Lex Romana canonice compta

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Die Lex romana canonice compta (auch Capitula legis Romanae) ist eine kanonische Sammlung, die vor allem römisches Recht enthält. Sie wurde in Oberitalien im letzten Viertel des 9. Jahrhunderts kompiliert. Die Sammlung ist nur in einer Handschrift erhalten (Paris, Bibliothèque nationale de France, lat. 12448), die nicht das Original sein kann.

Quellen, Inhalt und Aufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sammlung enthält vor allem kirchenrechtliche Auszüge aus dem spätantiken Kaiserrecht. Wichtigste Vorlagen sind die Epitome Iuliani, der Codex Iustinianus und vor allem die Institutiones Iustiniani; dazu kommen Auszüge aus einem Kapitular (dem Capitulare Olonnense ecclesiasticum von 825) und zwei Kapitel aus dem Edictum Theoderici. Auswahlkriterium war offensichtlich die Brauchbarkeit dieser römischrechtlichen Texte für kirchliche Zwecke. Friedrich Maasen hat sie deshalb als Lex Romana canoice compta bezeichnet, Wolfgang Kaiser hat hingegen für den auch in der Handschrift zu findenden Titel Capitula legis Romanae plädiert. Die Anordnung erfolgt nach Rechtsmaterien, nicht nach Legalordnung.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch wenn die Lex Romana in nur einer Abschrift überliefert ist, scheint sie eine gewisse Wirkung gehabt zu haben. Die Sammlung stellt eine wichtige Quelle der Collectio Anselmo dedicata dar; diese enthält auch andere Materien, die mit der Lex Romana in der Pariser Handschrift überliefert sind, ohne dass diese die unmittelbare Vorlage der Anselmo dedicata gewesen sein könnte.

Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sammlung ist eine wichtige Quelle für die Geschichte des römischen und des kanonischen Rechts, für Ersteres als Beleg der Rezeption des spätantiken Rechts im Frühmittelalter, für Letzteres als früher Beleg für die Kombination römischrechtlicher und genuin kirchlicher Rechtsquellen.

Editionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Carlo Guido Mor (Hrsg.): Lex Romana canonice compta: testo di leggi romano-canoniche del sec. IX pubblicato sul ms. Parigino Bibl. Nat. 12448: con introduzione e due tavole delle fonti (= Studi nelle scienze giuridiche e sociali). Tip. cooperativa, Pavia 1927 (Ediert nur das enthaltene römische Recht).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Linda Fowler-Magerl: Clavis Canonum: Selected Canon Law Collections Before 1140: Access with Data Processing (= MGH. Hilfsmittel). Hahn, Hannover 2005, S. 70 (mgh.de).
  • Augustino Gaudenzi: Un'antica compilazione di diritto romano e visigoto: con alcuni frammenti delle leggi di Eurico, tratta da un manoscritto della Biblioteca di Holkham. Regia tipografia, Bologna 1886 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Wolfgang Kaiser: Die Epitome Iuliani. Beiträge zum römischen Recht im frühen Mittelalter und zum byzantinischen Rechtsunterricht (= Ius commune Sonderhefte). Klostermann, Frankfurt 2004, ISBN 3-465-03297-7, S. 493–522.
  • Lotte Kéry: Canonical Collections of the Early Middle Ages (ca. 400–1140): A Bibliographical Guide to the Manuscripts and Literature (= History of Medieval Canon Law). Catholic University of America Press, Washington, D.C. 1999, ISBN 0-8132-0918-8, S. 161–162 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Carlo Guido Mor: Introduzione. In: idem (Hrsg.): Lex Romana canonice compta: testo di leggi romano-canoniche del sec. IX pubblicato sul ms. Parigino Bibl. Nat. 12448: con introduzione e due tavole delle fonti (= Studi nelle scienze giuridiche e sociali. Band 13). Tip. cooperativa, Pavia 1927, S. 5–17.
  • Giuseppe Russo: Tradizione manoscritta di Leges romanae nei codici dei secoli IX e X della Biblioteca capitolare di Modena (= Deputazione di storia patria per le antiche provincie Modenesi: Biblioteca Nova Series). Aedes Muratoriana, Modena 1980.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]