Liste der Lübecker Stadtphysici

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Ehem. Physikatshaus Königstraße 43 (2016)

Die Lübecker Stadtphysici waren in der frühen Neuzeit bis in das 20. Jahrhundert die Leiter des Gesundheitswesens in der Hansestadt Lübeck.

Lübecker Stadtphysikat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Stadtphysicus oder Stadtmedicus, der zugleich Gerichtsmediziner war, wurde in der Regel auf Lebenszeit bestellt und war dem Lübecker Rat direkt unterstellt. Bei Altersschwäche wurde entweder ein Assistent oder auch (seit dem 17. Jahrhundert regelmäßig) ein 2. Stadtphysicus mit dem Recht der Nachfolge zur Unterstützung des Amtsinhabers hinzubestellt. Die Einführung des Amtes in den Freien Reichsstädten erfolgte unter dem römisch-deutschen König Sigismund 1426. Die erste gesicherte Erwähnung eines Stadtphysicus in Lübeck stammt aus dem Jahr 1476.[1] Von 1574 bis 1762 befand sich die Amtswohnung des Stadtphysicus im Physikatshaus, dem erhaltenen Eckhaus Königstraße 43/Dr. Julius-Leber-Straße.[2] Die Stadtphysici gehörten zur familia Senatus, hatten Anrecht auf einen Sitz im Ratsgestühl in der Marienkirche und ein entsprechendes Begräbnis.

Stadtphysici[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Name und Lebensdaten Amtszeit Studium Besonderheiten und Anmerkungen Abbildung
Dr. Engelbert erwähnt 1476 ?
Rembertus Giltzheim 1529–1532 Leipzig, Rostock zuvor Rektor der Universität Rostock
Laurentius Schönfeldt 1532– ?
Lambert Friedland um 1568–1574 Rostock[3] führte einen Streit mit dem Geistlichen Ministerium über theologische Fragen von Erbsünde und Abendmalslehre, siehe Hans Wessel und Johannes Saliger
Peter Memmius (1581–1587) Utrecht ? zuvor Stadtphysicus in Rostock und Rektor der Universität Rostock
Dr. Sager erwähnt 1589 ?
Petrus Budanus[4] 1590er? 1556 in Rostock[5], 1559 Wittenberg[6] 1562 Montpellier[7] aus Antwerpen; danach Arzt in Wismar; † 1599
David Herlitz 1606–1614 Wittenberg, Leipzig, Rostock zuvor 1597 Rektor der Universität Greifswald. 1598 Physikus in Stargard und ab 1606 Stadtphysikus in Lübeck. 1614 kehrte er nach Stargard zurück.
Dietrich Wassermann (Theodoricus Aquarius)[8] –1616 Rostock 1561[9], Tübingen 1564, 1568
Johann Heinrich Meibom 1629–1655 Helmstedt, Wittenberg, Leipzig, Basel zuvor Professor an der Universität Helmstedt. Sein Porträt aus der Stadtbibliothek hing zeitweilig angegliedert an die Bürgermeistergalerie im Lübecker Rathaus und kam von dort in das St. Annen Museum.
Johann Georg Laurentius Sein Porträt hing ehemals in der Stadtbibliothek, heute im Lübecker Rathaus. Maler des Bildes war Burchard Wulff (1669).[10]
Paul Neucrantz 1655–1671 Rostock, Padua
Johann Fitzmann 1676–1694 Rostock, Gießen, Padua
Nikolaus Hanneken 1695–1708 Gießen, Leiden, Tübingen zuvor seit 1677 zweiter Physicus
Johann Nolto 1708–1711 div., Leiden ? zuvor Stadtphysicus in Wismar und seit 1694 zweiter Physicus
Johann Jacob Stolterfoht 1708–1718 Wittenberg (Theol.), Rostock, Greifswald aus Schleswig, 1708 vom Rat zum zweiten Physicus ernannt, 1712 erster Physikus
Johann Georg Tausch 1720? aus Schlesien, seine Berufung wurde bis vor das Reichskammergericht angefochten[11]
Franz Jacob von Melle 1743–1770 Altdorf, Straßburg
Hans Bernhard Ludwig Lembke 1770–1803 Greifswald, Leiden zuvor seit 1766 zweiter Physicus; 1799–1803 war Georg Heinrich Behn sein Assistent
Theodor Friedrich Trendelenburg 1803?–1813 Göttingen Sohn des Lübecker Arztes Karl Ludwig Friedrich Trendelenburg. 1809 Mitbegründer des Ärztlichen Vereins zu Lübeck.
Heinrich Wilhelm Danzmann 1813–1831 Kopenhagen, Kiel 1802 Mitbegründer der Seebadeanstalt Travemünde. 1809 Mitbegründer des Ärztlichen Vereins zu Lübeck.
Johann Christian Jeremias Martini 1831–1841 Göttingen
Johann August Hermann Heylandt 1841–1865 Halle, Berlin, Kiel
Johann Heinrich Christoph Pabst –27. April 1879
Carl Türk 1880–1890 Rostock, Breslau, Berlin praktizierte seit 1862 und von 1866 an auch Stabs- und Bataillonsarzt der Garnison bis zu seiner Ernennung 1880
Otto Riedel 1891– kam im Oktober 1889 vom Medicinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelm-Institut als Stabs- und Bataillonsarzt zum lübeckischen Bataillon[12]
Ernst Altstaedt 1928–1931 ? ? Verantwortete das Lübecker Impfunglück. In den 1930er Jahren wurde das Physicat aufgehoben und die Aufgaben gingen an das Städt. Gesundheitsamt über.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Theodor Eschenburg: Der Ärzteverein zu Lübeck während der ersten 100 Jahre seines Bestehens 1809–1909, Wiesbaden 1909
  • Jacob Meyer: Der Ärztliche Verein zu Lübeck: in den Jahren 1909–1934; Fortsetzung der Geschichte des Ärztlichen Vereines während der ersten 100 Jahre seines Bestehens von T. Eschenburg, Wiesbaden, 1909, Rahtgens, Lübeck 1934
  • Kurt Dutte: 150. Stiftungsfest des Ärztevereins zu Lübeck: Sonderdruck aus dem Juliheft 1959 des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblattes, Wäser, 1959
  • Friedrich von Rohden: Der Ärztliche Verein zu Lübeck: 150 Jahre ärztlicher Geschichte, 1809–1959, Schmidt-Römhild, Lübeck 1959
  • Friedrich von Rohden: Von alten Lübecker Ärzten in: Der Wagen 1960, S. 83–100
  • Bern Carrière (Hrsg.): Der Ärzteverein zu Lübeck: 175 Jahre seiner Geschichte, 1809–1984, Verlag Ärzteverein, Lübeck 1984
  • Rüdiger Kurowski: Medizinische Vorträge in der Lübecker Gesellschaft zur Beförderung Gemeinnütziger Tätigkeit 1789–1839: eine Patriotische Sozietät während der Aufklärung und Romantik, Schmidt-Römhild, Lübeck 1995

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Lübeck: Festschrift den Theilnehmern der 67. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte, gewidmet von dem Arztlichen Verein und dem Naturwissenschaftlichen Verein zu Lübeck. Lübeck: Rahtgens 1895, S. 88
  2. vergl. Festschrift den Theilnehmern der 67. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte, Rathgens 1895, S. 92
  3. Eintrag im Rostocker Matrikelportal
  4. August Blanck, Axel Wilhelmi: Die Mecklenburgischen Ärzte von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Schwerin 1901, S. 13 (Nr. 75)
  5. Eintrag im Rostocker Matrikelportal
  6. Album academiae Vitebergensis Band 1, S. 362
  7. Matricule de l'Université de médecine de Montpellier, 1503-1599, Nr. 2427
  8. GND 119608286
  9. Eintrag im Rostocker Matrikelportal
  10. Friedrich Bruns, Hugo Rahtgens, Lutz Wilde: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Hansestadt Lübeck. Band I, 2. Teil: Rathaus und öffentliche Gebäude der Stadt. Max Schmidt-Römhild, Lübeck 1974, S. 266/267
  11. Archiv der Hansestadt Lübeck (Memento des Originals vom 12. August 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stadtarchiv-luebeck.findbuch.net, abgerufen am 5. August 2014
  12. Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter, 33. Jahrgang, Nr. 30, Ausgabe vom 11. März 1891, S. 191.