Kabinett Szydło

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Ministerpräsidentin Beata Szydło, 2016

Das Kabinett Szydło bildete infolge der Parlamentswahl im Oktober 2015 vom 16. November 2015 bis zum 11. Dezember 2017 unter der Leitung von Beata Szydło die Regierung der Republik Polen.

Regierungsparteien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die rechten Parteien Prawo i Sprawiedliwość, Solidarna Polska und Polska Razem sind zusammen angetreten, wobei alle Kandidaturen unter der Wahlliste der PiS erfolgten. Diese Übereinkunft zum gemeinsamen Auftreten bei der Parlamentswahl trafen die jeweiligen Parteivorsitzenden Jarosław Kaczyński, Zbigniew Ziobro sowie Jarosław Gowin bereits im Sommer 2014.[1] Jarosław Gowin trat im August 2021 nach einem Verwürfnis mit der PiS aufgrund eines umstrittenen neuen Rundfunkgesetzes, welches er ablehnt, aus dem Kabinett aus.[2] Die PiS-Vereinigung erreichte die absolute Mehrheit im Sejm (Unterhaus) sowie im Senat (Oberhaus), folglich war keine Koalition mit einer anderen wahlwerbenden Partei notwendig. Im November 2017 gründete Gowin die um andere konservativ-liberale Kreise erweiterte Partei Porozumienie, die seitdem die Vorgängerpartei Polska Razem innerhalb des Regierungslagers ersetzt.

Die 227 von 460 erreichten Mandate im Sejm sind den drei Wahlsiegern1 wie folgt zuzuordnen:

Partei Ausrichtung Abgeordnete Kabinettsmitglieder Parteichef
Prawo i Sprawiedliwość (PiS)
Recht und Gerechtigkeit
konservativ,
nationalkonservativ
217/227
19 Jarosław Kaczyński
Solidarna Polska (SP)
Solidarisches Polen
nationalkonservativ,
EU-skeptisch
9/227
2 Zbigniew Ziobro

Erläuterung:1 Ein weiterer Sitz entfällt auf die Prawica Rzeczypospolitej, dessen Abgeordneter jedoch fraktionslos geblieben ist.

Zusammensetzung des Ministerrats[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Position Ministerium/Amt Name Partei Amtsantritt Amtsabtritt
Ministerpräsidentin Beata Szydło PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Vize-Ministerpräsident Kultur und nationales Erbe Piotr Gliński PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Vize-Ministerpräsident Jarosław Gowin P 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Vize-Ministerpräsident Wirtschaftliche Entwicklung Mateusz Morawiecki PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Finanzen 28. Sept. 2016
Minister Finanzen Paweł Szałamacha PiS 16. Nov. 2015 28. Sept. 2016
Minister Verteidigung Antoni Macierewicz PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Minister Äußeres Witold Waszczykowski PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Minister Inneres und Verwaltung Mariusz Błaszczak PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Minister Justiz Zbigniew Ziobro SP 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Generalstaatsanwalt 4. März 2016
Minister Meereswirtschaft und Binnenschifffahrt Marek Gróbarczyk PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Minister Staatsvermögen Dawid Jackiewicz PiS 16. Nov. 2015 15. Sept. 2016[3]
Minister Leiter des ständigen Ausschusses des Ministerrates Henryk Kowalczyk PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Ministerin Digitalisierung Anna Streżyńska parteilos 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Minister Energie Krzysztof Tchórzewski PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Ministerin (ohne Geschäftsbereich) Elżbieta Witek PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Ministerin Nationale Bildung Anna Zalewska PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Minister Infrastruktur und Bau Andrzej Adamczyk PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Ministerin Familie, Arbeit und Soziales Elżbieta Rafalska PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Minister Umwelt Jan Szyszko PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Minister Landwirtschaft und ländliche Entwicklung Krzysztof Jurgiel PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Minister (ohne Geschäftsbereich) Koordinator der Geheimdienste Mariusz Kamiński PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Ministerin (ohne Geschäftsbereich) Kanzleileiterin Beata Kempa SP 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Minister Sport und Tourismus Witold Bańka PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017
Minister Gesundheitswesen Konstanty Radziwiłł PiS 16. Nov. 2015 11. Dez. 2017

Mediale Reaktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Präsentation der Regierung

Polnische Medien thematisierten stark die Ernennung von Antoni Macierewicz zum Verteidigungsminister, einerseits, weil er eine kontroverse Persönlichkeit darstellt, andererseits, weil Szydło zuvor mehrmals angekündigt hatte, den gemäßigten Jarosław Gowin auf diesen Posten zu setzen. Der Tagesspiegel kritisierte den neuen Verteidigungsminister als „überaus umstrittenen“ Politiker. Zwar betonte die Zeitung, dass Macierewicz in der Zeit des Kommunismus eine „glänzende Dissidentenkarriere“ hinter sich gehabt habe, jedoch ab 1992 mehrere Kontroversen auslöste. So hatte Macierewicz Lech Wałęsa der Stasi-Mitarbeit bezichtigt, was damals die ganze Regierung zum Sturz brachte. Des Weiteren soll er 2002 bei Radio Maryja die gefälschten Protokolle der Weisen von Zion als interessant und „teilweise mit der Wahrheit übereinstimmend“ bezeichnet haben. Der Sprecher Macierewiczs nannte diese Anschuldigungen eine Lüge und forderte daraufhin Entschuldigungen.[4][5]

Positiv fasste die linksliberale Gazeta Wyborcza den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Bank Zachodni WBK und amtierenden Entwicklungsminister Mateusz Morawiecki auf und beschrieb ihn mit den Worten „Vom Revolutionär zum Millionär und Vizepremier“. Der Bürgermeister von Wrocław Rafał Dutkiewicz beschrieb Morawiecki als Fachmann. Nach dem Systemwechsel habe er sich beispielsweise mit der Veröffentlichung von Mitarbeitern der Służba Bezpieczeństwa profiliert.[6]

Die Welt am Sonntag berichtete, die Regierung baue unter Szydło in den ersten Monaten ihrer Amtszeit das Land zu einem autoritären Staat um.[7] In der Folge kam es immer wieder zu Protesten gegen die Politik der Regierung. Einen Höhepunkt stellte die Selbstverbrennung von Piotr Szczęsny dar, der Szydło und der PiS unter anderem vorwarf, Bürgerrechte einzuschränken, die Verfassung zu brechen und die unabhängige Justiz zu zerstören. Er übergoss sich mit einer brennbaren Flüssigkeit vor dem Kulturpalast und setzte sich selbst in Flammen, was aufgrund der schweren Verletzungen zehn Tage danach zu seinem Tod und zu zahlreichen Manifestationen im ganzen Land führte.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jarosław Kaczyński podpisał porozumienie ze Zbigniewem Ziobro i Jarosławem Gowinem. In: wiadomosci.wp.pl. 19. Juli 2014, abgerufen am 3. Juni 2015 (polnisch).
  2. Florian Hassel: Regierung in Polen zerbricht: Gowin tritt aus. In: sueddeutsche.de. Abgerufen am 13. August 2021.
  3. Dawid Jackiewicz zdymisjonowany. Do końca roku Ministerstwo Skarbu zostanie rozwiązane. In: Newsweek. 15. September 2016, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. September 2016; abgerufen am 15. September 2016 (polnisch).
  4. Der neue Verteidigungsminister und die jüdische Weltverschwörung. In: tagesspiegel.de. 13. November 2015, abgerufen am 17. November 2015.
  5. Antoni Macierewicz na celowniku izraelskich mediów. Za Protokoły Mędrców Syjonu. In: wp.pl. 12. November 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 15. November 2015; abgerufen am 17. November 2015 (polnisch).
  6. Mateusz Morawiecki - od rewolucjonisty do milionera i wicepremiera. In: wyborcza.pl. 12. November 2015, abgerufen am 17. November 2015 (polnisch).
  7. Wenn eine Regierung durchdreht. Welt am Sonntag, 20. Dezember 2015, abgerufen am 20. Dezember 2015.
VorgängerAmtNachfolger
Kabinett KopaczRegierung der Republik Polen
16. November 2015 – 11. Dezember 2017
Kabinett Morawiecki I