Karl Löwenberg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Karl Löwenberg mit seiner Ehefrau Hilde auf einer Ranch in Ecuador (vermutlich in den späten 1940er/frühen 1950er Jahren)

Karl Löwenberg (auch: Carl Loewenberg; * 21. Januar 1896 in Düsseldorf; † 14. Oktober 1975 in Hamburg) war ein deutscher Theaterregisseur. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 erhielt er kein Engagement mehr und emigrierte. Er ging zunächst nach Italien und von dort aus 1939 weiter nach Ecuador, wo er in Quito Gründer und künstlerischer Leiter des deutschsprachigen Emigrantentheaters Kammerspiele war. Diese waren zusammen mit der Freien Deutschen Bühne in Buenos Aires und der Theatergruppe Die Komödie in Montevideo die bekanntesten deutschsprachigen Emigrantentheater in Südamerika. Karl Löwenberg kehrte in den 1950er Jahren nach Deutschland zurück und lebte zuletzt in Hamburg.

Leben und Wirken bis 1933[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl Löwenberg war der Sohn des Fabrikanten Moritz Löwenberg (* 25. September 1852 in Czersk im Kreis Schwetz – 14. Oktober 1912 in Düsseldorf) und Clementine (geborene Calmer, * 22. November 1865 in Düsseldorf – Todesdatum unbekannt), beide Mitglieder der israelitischen Religionsgemeinschaft. Er hatte die zwei Geschwister Alice Löwenberg (* 25. August 1890 in Elberfeld – † 19. September 1938 in Gardone Riviera) und Else Irma Löwenberg (* 3. Oktober 1891 in Düsseldorf).[1] Die Familie Löwenberg übersiedelte 1890 von Elberfeld nach Düsseldorf.[1] Im Adressbucheintrag von 1910 ist ersichtlich, dass Moritz Löwenberg als Fabrikant eine „mechanische Weberei“ betrieben hatte.

Zu seiner künstlerischen Laufbahn ist bekannt,[2] dass er in der Spielzeit 1920/1921 sein erstes Engagement als Regisseur und Schauspieler in Bamberg hatte.[3] In der Spielzeit 1921/1923 wirkte er als Oberspielleiter am Theater Bonn, in der Spielzeit 1923/1924 als Regisseur und Dramaturg am Stadttheater Hamburg und in der Spielzeit 1924/1925 als Oberspielleiter und Dramaturg am Stadttheater Lübeck. Laut Melderegister der Stadt Darmstadt haben Karl Löwenberg und die Schauspielerin Hildegard (Hilde) Stefanie Paula Freiin von Zedtwitz (* am 29. Oktober 1899 in Ungarn – † 29. Januar 1988 in Tegucigalpa) am 11. Juni 1925 in Lübeck geheiratet.[4]

Es folgte ein Engagement als Spielleiter am Landestheater Darmstadt (Spielzeit 1925/1926). In Darmstadt wurde der der einzige Sohn des Paares, Wolfgang Georg Johann geboren (* 31. Januar 1926 in Darmstadt – † 11. Februar 1998 in Tegucigalpa). Im Zeitraum 1926/1928 hielt sich die Familie Löwenberg in Stuttgart auf, über die Tätigkeit in dieser Zeit ist nichts bekannt. In der Spielzeit 1928/1930 war Löwenberg am Theater Erfurt tätig.

Für den Zeitraum von 1930 bis 1933 liefert das Biographische Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 keine präzisen Angaben. Im Anschluss an Löwenbergs Engagement in Erfurt heißt es: „daneben auch Berlin u. Frankfurt a. M. (Deutsches Schauspielhaus, dort Assistent → Alwin Kronachers“). Kronacher war 1929 zum Intendanten des Schauspiels Frankfurt berufen worden. Albert Richard Mohr schrieb in Bezug auf die Frankfurter Römerberg-Festspiele von 1932: „Wie aus der Presse hervorgeht, hatten Intendant Alwin Kronacher und sein Assistent Karl Löwenberg, verantwortlich für die Massenszenen, mit der zweiten Inszenierung auf dem Römerberg durchschlagenden Erfolg.“[5]

Gastregisseur beim Kulturbund Deutscher Juden ab 1933[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Juni 1933 wurde in Berlin der Kulturbund Deutscher Juden „als Gegenreaktion auf den Ausschluss der Künstler und Intellektuellen mit jüdischen Wurzeln aus dem staatlichen deutschen Kulturleben“ gegründet.[6] Ziel war es, den ausgegrenzten jüdischen Kulturschaffenden eine Auftrittsmöglichkeit zu bieten und dem jüdischen Publikum die Teilhabe am kulturellen Leben zu ermöglichen.[6] Den Verantwortlichen des Kulturbundes gelang es in kürzester Zeit, eine effiziente Organisation aufzubauen und ein anspruchsvolles Programm zusammenzustellen. Bereits am 1. Oktober 1933 fand unter der Regie von Löwenberg im voll besetzten Berliner Theater die Premiere von Gotthold Ephraim Lessings Schauspiel Nathan der Weise statt.[6] Die Jüdische Rundschau schrieb: „Der Regisseur Dr. Karl Löwenberg hat die jüdische Note, die früher häufig zu kurz kam, unterstrichen. Man hat dabei freilich manche überlieferte Vorstellung von Nathans Wesen aufgeben müssen.“ Die CV-Zeitung schrieb hingegen: „Woher aber kam der Regieeinfall, an den Schluß des Ganzen einen wuchtigen, tragischen Akzent zu setzen? Warum läßt der Regisseur Nathan, nachdem der Familienring im Hause Saladins geschlossen ist, in die Einsamkeit wanken, wie ein Zusammengebrochener, so daß man das Schlimmste für ihn befürchten muß? Sollte diese Nuance wirklich dem Lebensgefühl des weisen Nathans, seiner heiteren, fest in Gott ruhenden Resignation entsprechen, die er sich unter den furchtbarsten Schicksalsschlägen bewahrt hat?“[7]

Das Stück wurde im Oktober 1933 insgesamt zehn Mal in Berlin aufgeführt und ging dann auf Tournee. Im November 1933 fanden zwei Aufführungen im Komödienhaus in Dresden statt; es folgten (vermutlich in den ersten Monaten des Jahres 1934) zwei Aufführungen im Neuen Theater in Frankfurt am Main und weiteren in Breslau und Gleiwitz.[8] Im Februar 1934 wurde das Werk erneut zweimal in Berlin aufgeführt.[9]

Emigration nach Italien und Ecuador[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hilde Löwenberg und Sohn Wolfgang um 1939/1940 in Ecuador

1934 emigrierte Löwenberg mit seiner Familie[10] nach Italien, wo sich bereits seine Schwester Alice mit ihrer Tochter aufhielt. Indirekt gibt es einen Hinweis darauf, dass Karl Löwenberg Alice Jacobi bei der Gründung ihrer Schule am Gardasee in Gardone Riviera unterstützte. Der Hamburger Pädagoge Fritz C. Neumann, der unter den Nationalsozialisten Berufsverbot hatte, berichtete in seinen Memoirs davon, dass ihn Anfang 1935 ein Brief aus Italien erreicht habe. Ein ihm unbekannter „Herr Löwenberg“ ließ ihn darin wissen, dass seine Schwester Alice Jacobi plane, in Gardone Riviera ein Internat für jüdische Kinder aus Deutschland zu eröffnen. Für eine Stelle dort sei er, Fritz C. Neumann, von dem inzwischen in der Schweiz lebenden Paul Geheeb vorgeschlagen worden.[11] Weitere Belege über Löwenbergs Aktivitäten in Italien sind nicht bekannt.

Nach dem 1938 in Italien verabschiedeten Rassengesetz war absehbar, dass ein Aufenthalt für die Familie Löwenberg nur noch übergangsweise möglich war. Alice starb im September 1938,[12] Löwenberg reiste 1939 mit seiner Familie und seiner Nichte aus Italien aus.[13]

Im März 1939 traf Löwenberg in Ecuador ein.[14] Trotz der relativ geringen Zahl an Emigranten pflegten diese in Quito ein reichhaltiges Vereinswesen, das religiöse Gruppierungen ebenso umfasste wie weltlich-politische. Nach Kreuter bildete die Jüdische Gemeinde die größte Gruppe unter den Flüchtlingen.[15] Im Spannungsfeld zwischen den religiösen und politischen Emigrantenmillieus bewegte sich auch Löwenberg. Er war seit 1943 Mitglied des Movimiento,[16] dessen Kulturabteilung von Alfred Graf geführt wurde,[17] aber einen ersten Vortrag über seine Absicht, in Quito ein Theater zu gründen, hielt er bereits am 6. August 1942 als Veranstaltung der Beneficencia.[18] Nach Maria-Luise Kreuter waren Löwenberg und sein Theater „ein kulturelles Bindeglied zwischen verschiedenen Immigrantengruppen [..]. Hier spielten nicht nur Deutsche mit, und Akteure wie Zuschauer kamen sozusagen aus zwei ›Lagern‹, dem der Jüdischen Gemeinde und dem der politischen Vereinigungen.“[19]

Deutschsprachiges Emigrantentheater in Ecuador[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl Löwenberg entwickelte in Ecuador Theater-Aktivitäten, die 1943 mit der Aufführung eines Einakters von Hugo von Hofmannsthal durch die Gruppe Das Spiel begannen. Die drei Rollen in dem Stück von Hofmannsthal spielten Hildegard Löwenberg, Huberta Reuscher-Heimann und Karl Löwenberg; in dem Schnitzler-Stück traten ausschließlich Laienschauspieler auf.[20] Parallel dazu fand offenbar hinter den Kulissen ein Umstrukturierungs- und Klärungsprozess statt, aus dem ein neues Theater unter der Bezeichnung Kammerspiele Quito. Freies Unabhängiges Theater hervorging. Ab 1946 führte die Theatergruppe Stücke in spanischer Sprache auf und nannte sich in Teatro de Camara um.

Hamburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grabstätte auf dem Friedhof Ohlsdorf im Planquadrat Bl 61

Löwenbergs Bemühungen um ein „modernes Theater im europäischen Stil in Quito“ blieb kein langfristiger Erfolg beschieden.[21] Die Ehe mit Hilde Löwenberg wurde geschieden. Nach der Trennung übersiedelte Hilde Löwenberg zusammen mit dem gemeinsamen Sohn Georg Wolfgang nach Honduras, wo sie auch starb und wo heute zahlreiche Nachkommen der Familie Löwenberg leben. Sowohl für der Grund für Löwenbergs Weggang aus Ecuador als auch über sein Wirken in Hamburg ist nichts bekannt. Kreuter stützt sich bei ihren Ausführungen über das Teatro de Camara auf dessen Spielpläne bis zum Jahre 1956, was nahelegt, dass sich Karl Löwenberg zu dieser Zeit auch noch in Ecuador aufgehalten hat.

Karl Löwenberg heiratete am 19. Februar 1969 Wilma Elma Anna Gatzke (1916–2001). Er verstarb 79-jährig und wurde auf dem Friedhof Ohlsdorf beigesetzt. Die Grabstätte liegt nordwestlich von Kapelle 12.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Maria-Luise Kreuter: Ecuador, in: Claus-Dieter Krohn, Patrik von zur Mühlen, Gerhard Paul, Lutz Winkler (Hrsg.): Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933–1945. Sonderausgabe, 2., unveränderte Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2008, ISBN 978-3-534-21999-5, S. 208–212.
  • Fritz Pohle: Emigrationstheater in Südamerika abseits der „Freien Deutschen Bühne“, Buenos Aires, Schriftenreihe des P.-Walter-Jacob-Archivs, Nr. 2, Hamburg, 1989, ISBN 978-3-9802151-0-7.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Stadtarchiv der Stadt Wuppertal: Schriftliche Auskunft vom 23. April 2019; Stadtarchiv der Landeshauptstadt Düsseldorf, Schriftliche Auskunft vom 18. Juni 2019
  2. Die nachfolgenden Stationen seiner Theatertätigkeiten folgen der Darstellung im Biographischen Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 (siehe Quellen)
  3. Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933
  4. Stadtarchiv Darmstadt: Bestand ST 12/18, Ältere Melderegister, Nr. 593–595
  5. Albert Richard Mohr: Das Frankfurter Schauspiel 1929–1944. Eine Dokumentation zur Theatergeschichte mit zeitgenössischen Berichten und Bildern, Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main, 1974, ISBN 978-3-7829-0153-6, S. 59
  6. a b c Gabriele Fritsch-Vivié: Gegen alle Widerstände, S. 11
  7. Zitiert nach Monatsblätter, Heft 2 (1933), S. 10–12
  8. Der Kulturbund auf Reisen, in: Monatsblätter, Heft 5 (1934), S. 20–21
  9. Monatsblätter, Heft 1 (1934), S. 10
  10. Frithjof Trapp (Hrsg.): Biographisches Lexikon der Theaterkünstler
  11. Fritz C. Neumann: Memoirs of a contemporary, unveröffentlichtes Manuskript in englischer Sprache, ediert von Lisel Mueller, Libertiville, 1965, S. 192. Eine Kopie des Manuskripts wurde freundlicherweise zur Verfügung gestellt von der Bibliothek des German Historical Institute in Washington.
  12. Schriftliche Mitteilung ihrer in Perth lebenden Enkeltochter Madeleine Ausbruch vom 19. April 2019
  13. CITTA’ DI GARDONE RIVIERA, Servizi Demografici: Auskunft über Meldedaten der Familien Jacobi & Löwenberg vom 22. Februar 1919
  14. Maria-Luise Kreuter: Wo liegt Ecuador?, S. 251
  15. Mit ihr und ihren Nachkommen beschäftigt sich Eva Zeligs Dokumentarfilm AN UNKNOWN COUNTRY aus dem Jahre 2015 (in englischer Sprache). Hintergrundmaterial zu dem Film ist zu finden auf der Website An Unknown Country. Telling the story of European Jews who escaped Nazi persecution to find refuge in an unlikely destination.
  16. Maria-Luise Kreuter: Wo liegt Ecuador?, S. 252. Laut einer Mitteilung des Archivs der sozialen Demokratie vom 8. Mai 2019 befinden sich in deren Besitz die Beitrittserklärungen von Karl und Hilde Löwenberg zum Movimiento aus dem Jahre 1943.
  17. Maria-Luise Kreuter: Wo liegt Ecuador?, S. 231
  18. Maria-Luise Kreuter: Wo liegt Ecuador?, S. 235
  19. Maria-Luise Kreuter: Wo liegt Ecuador?, S. 230
  20. Zitiert nach Maria-Luise Kreuter: Wo liegt Ecuador?, S. 252
  21. Maria-Luise Kreuter: Wo liegt Ecuador?, S. 265