Karl Schenker

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Karl Schenker, auch Karol Schenker (geboren am 23. Oktober 1886 in Sereth, Bukowina, Österreich-Ungarn; gestorben am 18. August 1954 in London) war ein österreichischer Fotograf, Illustrator von Modezeitschriften und Maler. Der überwiegend in Berlin arbeitende jüdische Künstler musste 1938 aus Deutschland nach London emigrieren[1] und erhielt 1948 die britische Staatsbürgerschaft.

Das Kölner Museum Ludwig konnte 2014 rund 100 Fotografien aus dem Nachlass des Fotografen Hermann Koczyk aus Oschatz ankaufen[2] und widmete Karl Schenker 2016 eine viermonatige Retrospektive.[3]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl Schenker in Flieger-Kleidung (1919). Foto von Hermann Schieberth

Am 23. Oktober 1886 wurde Karol Schenker als Sohn des Steuerinspektors Jakob Schenker und Rosa Schenker (geb. Schleisberg) geboren. Nach dem Umzug der Familie nach Lemberg wurde Schenker um 1900 Mitglied der Freunde der Künstlerischen Fotografie und beteiligte sich seit 1904 regelmäßig an den Ausstellungen des Vereins. Bereits im Alter von 18 Jahren stellte er auf der Internationalen Allgemeinen Fotografie-Ausstellung für Amateurfotografie in Krakau seine Arbeiten aus. In der Kategorie Amateurfotografie wurde er mit einer Silbermedaille ausgezeichnet.[4]

Es wird angenommen, dass Schenker an der Technischen Universität Lemberg studiert hat.[4] Gemeinsam mit dem Fotografen Eduard Wasow betrieb er 1910 für einige Monate ein Fotoatelier in München, bevor er 1911 nach Berlin zog und am Kurfürstendamm 29 ein eigenes Atelier eröffnete. Karl Schenker arbeitete ab dieser Zeit für den Ullstein-Verlag, der in seiner Zeitschrift Die Dame regelmäßig seine Fotografien publizierte. Gleichzeitig fertigte er zahlreiche Porträtfotografien für Privatpersonen und Künstler an. Karl Schenker nahm regelmäßig an nationalen und internationalen Fotografieausstellungen teil, unter anderem 1913 am Londoner Salon of Photography und 1914 an der Kölner Werkbundausstellung. In seinem Atelier arbeiteten 1913 unter anderen die in Wien ansässigen Fotografen Madame d’Ora und Arthur Benda, bei denen er 1916 in Wien zu einem Arbeitsbesuch weilte. Im selben Jahr begann er die Lehrtätigkeit in seinem Atelier und im Berliner Lette-Verein. Zu seinen Schülern zählten der niederländische Fotograf Richard Polak und Toni Arens-Tepe.[4]

Am 16. März 1915 heiratete er die russische Chemikerin Olga Labenskaja, die er in den folgenden Jahren häufig porträtierte. Das Ehepaar ging nach wenigen Jahren getrennte Wege.

Karl Schenker war eines der Gründungsmitglieder der 1919 gegründeten Gesellschaft Deutscher Lichtbildner (GDL). Für die Ufa-Filme Bismarck und Fridericius Rex fertigte er begleitende Bildmappen mit Porträts an. 1920 zog er in ein komfortableres Atelier am Kurfürstendamm 6 um. Sein altes Studio übernahm die Malerin Jeanne Mammen, die hier bis zu ihrem Lebensende gewohnt und gearbeitet hat. Anfang der 1920er Jahre beteiligte sich Schenker an vielen renommierten Fotografieausstellungen, unter anderem an den jährlich stattfindenden Ausstellungen der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner, der Ausstellung Berliner Photographie und der Deutschen Gewerbeschau in München. In dieser Zeit porträtierte er auch Leni Riefenstahl, die damals am Kurfürstendamm in der Tanzschule Helene Grimm-Reiter unterrichtete. Das Porträt erschien als Titelseite der Zeitschrift Uhu am 1. Oktober 1924. Von 1922 bis 1924 arbeitete Eleonore Feininger, die Tochter von Lyonel Feininger und Clara Fürst als Schülerin in Schenkers Atelier.[4]

1923 lernte Schenker bei einer Auftragsarbeit die Wienerin Lilli Behrend kennen, die er kurze Zeit später heiratete. In diesen Jahren konzentrierte sich Schenker auf die Porträt- und Modefotografie. 1925 siedelte das Ehepaar nach New York über, und der Fotograf Mario von Bucovich übernahm Schenkers Berliner Fotoatelier. In Amerika arbeitete Schenker vorwiegend als Maler und Zeichner wieder unter seinem Geburtsnamen Karol Schenker. Auf einer ihm gewidmeten Ausstellung in den Gainsborough Galleries zeigte er einen Bildzyklus, der unter anderem Porträts von Enrico Caruso, Giacomo Puccini und Gerhart Hauptmann beinhaltete.[4]

Im November 1930 kehrte die Familie nach Berlin-Tiergarten zurück, und Schenker nahm die Arbeit für den Ullstein-Verlag wieder auf. Neben Modefotografien für die Zeitschrift Die Dame publizierte er auch wieder in dem Monatsmagazin Uhu. 1932 lernte er Ruth Elisabeth Engel kennen, die dann als Mitarbeiterin in seinem Atelier tätig war.

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wurde der Ullstein-Verlag „arisiert“ und die Zeitschrift Uhu bereits 1933 eingestellt. Für Karl Schenker wurde es schwieriger, seinen Lebensunterhalt in Berlin zu bestreiten. In der Zwischenzeit verwitwet, musste er nach London reisen, um am 10. Dezember 1936 Ruth Engel heiraten zu können, da dies in Deutschland zu dieser Zeit für den jüdischen Künstler nicht mehr möglich war. Am 15. Februar 1938 wurde Karl Schenker wegen „unvorschriftsmäßigen Verhaltens im öffentlichen (Straßen-) Verkehr“ aus dem Deutschen Reich ausgewiesen. Die Familie emigrierte nach London, wo er 1938 ein Fotoatelier für Mode-, Porträt- und Farbfotografie, Retusche, Zeichnung und Werbung eröffnete. Zu seinen Kunden zählten auch in London zahlreiche Prominente, unter anderen die Ralleyfahrerin Jaqueline Evans und der australische Premierminister John Curtin.[4]

Am 30. September 1948 wurde Karl Schenker die britische Staatsbürgerschaft verliehen. Am 18. August 1954 starb er im Londoner Putney Hospital in London Borough of Wandsworth.

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Frühwerk Karl Schenkers besteht hauptsächlich aus Damenporträts und Fotografien von Schauspielerinnen. Die häufig retuschierten Fotografien wurden von den Künstlerinnen und Künstleragenturen als sogenannte Starpostkarten und Autogrammkarten verwendet. Unter anderem porträtierte er Henny Porten, Fritzi Massary, Margit Barnay, Erna Morena, Wanda Treumann, Hansi Arnstädt, Lotte Neumann, Mia May, Dorit Weixler, Asta Nielsen und Lil Dagover sowie seine erste Frau Olga. Mitunter fotografierte er auch die Hunde seiner Kundinnen.[5] Die Zeichnungen Schenkers von dem Musiker Jascha Heifetz und dem Komponisten Giacomo Puccini werden heute in der Art Gallery of Ontario gezeigt. In den 1920er Jahren entwarf Schenker eine Kollektion von Wachsfigurenpuppen, die er künstlerisch als Kunst- und Modefiguren inszenierte und fotografierte.[6][7]

In New York widmete sich Schenker fast ausschließlich der Porträtmalerei.[4] Er zeichnete überwiegend Aristokraten, Künstler und Damen der Gesellschaft sowie seine zweite Frau Lilly. Nach seiner Rückkehr nach Berlin widmete er sich ab 1930 inszenierten Mode-, Werbe- und Porträtaufnahmen, die er als Photoregie-Arbeiten bezeichnete.[8] Er wurde von Kaufhäusern, unter anderem vom Kaufhaus Nathan Israel und Modejournalen gebucht, um Katalog- und Werbeaufnahmen zu erstellen. Auch nach seiner Emigration nach England arbeitete er auch in London wieder als Porträtfotograf und Maler.

Ausstellungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Internationale Allgemeine Fotografie-Ausstellung für Amateurfotografie, Krakau 1911, Silbermedaille
  • Internationale Ausstellung für Bildnis- und Figurenbild, Hamburg 1911
  • Allgemeine Deutsche Photografische Ausstellung, Heidelberg 1912, Ehrenpreis
  • The London Salon of Photography, London 1913
  • Deutsche Werkbund-Ausstellung, Köln 1914
  • Ausstellung künstlerische Photographie, Wien 1920
  • Einzelausstellung, Berlin 1920
  • Ausstellung der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner, Stuttgart 1920
  • Ausstellung Berliner Photographie, Kunstgewerbemuseum Berlin 1921
  • Ausstellung der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner, Leipzig 1922
  • Deutsche Gewerbeschau, München 1922
  • Ausstellung der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner, Madrid 1923
  • Ausstellung der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner, Weimar 1924
  • Ausstellung Photographie als Kunstwerk, Dresden 1924
  • L’arte nella fotografia, Turin, Mailand, Rom 1924
  • Paintings und Drawings by Karol Schenker, Einzelausstellung Gainsborough Galleries, New York 1927
  • War Portraits, London 1942

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schriften von Karl Schenker (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die neuen Wege der Bildnis-Photographie. In: »Die Dame« 43, 1/1915
  • Zwölf Bildnisaufnahmen aus der Cserépy-Filmtrilogie 'Fridericius Rex' , 1921
  • Zwölf Bildnisse aus dem Filmwerk 'Bismarck' , 1925
  • '… Bilder hab ich von mir…!' Zehn Fotografien aus dem Leben einer schönen Frau… Ein fotografischer Scherz' , »Uhu« 8, 6/1932
  • Photoregie, »Photografik«, 1935

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hermann Karl Frenzel: Karl Schenker. In: Gebrauchsgraphik, Jg. 8 (1931), Heft 8, S. 36–43 (Digitalisat).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Master of Beauty – Karl Schenkers mondäne Bildwelten (Memento vom 2. Dezember 2016 im Internet Archive), in art-magazin.de
  2. Miriam Halwani: Karl Schenker wiederentdecken. In: Karl Schenkers mondäne Bildwelten, hrsg. von Museum Ludwig, S. 10.
  3. Master of Beauty – Karl Schenkers mondäne Bildwelten (Memento vom 22. September 2016 im Internet Archive), Museum Ludwig, Köln, abgerufen am 24. November 2016.
  4. a b c d e f g Miriam Halwani: Karl Schenkers Mondäne Bildwelten, hrsg. Museum Ludwig. S. 203–205.
  5. Miriam Halwani: Karl Schenkers Mondäne Bildwelten, hrsg. Museum Ludwig. S. 55.
  6. Johanna Thal: Mannequins oder Wachspuppen? In: »Die Dame« 52, 23/1925, S. 6–9.
  7. Eckhardt Kühn: Inszenierte Mannequins oder Puppen. In: »Frankfurter Allgemeine Zeitung«, 2013, S. 4.
  8. Karl Schenker in »Photoregie« (Kodak Aktiengesellschaft), 6/1935, S. 1ff.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Joseph Roth: Karl Schenker-Ausstellung. In: »Neue Berliner Zeitung«, 18. November 1920
  • Fritz Stahl: Aufnahmen von Karl Schenker. In: »Deutsche Kunst und Dekoration«, Mai 1922
  • Max Osborn: Karl Schenker, der Maler und Fotograf. In: »Deutsche Kunst und Dekoration«, August 1924
  • Franz Blei: Zu Karl Schenkers Wachsfiguren. In: »Deutsche Kunst und Dekoration«, Januar 1926
  • Miriam Halwani (Hrsg.): Karl Schenkers mondäne Bildwelten, Walther König, Köln 2016, ISBN 978-3-96098-020-9. (Katalog zur Ausstellung im Museum Ludwig Köln, 2016)
  • Miriam Halwani: "... und dass um Gottes Willen mein Mann nichts davon erfährt!". Karl Schenker: Fotograf der Frauen. In: »Fotogeschichte« 37 (2017), Heft 143, S. 19–26.
  • Karl Schenker: Mode und Kosmetik, Kalender, Fotografien der ullstein bild collection, 2016
  • Karl Schenker: Akt und Portrait, Kalender, Fotografien der ullstein bild collection, 2016
  • Karl Schenker: Die Wachsfiguren, Kalender, Fotografien der ullstein bild collection, 2016

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Karl Schenker – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien