Karl May (Film)

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Film
Titel Karl May
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1974
Länge 187 (TV-Fassung, zwei Teile) 135 (gekürzte Kinofassung) Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Hans-Jürgen Syberberg
Drehbuch Hans-Jürgen Syberberg
Produktion Hans-Jürgen Syberberg
Musik Gustav Mahler
Frédéric Chopin
Franz Liszt
Johann Sebastian Bach
Charles Gounod
Kamera Dietrich Lohmann
Schnitt Ingrid Broszat
Annette Dorn
Besetzung

Karl May ist eine prominent besetzte, deutsche Filmbiografie aus dem Jahre 1974 von Hans-Jürgen Syberberg. Die Titelrolle spielt Helmut Käutner.

Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Film spielt in Deutschland zur Jahrhundertwende (d. h. um 1900). Der Schriftsteller Karl May plant eine Weltreise. In Schulen berichtet er von seinen angeblichen, bisherigen Reisen durch den amerikanischen Kontinent und den Orient. Stets nimmt er für sich in Anspruch, all die von ihm niedergeschriebenen Abenteuer selbst erlebt zu haben. Seine Popularität hat so ungeahnte Höhen erreicht, zahlreiche Fanbriefe erreichen ihn von Menschen, die er mit seinen Erzählungen begeistert hat. Probleme bekommt May aber vor allem mit Pauline Münchmeyer, der Witwe des Verlegers Heinrich Gotthold Münchmeyer, und dem radikalen Journalisten Rudolf Lebius, der ihn massiv bekämpft, verleumdet und dessen Schriften auf den Index setzen will.

May beginnt trotzdem seine Weltreise, die ihn nach Kairo über Indien nach Ceylon und Sumatra führen soll. Ansichtskarten an Verleger und Freunde sollen beweisen, dass er tatsächlich diese Orte besucht hat. Doch es hilft alles nichts – man hält ihn für einen Aufschneider und Lügner. Man bezichtigt May, die in seinen Schriften erzählten Abenteuer nicht selbst erlebt zu haben, sondern anderweitig abgekupfert zu haben. Darüber hinaus wird aufgedeckt, dass May Texte unter Pseudonym geschrieben hat. Neben Lebius erweist sich Witwe Münchmeyer, die in dieser Angelegenheit besonders rührig ist, als treibende Kraft. Als May die Vorwürfe aus der Heimat erreichen, bricht er seine Weltreise ab. Doch der Verleger Fischer weiß von Mays unter Pseudonym verfassten Kolportagen und versucht, den sächsischen Autor unter Druck zu setzen. Eine Prozesslawine beginnt.

Lebius setzt indessen alles daran, Karl Mays Reputation vollkommen zu vernichten, indem er dessen Vergangenheit offenzulegen versucht. In einem Prozess unterliegt Lebius, doch er lässt in seinem Kampf gegen May nicht locker. In einer Reihe von Prozessen wird Mays Vergangenheit im Detail ans Tageslicht gezerrt und gegen ihn verwendet. Auch privat gerät Mays Leben in schwere Turbulenzen. Er lässt sich von seiner Frau Emma scheiden, um seine Sekretärin Klara Plöhn zu heiraten. Emma ist auch eine Jugendfreundin Pauline Münchmeyers, mit der sie sich nun im Kampf gegen ihren Ex-Ehemann verbündet. Infolge der Prozesse kommt es zu Hausdurchsuchungen bei May, bei denen Mays Testament sowie Verträge und Quittungen ans Tageslicht gebracht werden.

Zwischen den einzelnen Prozessen schreibt May ein neues Buch mit dem programmatischen Titel Et in terra pax (Und Friede auf Erden). Doch der Verleger, der eine nationale und kolonialistische Geschichte zum Ruhme Deutschlands im Sinn hat, ist mit dem Werk überaus unzufrieden. Er lässt es von einem anonym bleibenden Koautoren zu Ende schreiben. Mit dem Maler Sascha Schneider verbindet May eine besondere Freundschaft. May fühlt sich mit ihm geistesverwandt, und dieser malt die Titelbilder seiner Bücher. Nach vielen Jahren gewinnt May seine Prozesse, und sein ärgster Feind, Rudolf Lebius, wird Ende 1911 verurteilt. Kurz vor seinem Tod hält May im Wiener Sophiensaal einen Vortrag mit dem Titel „Empor ins Reich der Edelmenschen“. Die Zuschauer sind begeistert, unter ihnen auch ein gewisser Adolf Hitler. Wenig später stirbt May in seiner sächsischen Heimat.

Produktionsnotizen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl May wurde vom 4. April bis zum 17. Mai 1974 in Wien gedreht und am 18. Oktober 1974 in München uraufgeführt.

Der Film erhielt das Prädikat besonders wertvoll. Im Fernsehen lief Karl May in zwei Teilen. Teil 1 lief mit dem Untertitel Bloody Dark Grounds, Teil 2 Die Seele ist ein weites Land, in das wir fliehen.

In Karl May wird eine Schar von ehemaligen UFA-Stars und anderen Top-Interpreten des reichsdeutschen Films bis 1945 aufgeboten, wie sie der deutsche Film nie zuvor und nie danach aufwies. Neben Helmut Käutner wirken legendäre Mimen mit mehreren hundert Jahren Bühnen- und Filmerfahrungen mit wie Lil Dagover, Käthe Gold, Kristina Söderbaum, Rudolf Fernau, Mady Rahl, Attila Hörbiger und Rudolf Prack.

Nino Borghi entwarf die eindrucksvollen Belle-Epoque-Filmbauten, für die er mit einem Filmband in Gold ausgezeichnet wurde. Die baulichen Ausführungen übernahm Syberberg selbst. Theo Nischwitz sorgte für die optischen Spezialeffekte. Bernd Eichinger war Produktionsleiter des Films.

Die Gesamtkosten beliefen sich auf 1,1 Mio. DM, von denen das coproduzierende ZDF 700.000 DM beisteuerte.[1]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Spiegel sezierte Syberbergs ausladende Inszenierung in seiner Ausgabe 38 vom 16. September 1974 auf Seite 131 im Detail: „Sein "Karl May", genüßlich auf drei Stunden ausgeweitet, soll etwas ganz anderes bieten: eine Art Traumspiel um des Dichters Psyche, in der Syberberg, zu Recht wohl, eine Relaisstation der deutschen Volksseele vermutet. Ein deutsches National-Melodrama, ein May-gerechtes, das soll es sein. Und daß er dabei mit Veteranen aus ferner Ufa-Zeit aufwartet […] das zeugt einfach nur von Syberbergs Cineasten-Logik. Denn immerhin, meint er, sei Karl May ja ein Ahnherr der Ufa und seine Biographie ohnedies "ein richtiger Ufa-Stoff" gewesen -- deshalb auch die Anklänge an Großdeutschlands "Robert Koch"-Kunst: hohl dröhnend das Pathos im Gerichtssaal, prophetisch die Worte zur "Préludes"-Fanfare, artfremd böhmelnd der Böse, diesmal freilich ein Frühfaschist, der gegen "dieses Geschwür" Karl May, "dieses Gift für das deutsche Volk" hechelt. Syberberg liebt solche Anleihen, er kopiert, parodiert und zitiert, er nimmt sich heraus, was er grad braucht. Auch vom Panoptikum profitiert er gern, vom "archaischen Kino, das wie Karl May vom Jahrmarkt kam". Und smart setzt er den Orientreisenden May in ein Kintopp-gerechtes "Traum-Stambul", in ein vergilbtes Atelier-Paradies.“[2]

Kay Wenigers Das große Personenlexikon des Films sah in Syberbergs Opus „ein sperriges, drei Stunden langes Porträt des umstrittenen Volkspoeten“ und empfand den Film als „eine überaus zähe und langatmige Lektion über geschichtliche und gesellschaftliche Zusammenhänge. Doch statt, wie intendiert, wilhelminischen Muff zu decouvrieren und über die Person Mays Einsichten in das deutsche Seelen- und Gefühlsleben und seine Definitionen von Deutschtum zu gewähren, ergab sich Syberberg in langatmigem Pathos und wirkte somit kontraproduktiv gegenüber seinen eigenen Intentionen“.[3]

Das Lexikon des Internationalen Films urteilte: „Zum mythisch gefärbten Seelendrama hochstilisierter Film, der den Heldenmythos von Karl Mays berühmten Romanfiguren aus seinem eigenen Läuterungsprozeß entwickelt und sich und sein Werk als Botschaft national deutscher Ideale und Seelenträume der Menschheit versteht. Von Syberberg mit kritischer Ironie gegen den wilhelminischen Zeitgeist als aufwendige Unterhaltung inszeniert und mit einem imposanten Schauspielerensemble interessant besetzt.“[4]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. lt. Der Spiegel vom 16. September 1974, S. 131
  2. Karl May in Der Spiegel
  3. Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 7: R – T. Robert Ryan – Lily Tomlin. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 573.
  4. Klaus Brüne (Red.): Lexikon des Internationalen Films Band 4, S. 1967. Reinbek bei Hamburg 1987.