Ludwig Ehrsam

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Ludwig Ehrsam (* 31. Juli 1910 in Meiningen; † 20. März 1947 in Berlin) war ein deutscher Mediziner und Nationalsozialist, der als SS-Arzt und Lager-Arzt in Konzentrationslagern eingesetzt sowie Chefarzt der SS-Division „Totenkopf“ war. Er wurde 1947 zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrsam wurde als Sohn des praktischen Arztes und späteren Oberregierungsmedizinalrates sowie Leitenden Arztes des Versorgungsamtes Gotha Alexander Ehrsam in Meiningen geboren.

Nach dem medizinischen Staatsexamen wurde er am 12. Februar 1935 zum Dr. med. promoviert. Das praktische Jahr absolvierte er auf der Inneren Abteilung des Städtischen Krankenhauses in Erfurt. Am 15. Juni 1936 wurde ihm die Bestallung als Arzt erteilt.[1]

NS-Mitgliedschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie der Historiker Günter Morsch in einer Untersuchung über das KZ Sachsenhausen feststellte, war Ehrsam wie alle KZ-Lagerärzte in Sachsenhausen bereits früh in die NS-Bewegung eingetreten; sie „verfügten als Truppenärzte bei den Totenkopfwachverbänden über einschlägige Erfahrungen.“[2]

Ludwig Ehrsam:

Als SS-Arzt in Konzentrationslagern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrsam wird in vielen Zeugenberichten als unvorstellbar grausam im Umgang mit den inhaftierten Menschen beschrieben. Juden und Kommunisten verweigerte er jede Hilfe. Es habe „keinen SS-Arzt gegeben, der von allen Häftlingen in gleicher Weise gefürchtet wurde wie Ludwig Ehrsam. Weithin sichtbaren Ausdruck findet dies im Spitznamen „Dr. Grausam“, unter dem er (im KZ Sachsenhausen) allgemein bekannt war.“[1] Brutale Gewalt bis hin zum Totschlag, Züchtigungen und absolute Gleichgültigkeit waren seine Methoden gegenüber den Häftlingen, die er generell als gefährliche Staatsfeinde ansah und deren medizinische Behandlung er als versierter SS-Arzt wissentlich unterließ.[1] Von ihm ist der Satz „Für Juden stelle ich nur Totenscheine aus“ überliefert.[4]

Während Ehrsams Einsatz im KZ Sachsenhausen nötigte er Häftlinge auch zu „freiwilligen“ Sterilisationsanträgen, denen er sich operativ intensiv widmete – selbst über Einwände des sog. Erbgesundheitsgerichts Berlin hinweg.[1]

Ehrsam war bekannt als schwerer Alkoholiker und als rauschmittelabhängig, was ihm diverse Strafen seiner Vorgesetzten einbrachte, die ihn dennoch schätzen und beförderten. Er nahm Eukodal-Tabletten und spritzte sich auch Morphium.[1]

Nach 1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrsam wurde Anfang 1945 Mai verhaftet und zunächst im britischen Lager Sandbostel bei Bremervörde interniert. Am 3. April 1946 erfolgte die Überstellung in das Internierungslager Esterwegen und am 5. Juni 1946 die Verlegung in das Internierungslager Paderborn. Am 7. Juni 1946 erfolgte die Überstellung an die sowjetischen Besatzungsbehörden. In einem Militärtribunal wurde er zum Tode verurteilt und am 20. März 1947 in Berlin hingerichtet.[1]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste Ehe wurde bereits nach 1½ Jahren auf Antrag der Ehefrau im September 1942 geschieden. In zweiter Ehe heiratete er am 13. März 1943 in Ferntrauung. Dieser Ehe entstammt ein im Februar 1945 geborenes Kind.[1]

Ehrsam, der zunächst Mitglied der evangelischen Kirche war, bezeichnete sich ab spätestens 1941 als gottgläubig.[1]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ueber Akkomodationsparese infolge von Botulismus, Wertheim a. M.: Bechstein 1936, Umfang: 9 S. 8"; Anmerkung: Würzburg, Med. Diss. v. 14. Jan. 1937

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hermann Kaienburg, Das Konzentrationslager Sachsenhausen 1936-1945 : Zentrallager des KZ-Systems, mit einem Vorwort von Wolfgang Benz, Metropol Verlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-86331-548-1
  • Marco Pukrop, SS-Mediziner zwischen Lagerdienst und Fronteinsatz. Die personelle Besetzung der Medizinischen Abteilung im Konzentrationslager Sachsenhausen 1936–1945, Diss. an der Philosophischen Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, Hannover 2014, https://doi.org/10.15488/8553
  • Das Konzentrationslager Sachsenhausen 1936–1945 : Ereignisse und Entwicklungen, [eine Ausstellung der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen], hrsg. von Günter Morsch u. Astrid Ley, Metropol, Berlin 2008, ISBN 978-3-938690-80-2

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i Marco Pukrop: SS-Mediziner zwischen Lagerdienst und Fronteinsatz. Die personelle Besetzung der Medizinischen Abteilung im Konzentrationslager Sachsenhausen 1936 - 1945, Diss. an der Philosophischen Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, Hannover 2014, S. 283–300
  2. Günter Morsch: Sachsenhausen – ein neuer Lagertypus?
  3. Bundesarchiv R 9361-VIII KARTEI/7741074
  4. Hermann Kaienburg, Das Konzentrationslager Sachsenhausen 1936-1945 : Zentrallager des KZ-Systems, mit einem Vorwort von Wolfgang Benz, Metropol Verlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-86331-548-1, S. 191