Kritisches Denken

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Mit der Wortkombination kritisches Denken (im Englischen critical thinking[1]) ist umgangssprachlich der faktengestützte Prozess des Nachdenkens gemeint, ohne sich von Gefühlen (Emotionen) oder Meinungen beeinflussen zu lassen.[2][3] Es geht dabei um die Anwendung logischer Prinzipien, strenger Beweisstandards und sorgfältiger Argumentation bei der Analyse und Diskussion von Informationen, Behauptungen, Überzeugungen, Problemen etc., um schließlich zu einem eigenen Urteil zu gelangen.[4][5] Der Begriff umfasst auch die Gesamtheit der Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kompetenzen, Methoden usw., die zum kritischen Denken gehören.[6]

Begriff und Methode[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff kommt ursprünglich aus dem angelsächsischen Bildungssystem und umfasst dort sowohl eigenständige didaktische Inhalte (z. B. systematisches Assoziieren) als auch fachliche Arbeitsweisen, und zwar durchgängig von der Grundschule bis zum Abschluss der Universität. Bekannt wurde das Trainingsmodell Reflection, Reasons, Alternatives (RRA):

  • Vermeide schnelle Urteile, akzeptiere nicht jede erste Idee, die dir in den Kopf kommt, oder das, was in den Medien präsentiert wird. Denke erst einmal darüber nach.
  • Frage nach: Woher wissen Sie das? Was ist der Grund dafür? Was ist Ihre Informationsquelle?
  • Suche gezielt nach alternativen Hypothesen, Erklärungen und Ursachen, nach alternativen Plänen und Lösungen.

Nach Peter Facione[7] umfasst kritisches Denken die „bewusste, selbstregulative Urteilsbildung, die Interpretation, Analyse, Bewertung und Schlussfolgerung beinhaltet“. Wichtig dafür ist vor allem die Fähigkeit, selbstständig und ohne Kognitive Verzerrung (bias) nachzuforschen, also ohne Informationen zu bevorzugen, die der eigenen Meinung entsprechen (confirmation bias), und ohne Gegenpositionen abzuwerten (myside bias).

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im kritischen Denken wird der Unterschied zwischen Wissenschaftlern und Laien fließend. Die Vorstellung der "Men as scientists" geht davon aus, dass Menschen in ihrem Bemühen, Irrtümer zu vermeiden, spontan die gleichen Denkwege wie Wissenschaftler einschlagen, nur eben weniger ausgearbeitet. Umgekehrt seien wissenschaftliche Ergebnisse sozusagen geronnenes wissenschaftliches Denken, das sie erschaffen hat, aber insofern auch beschränkt. Einer der Paten des Gedankens ist John Dewey, der in seinem Buch Democracy and Education: an introduction to the philosophy of education (dt. Demokratie und Erziehung) aus dem Jahr 1916 die Rolle des Bürgers in seiner Fähigkeit zu kritischer Partizipation begründet sieht.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jonas Pfister: Kritisches Denken. Stuttgart: Reclam 2020.
  • Stiftung für Kritisches Denken: Deutscher Leitfaden unter criticalthinking.org (PDF).
  • Bernhard Kraak: Erziehung zum Kritischen Denken. In: Pädagogisches Handeln. Heft 1 2000.
  • Hermann Astleitner: Kritisches Denken: Basisqualifikation für Lehrer und Ausbilder. Innsbruck: Studien Verlag 1998.
  • Aurelio Peiccei [Hrsg.]: Das menschliche Dilemma, Zukunft und Lernen. Bericht für den Club of Rome. Wien: Molden 1979. ISBN 978-3217010406.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wolfgang J. Koschnick: Standardwörterbuch für die Sozialwissenschaften/ Standard Dictionary of the Social Sciences. Band 2 Teil 1 A-L/ Volume 2 Part 1 A-L. K. G. Saur, München - London - New York - Paris 1992, ISBN 3-598-10527-4, S. 697.
  2. critical thinking. In: Cambridge Dictionary. Abgerufen am 5. März 2024 (englisch).
  3. critical thinking. In: Dictionary.com. Abgerufen am 5. März 2024 (englisch).
  4. critical thinking. In: OneLook Thesaurus. Abgerufen am 5. März 2024 (englisch).
  5. Angus Stevenson: Oxford Dictionary of English. Third Edition Auflage. Oxford University Press, Oxford - New York 2010, ISBN 978-0-19-957112-3, S. ohne Seitenangabe (e-book) (englisch).
  6. criical thinking. Merriam-Webster, abgerufen am 5. März 2024 (englisch).
  7. Peter A. Facione: Critical Thinking: A Statement of Expert Consensus for Purposes of Educational Assessment and Instruction. Santa Clara University 1990 Download (PDF) (Memento vom 1. Februar 2017 im Internet Archive)