Lemming (Film)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Film
Titel Lemming
Produktionsland Frankreich
Originalsprache Französisch
Erscheinungsjahr 2005
Länge 129 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Dominik Moll
Drehbuch Gilles Marchand,
Dominik Moll
Produktion Michel Saint-Jean
Musik David Whitaker
Kamera Jean-Marc Fabre
Schnitt Mike Fromentin
Besetzung

Lemming ist ein französischer surrealer Psychothriller von Dominik Moll. Er wurde im Mai 2005 bei den Filmfestspielen von Cannes vorgestellt und kam im Juli 2006 in die deutschen und österreichischen Kinos. Der Großteil des Filmes spielt im Département Haute-Garonne, in der Nähe von Toulouse. In den Hauptrollen sind Laurent Lucas, Charlotte Gainsbourg, Charlotte Rampling und André Dussollier zu sehen.

Der Film erzählt die Geschichte eines erfolgreichen Ingenieurs, der sein Leben im Griff hat. Im Laufe des Films entgleitet ihm seine Frau und damit sein ganzes Leben immer mehr.

Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alain Getty arbeitet als Ingenieur bei Richard Pollock in Toulouse. Alain und seine Frau Bénédicte laden den älteren Pollock und dessen Frau Alice in ihre neue Wohnung zum Abendessen ein. Dort beginnt Alice mit ihrem Mann plötzlich einen lauten Streit. Die Ehe der Pollocks ist offensichtlich zerrüttet und von Hass geprägt.

Später ist der Abfluss in der Küche verstopft. Alain findet einen halbtoten Lemming im Abflussrohr.

Am nächsten Abend besucht Alice Alain an seinem Arbeitsplatz und versucht, ihn zu verführen. Er zögert kurz, kann ihr aber widerstehen. Tags darauf besucht Alice Bénédicte, erzählt ihr hintersinnig von ihrem Annäherungsversuch und bittet plötzlich darum, sich schlafen legen zu dürfen. Im Gästezimmer richtet Alice eine Verwüstung an und erschießt sich dann.

Einen Tag danach fahren Alain und Pollock nach Biarritz zu einem dringenden dienstlichen Termin. Dort angekommen, ruft Alain zuhause an, aber seine Frau verhält sich ihm gegenüber ungewöhnlich schroff und kalt. Er ist irritiert und fährt sofort zurück, trotz des weiten Weges und der nächtlichen Stunde. Dabei schläft er ein und erleidet einen Autounfall, er bildet sich aber ein, angekommen zu sein, seine Frau fest schlafend und die Küche voller Lemminge vorgefunden zu haben. Von dem Unfall erholt er sich mit seiner Frau in Pollocks Chalet in den Bergen. Dort verführt Bénédicte ihren Mann auf die gleiche Art und Weise, wie es Alice davor versucht hatte (und das, obwohl sie die Details nicht wissen konnte), diesmal widersteht er nicht.

Als er nach dem Sex am Ufer aufwacht, ist seine Frau mit dem Auto weggefahren. Sie hat ihn verlassen und hat nun ein Verhältnis mit Pollock. Als er eines Abends im Wohnzimmer alleine aufwacht, sitzt Bénédicte ihm gegenüber, aber sie verhält sich seltsam, spricht wie Alice und erzählt ihm wieder Details, die nur Alice wissen konnte. Es scheint, als hätte Alices Geist von Bénédicte Besitz genommen. Bénédicte/Alice will ihren verhassten Mann sterben sehen, dann würde Alain seine Bénédicte wieder zurückbekommen. Sie überreicht ihm den Schlüssel des ansonsten gut gesicherten Anwesens von Pollock. Bénédicte/Alice rät ihm, es wie einen Selbstmord aussehen zu lassen.

Am Abend fährt Alain zu Pollock und dringt in dessen Wohnung ein. Als Alain am Kaminsims vorbeigeht, sieht er dort Bilder von der jungen Alice. Die Ähnlichkeit zu seiner Frau Bénédicte erschreckt ihn. Im Schlafzimmer schlafen Bénédicte/Alice und Pollock nackt im Bett. Mit einem Kissen erstickt Alain Pollock vor den Augen seiner Bettnachbarin. Er manipuliert die Kaffeemaschine und dreht den Gashahn des Herdes auf. Bénédicte folgt ihm wie in Trance in sein Auto. Sie fahren stumm in ihre Wohnung zurück. Als Alain sich später neben ihr ins Bett legt und sie aufwacht, sagt sie, sie habe von Alice geträumt. An die Vorgänge der letzten Tage könne sie sich nicht mehr erinnern. Aufgrund der von Alain vorgenommenen Manipulationen explodiert Pollocks Haus und wird vollkommen zerstört. Erwartungsgemäß wird die Gasexplosion als Selbstmord gedeutet.

Am Ende des Films stellt sich heraus, dass der Lemming vom Nachbarsjungen aus einem Finnland-Urlaub mit nach Frankreich genommen und vom wütenden Vater die Toilette hinuntergespült wurde.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gedreht wurde der Film in Hauts de Toulouse und in Larens im Département Haute-Garonne.

In einem Interview anlässlich der Vorstellung des Filmes in Cannes beschrieb Regisseur und Drehbuchautor Moll das Motiv des Lemmings als „das Sandkorn, welches in einen Apparat gerät und ihn aus dem Gleichgewicht bringt. Er ist eine Vorahnung des bevorstehenden Unheimlichen.“[1]

Der Film erzählt die Geschichte eines erfolgreichen Ingenieurs, der sein Leben gut im Griff hat und kontrolliert. Im Laufe des Films entgleitet ihm seine Frau und damit sein ganzes Leben immer mehr, am Ende findet er sich als verzweifelter Mörder wieder, der seine Frau zurückgewinnen wollte. Traum und Wirklichkeit verwischen oft miteinander. Oft sind stilistische Referenzen auf Alfred Hitchcock (Kamerafahrt und Großeinstellungen; die Mischung zwischen Spannung und Humor; Umgang mit Untergründigem und Unterbewusstem) und David Lynch zu finden. Als besonders hervorstehendes Beispiel einer Anlehnung an Hitchcock kann der Lemming genannt werden, der im Film als MacGuffin verwendet wird: Je lebendiger der Lemming ist, desto größer sind die Probleme des Ehepaars Getty. Der Höhepunkt der Probleme wird erreicht, kurz nachdem Alain die Küche voll von Lemmingen vorfindet: Seine Frau verlässt ihn und geht zu Richard, den er daraufhin tötet. Als der Lemming tot ist, gießt er im Garten die Blumen und seine hübsche, junge Frau ist wieder bei ihm. Der Lemming treibt die Handlung voran und sorgt immer wieder für Spannung beim Zuseher.

Kritiken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • „Molls sorgsam gebaute und ausgeleuchtete Bilder sind bei allen Referenzen an große Vorbilder wie Hitchcock oder David Lynch ein wenig statisch, zu wohlgeordnet und letztlich auch zu vorhersehbar, als dass sich der Kälteeffekt bei diesem „polar“ wirklich einstellen könnte.“[2]
  • „Das Thema ist verborgene Begierde, aber der kleine Ausflug fühlt sich an wie eine fade Museumstour der üblichen Psychodrama-Tropen – Voyeurismus, Geister, sexuelle Phantasien, Traum-Symbolik, Mord …“ (Los Angeles Times)
  • „Das Eindringen des Fremden und Bedrohlichen in eine heile Welt inszeniert der deutsch-französische Regisseur als albtraumhafte Reise ins Ich. Jede einzelne der sorgfältig komponierten Einstellungen ist mit Bedeutung aufgeladen. Dennoch wirkt der Film trotz seines aufreizend langsamen Erzähltempos niemals schwerfällig.“ (Der Spiegel)
  • „Brillant bebildert Dominik Moll das Abgleiten des jungen Paares in irrationale Welten. Wunsch- und Alpträume lösen zunehmend die Realität auf. Doch Molls Inszenierung bleibt sachlich: Die harte Sonne Südfrankreichs leuchtet unerbittlich, die Kamera schaut meist unbewegt und in langen Einstellungen auf die Nöte der Protagonisten.“ (Welt am Sonntag)

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dominik Moll wurde im Jahr 2005 für die Goldene Palme nominiert. Charlotte Rampling wurde 2005 für den Europäischen Filmpreis und 2006 für den César nominiert.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Englisches Presseheft mit einem Interview des Regisseurs anläßlich der Veröffentlichung des Filmes in Cannes (Memento des Originals vom 22. Januar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.festival-cannes.fr (PDF; 493 kB)
  2. Martin Rosefeldt auf arte-tv.com (19. Juli 2006)@1@2Vorlage:Toter Link/www.arte-tv.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.