren, die deswegen seit alters her zugleich den Titel eines Vice-Dekanos führten
  2. Frank-Michael Wiegand, Die Notabeln: Untersuchungen zur Geschichte des Wahlrechts und der gewählten Bürgerschaft in Hamburg 1859-1919, 1987, S. 271: Die Notabelnabgeordneten waren nicht frei gewählt, sondern von den Notabeln entsandt und bildeten „ein Gegengewicht gegen die Tendenz der Alleinherrschaft gewisser Volksklassen“
  3. Cousin des Bundespräsidenten Theodor Heuss, Großneffe des Naturforschers Theodor Gümbel und des Geologen Wilhelm von Gümbel
  4. „Der Import von Bauholz in größerem Maßstabe liegt in Hamburg fast ausschließlich in den Händen von zwei Firmen, nämlich der Herren J. C. Jauch & Söhne und Klinckrath & Martens, von welchen die erstere namentlich von sehr großer Bedeutung in diesem Fache ist“, in: Arthur Freiherr von Hohenbruck, Der Holzexport Oesterreichs nach dem Westen und Norden. 1869, S. 78.
  5. H. W. C. Hübbe, Vom Hammerbrook. 1. Durchbruch des Stadtdeiches 1825, in Mitteilungen des Vereins für Hamburgische Geschichte Band 5, Hamburg 1883, S. 7f
  6. Sammlung der Verordnungen der Freyen Hansestadt Hamburg, Band 6, 1819, S. 327
  7. Vgl. Wolfgang Rudhard, Das Bürgerhaus in Hamburg, 1975, S. 109 (Abb.)
  8. Vgl. Hamburgische Rath- und Burgerschlusse, 1849, S. 44
  9. Anne-Marie Thede-Ottowell, Vom alten Stadtdeich, Hamburg 1998, S. 12, ISBN 3-9803705-6-9
  10. Thede-Ottowell S. 5ff
  11. Thede-Ottowell S. 9
  12. Thede-Ottowell S. 12
  13. „Elise Lensing“ in: Franklin Kopitzsch, Dirk Brietzke (Hrsg.): Hamburgische Biografie: Personenlexikon, Band 2, 2003, S. 247.
  14. Richard Maria Berner: Friedrich Hebbel. Sämtliche Werke.Historisch-kritische Ausgabe, Teil3, Band 3, 1905, S. 91.
  15. Isabel Sellheim: Die Familie des Malers Friedrich Overbeck (1789–1869) in genealogischen Übersichten. Neustadt an der Aisch 1989, ISBN 3-7686-5091-X
  16. Zu ihrem Urgroßvater Laurens Niebuhr, Bürgermeister von Hamburg, verheiratet mit einer Tochter Wetken: F. Ge Buek, Die hamburgischen Oberalten, ihre bürgerliche Wirksamkeit und ihre Familien, 1857, S. 101
  17. Wilhelm Sillem: Wetken. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 42, Duncker & Humblot, Leipzig 1897, S. 231–238., Band 42 (1897), S. 231–238; Wetken selbst war mit einer Tochter des Hamburger Bürgermeisters Johann von Spreckelsen verheiratet.