Kirche Ischdaggen

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Die Kirche in Ischdaggen (1938–1946: Branden) wurde 1737 aus Feldsteinen und Ziegeln errichtet und war bis 1945 evangelisches Gotteshaus im heute Lermontowo genannten Ort in der russischen Oblast Kaliningrad (Gebiet Königsberg (Preußen)). Heute stehen nur noch die Außenmauern der Kirche.

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Standort der Kirche ist abseits der Hauptstraße und etwas außerhalb des heutigen Ortes.

Bis 1945 gehörte der Ort zum Kreis Gumbinnen in der preußischen Provinz Ostpreußen. Heute ist er dem seit 2013 veränderten Stadtkreis Gussew (Gumbinnen) zugeordnet und war vorher eine „Siedlung“ (russisch: Possjolok) der Michailowskoje selskoje posselenije (Landgemeinde Michailowo (Eszerningken, 1936–1938 Escherningken, 1938–1946 Neupassau)).

Kirchengebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ruine der Ischdaggener Kirche

Eine erste Pfarrkirche in Ischdaggen wurde 1630–1633 von Insterburg (heute russisch: Tschernjachowsk) aus erbaut. Sie soll weiter nördlich und dem Dorfe nähergestanden haben. Bei der zweiten Kirche in Ischdaggen[1] handelt es sich ursprünglich um einen rechteckigen Bau aus Feldsteinen und Ziegeln mit einem halbrunden Chor. Sie wurde im Jahre 1737 errichtet. Das Gotteshaus, das nie einen Kirchturm hatte, brannte 1807 ab, wurde aber wieder aufgebaut[2].

Innen war die Kirche[3] mit einer flachen Holzdecke überspannt und durch Säulen gegliedert. Altar und Kanzel der alten Kirche vom beginnenden 17. Jahrhundert wurden in der neuen Kirche zu einem Kanzelaltar vereinigt. Der Altar hatte als Mittelbild eine Kreuzigungsgruppe, im Obergeschoss war die Grablegung dargestellt, in seiner Wirkung allerdings beeinträchtigt durch den Kanzelkorb.

Aus der Werkstatt des Kanzelaltars stammte auch ein Beichtstuhl. Die Orgel war ein 1833 geschaffenes Werk von Papendick aus Tilsit (heute russisch: Sowetsk). Die Glocken von 1831 und 1840 hingen im Dachstuhl.

Das Kirchengebäude kam nahezu unbeschädigt durch den Zweiten Weltkrieg, wurde danach jedoch durch Fremdnutzung stark in Mitleidenschaft gezogen[4]. Bis in die 1990er Jahre als Lagerhalle genutzt, steht sie seit 1996 leer, ein Blechanbau zeugt immer noch von der Verwendung für irgendwelche Produktionszwecke. Jetzt stehen nur noch die Außenmauern der Kirche, die Fenster auf der Südseite und die Chorfenster sind zugemauert, der Chor selbst ist durch ein provisorisches Dach gesichert. Die Sakristei, die auf der Nordseite halbkreisförmig angebaut war, ist zerstört, die Vorhalle erhalten[5]. Eine kirchliche Wiederbenutzung scheint völlig außer Betracht zu stehen.

Kirchengemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erst im Jahre 1633 wurde Ischdaggen ein Kirchdorf mit Gebäude, Gemeinde und einer Pfarrstelle[6]. Noch bis 1647 war es ein Filialort der Kirchengemeinde zu Nemmersdorf (heute russisch: Majakowskoje), die damals schon und bis 1945 wie dann auch Ischdaggen zum Kirchenkreis Gumbinnen (Gussew) in der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union gehörte. Bis zum Jahre 1874 wurden die Predigten in der Kirche in Ischdaggen auch in Litauisch gehalten.

Im Jahre 1925 gehörten zum Kirchspiel Ischdaggen 3.500 Gemeindeglieder, die in 24 Orten und Ortschaften lebten.

Aufgrund von Flucht und Vertreibung der einheimischen Bevölkerung im Zusammenhang mit dem Krieg kam das kirchliche Leben im heutigen Lermontowo zum Erliegen. Erst in den 1990er Jahren bildeten sich in der Oblast Kaliningrad wieder neue evangelisch-lutherische Gemeinden. Die Lermontowo am nächsten gelegene ist die der Salzburger Kirche in Gussew (Gumbinnen). Sie gehört zur Propstei Kaliningrad[7] der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland.

Kirchspielorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zum Kirchspiel der Kirche Ischdaggen gehörten (* = Schulorte)[8]:

Deutscher Name Name (1938–1946) Russischer Name Deutscher Name Name (1938–1946) Russischer Name
Berszienen seit 1936:
Berschienen
Lawrowo Laugallen Heubude Bugry
*Florkehmen Florhof Mirnoje Norbuden Poretschje
Groß Gaudischkehmen Großgauden Krasnopoljanskoje *Pendrinnen Pendersdorf Iwanowka
*Groß Wersmeningken Großstangenwald Sarja Purpesseln Auenhof Parkowoje,
jetzt: Podduby
*Ischdaggen Branden Lermontowo Purwienen Altweiler Stepnoje
Jodupchen Mittenfelde Apotschka *Rudupönen Ringfließ Piroschkowo
Jodszleidszen Altlinden Sabadszuhnen
1936–1938: Sabadschuhnen
Bergenbrück
*Kaimelau Mirnoje Schilleningken Kaimelskrug Cholmy
*Kampischkehmen Angereck Sinjawino Schlappacken Krausenbrück
Klein Gaudischkehmen Kleingauden Sarubino Semkuhnen Hohenwerder Beregowoje
Klein Wersmeningken Kleinstangenwald Uszupönen
1936–1938: Uschupönen
Moorhof Saretschje
*Kubbeln Podduby Wingeningken Vierhufen

Pfarrer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwischen 1633 und 1945 amtierten in Ischdaggen/Branden 19 evangelische Geistliche[9]:

  • Georg Beyer, bis 1647
  • Friedrich Aldus, 1647–1650
  • Theophilus Schultz, 1650–1662
  • Jacob Perkuhn d. Ä., 1662–1709
  • Jacob Perkuhn d. J., 1689–1690
  • Friedrich Perkuhn, 1694–1710
  • Peter Schönberg, 1710–1716
  • Michael Frank, 1716–1743
  • Reinhold Gottfried Krause, 1744–1758
  • Georg Friedrich Witte, 1758–1760
  • Christian Gottlieb Horn, 1760–1778
  • Friedrich E. Arnoldt, 1778–1805
  • Johann Friedrich Hohlfeld,
    1806–1829
  • Friedrich Kalau, 1829–1861
  • Johann Chr. Hennig, 1862–1877
  • Johann Friedrich Eckert, 1878–1903
  • Ernst Otto Schultz, 1903–1913
  • Heinrich Borowski, 1913–1934
  • Kurt Kohn, 1935–1945

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 2: Bilder ostpreussischer Kirchen, Göttingen, 1968, Seite 97, Abb. 407
  2. Lermontowo – Ischdaggen/Branden bei ostpreussen.net
  3. Branden (Ißdaggen/Ischdaggen – bis 1938) nach Boetticher, Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Ostpreußen, Königsberg 1895 – bei Kreisgemeinschaft Gumbinnen
  4. Кирха Ишдаггена - Die Kirche Ischdaggen bei prussia39.ru (mit Fotos aus alter und neuer Zeit)
  5. Lermontowo – Ischdaggen/Branden bei ostpreussen.net (wie oben), dort auch Fotos des heutigen Gebäudes
  6. Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 3: Dokumente, Göttingen, 1968, Seite 480
  7. Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad (Memento des Originals vom 29. August 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.propstei-kaliningrad.info
  8. Walther Hubatsch, Band 3 (wie oben)
  9. Friedwald Moeller: Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945. Hamburg 1968, Seite 57–58

Koordinaten: 54° 36′ N, 22° 3′ O