Ludwig Goerz

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Ludwig Goerz (* 26. Oktober 1895 in Dietmannsried; † 1988 in Wiesbaden) war ein deutscher Architekt, Maler, Bühnenbildner und Grafiker. Er war ein Vertreter der Architektur der Moderne und der Nachkriegsmoderne.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Goerz wurde als Sohn des Oberamtsrichters Ludwig Goerz und dessen Ehefrau Babette Goerz geb. Oppelt in Dietmannsried geboren. Er wuchs in Bamberg auf und legte dort am Franz-Ludwig-Gymnasium das Abitur ab. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete er sich als Kriegsfreiwilliger und wurde als Ulan in Nordfrankreich und Galizien eingesetzt.

Architekt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von 1919 bis 1923 studierte er Architektur an der Technischen Hochschule München bei Theodor Fischer und Friedrich von Thiersch.[2] Im Anschluss absolvierte er den Vorbereitungsdienst und wurde nach dem bestandenen Staatsexamen zum Regierungsbaumeister (Assessor in der öffentlichen Bauverwaltung) ernannt.

Nach kurzer Tätigkeit außerhalb des Staatsdienstes in verschiedenen Architekturbüros (u. a. bei Fritz Landauer) hatte Goerz 1924–1926 eine Stelle in der Bauverwaltung der Oberpostdirektion München unter der Leitung von Robert Vorhoelzer. Ein überregionaler Erfolg war sein mit dem ersten Preis ausgezeichneter Wettbewerbsentwurf für die Neugestaltung des Messegeländes in Frankfurt am Main. Das Projekt wurde wegen der Flaute in der Bauwirtschaft nicht ausgeführt.

Das Angebot einer Assistentenstelle bei Theodor Fischer lehnte er ab, um als Bühnenbildner und Ausstattungsleiter am Dortmunder Stadttheater zu arbeiten. In den Jahren am Stadttheater (1926–1934) war er verantwortlich für die bildkünstlerische Gestaltung von Opern und Schauspielen (z. B. Hans PfitznersPalestrina“, Carl Maria von WebersFreischütz“, Giacomo PuccinisTurandot“, Alexander ZemlinskysKleider machen Leute“).

1934 zog Goerz nach Wiesbaden, wo es ihm gelang, ein eigenes Büro zu gründen. Im Zweiten Weltkrieg war er in der Abwehr tätig.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte er am Wiederaufbau der Städte Wiesbaden und Mainz mitwirken, wobei zahlreiche Projekte entstanden. Hauptauftraggeber war die Allianz-Versicherung, die Ludwig Goerz große Aufträge in Aachen, Koblenz, Wiesbaden und Mainz erteilte. Neben Egon Hartmann, Paul Schaeffer-Heyrothsberge, Rainer Schell und Heinz Laubach gehörte Ludwig Goerz zu den wichtigsten Architekten beim Wiederaufbau von Wiesbaden und Mainz. 1967 übergab er sein Architekturbüro und beendete seine Tätigkeit als Architekt.

Bauten und Entwürfe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1924: Entwurf der Inneneinrichtung und Beleuchtung für das Gebäude der Oberpostdirektion München, Arnulfstraße 60/62 (als Mitarbeiter unter Robert Vorhoelzer, Franz Holzhammer und Walther Schmidt)
  • 1925: Halle für die Erste Deutsche Verkehrsausstellung in München (temporäre Architektur)
  • um 1924: Wettbewerbsentwurf für das Messegelände in Frankfurt am Main
  • 1937–1938: Opelhaus in Wiesbaden, Kaiser Friedrich-Ring / Bahnhofstraße (1963 umgebaut, später abgerissen)
  • 1950: Kleines Haus (Schauspielhaus) des Hessischen Staatstheaters in Wiesbaden[3][4]
  • 1951–1952: Verlagsgebäude des Brockhaus-Verlags in Wiesbaden, Leberberg 25 (Umbau 2012)[5][6][7]
  • 1953–1954: Allianzhaus in Aachen, Theaterstraße 1–3
  • 1955: UFA-Filmpalast in Wiesbaden, Marktplatz 9[8]
  • 1955–1956: Verwaltungsgebäude, Ausstellungshalle und Reparaturhalle für die Adam Opel AG in Wiesbaden, Stresemannring (abgerissen)
  • 1956: Allianzhaus in Koblenz, Friedrich-Ebert-Ring 32/34
  • 1958: Wohn- und Geschäftshaus in Wiesbaden, Wilhelmstraße 10
  • 1960–1961: Erweiterung der Zweigstelle des Gerling-Konzerns in Frankfurt am Main, Senckenberganlage 20/22 (Umbau 2019 durch bieker)
  • 1961–1962: Büroräume, Kasino, Teilelager und -verkauf für die Adam Opel AG in Wiesbaden, Mainzer Straße
  • 1961–1962: Verlagsgebäude des Beyer-Verlags mit Druckerei und Buchbinderei
  • 1961–1963: Allianzhaus in Mainz, Große Bleiche 60/62[9]
  • um 1965: Verwaltungsgebäude der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz in Mainz, Deutschhausplatz 3

Grafiker und Maler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Nach einhelliger Meinung der Experten kommt die Kunstgeschichte an dem Werk von Goerz nicht vorbei“, schrieb Lothar Hennig, Museumsdirektor in Bamberg.[10]
Ludwig Goerz malte seit seiner frühen Jugend. 1924 hatte er seine erste Einzelausstellung im Kunstverein Bamberg. Seine Malerei orientierte sich an der leuchtenden Farbigkeit des deutschen Expressionismus. Seine Hauptthemen waren Pferde und Reiter, Landschaften, Städte und Architektur, Masken, Köpfe, Theater und Tanz.

„Jedes Kunstwerk besteht aus großen Kontrasten. Ich wollte die Kontraste des Lebens bringen – und da kam ich mit ein paar Bleistiftstrichen und der Feder einfach nicht aus.“ (Ludwig Goerz)[11]

Als Autodidakt eignete er sich seit seiner Kindheit verschiedene Maltechniken an. 1945 zerstörte eine Bombe über 1000 seiner Bilder, die sich im Opelhaus in Wiesbaden befanden.[12] Von seinem Frühwerk sind daher nur wenige Bilder erhalten. Mit der Übergabe seines Architekturbüros 1968 begann die produktivste Phase seines bildkünstlerischen Schaffens, die über zwei Jahrzehnte andauerte. Zwischen seinem 75. und 82. Lebensjahr entstanden weitere 1000 Gemälde und Grafiken. Erst 1985 trat er mit mehreren Einzelausstellungen und der Präsentation seines Werks im Fernsehen wieder an die Öffentlichkeit. Sein Werk umfasst mehr als 400 Temperagemälde auf Karton, viele Druckgrafiken und Entwürfe für Bühnenbilder.

Buchgrafik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gemälde und Graphik von Ludwig Goerz, Ausstellung 10.–31. März 1968 im Atelier Christa Moering in Wiesbaden
  • Ausstellung anlässlich des 100. Geburtstages von Ludwig Goerz, Villa Clementine in Wiesbaden, Dezember 1995[13]
  • Ludwig Goerz 1895–1988. Retrospektive. Architekt, Maler, Grafiker, Bühnenbildner, Buchillustrator, Schriftsteller, Ausstellung in der Dominikanerkirche Bamberg, 25. April bis 30. Mai 1999[14]
  • Ausstellung über Goerz in der Filmbühne Caligari in Wiesbaden zum Tag des offenen Denkmals am 9. September 2001[15]
  • Weihnachts-Schau in der Galerie GIMM im Draiser Medienhaus, Dezember 2002 (Sammelausstellung)[16]
  • Ludwig Goerz. Retrospektive. Ein fulminantes malerisches Werk, Ausstellung in der Galerie 40 Rother, April bis Mai 2008[17]
  • Wiesbaden und seine Bilder, Ausstellung im Gebäude der Casino-Gesellschaft im Juli 2009[18]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Axel-Alexander Ziese: Ludwig Goerz. In: Karlheinz Goldmann, Axel-Alexander Ziese (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Kunstschaffenden. Band 2, Nürnberg 1986, S. 129.
  2. Wiesbadener Kurier vom 22. April 2008. (online)
  3. Marianne Kreikenbom: Mit intimem Kammerspielcharakter. Vor 60 Jahren wurde das Kleine Haus im Hessischen Staatstheater eingeweiht. In: Wiesbadener Tagblatt vom 30. Dezember 2010, Rubrik Lokales Wiesbaden (online)
  4. „Während die Oper nach Freigabe des Großen Hauses ins Stammhaus zurückkehrte, blieb das Schauspiel bis zur Fertigstellung des neuen Kleinen Hauses im Behelfstheater Dotzheimer Straße. Abgesehen von den Klassikern, die im Großen Haus aufgeführt wurden, besaß das Schauspiel in Wiesbaden zu Beginn der 1950er Jahre keine eigene Bühne mehr. Regierungsbaumeister Ludwig Goerz übernahm die Leitung der Umbauarbeiten. Er entwarf das ‚Theater ohne Fassade‘, wie Intendant Heinrich Köhler-Helffrich das Kleine Haus nannte. ‚Überall fehlten qualifizierte Handwerker, viele waren im Krieg gefallen‘, berichtet Gerhard Ulrich, damals 26 Jahre alt und als junger Bauingenieur seit Frühjahr 1950 bei Goerz angestellt. ‚Aus acht Firmen haben wir uns die Stukkateure fürs Kleine Haus zusammengesucht.‘ Auch das Material sei knapp gewesen. ‚Aber es war etwas Besonderes, so eine herzliche Bindung der Menschen an das Theater zu erleben, alle haben sich für unsere Arbeit interessiert, Gastwirte brachten uns Teller mit belegten Broten.‘ Anders als heute befand sich 1950 das Foyer des Kleinen Hauses unterhalb des Zuschauerraums. Über eine geschwungene, bequeme Treppe gelangte man vom Vestibül hinunter ins Foyer (heute Studio). Die tatsächlich überall herrschende Kleinheit der Räume zwang zu Kompromissen und Tricks. Der Zuschauerraum bot (und bietet) auf allen Plätzen gute Sicht. Die Bühnentiefe jedoch blieb begrenzt, und auch für genügend Nebenräume zur Bühne mangelte es an Platz. Begeistert war das zeitgenössische Publikum von der Täfelung des Zuschauerraumes und seiner gedämpften Atmosphäre. Auch die inzwischen verschwundenen Ausmalungen von Johannes Boehland (1903-1964) in Vestibül und Foyer erhielten 1950 viel Lob.“
    Marianne Kreikenbom: Ein Theater ohne Fassade. Vor 60 Jahren wurde das Kleine Haus eingeweiht. In: Wiesbadener Tagblatt vom 28. Dezember 2010, Rubrik Lokales Wiesbaden (online)
  5. Gaby Buschlinger: Erinnerung an Brockhaus. Ehemaliges Verlagsgebäude auf dem Leberberg wird saniert. In: Frankfurter Rundschau vom 28. Januar 2012, Seite R14 (Region Wiesbaden/Mainz) (online)
  6. Jutta Schwiddessen: Symbol der einstigen „Buchstadt“. Deutsche DenkMal AG wandelt Brockhausvilla am Leberberg um. In: Wiesbadener Kurier vom 3. Januar 2012 (Lokales Wiesbaden) (online)
  7. T. Dilger, S. Metz: Architektur und Städtebau in Wiesbaden nach 1945. Ein Architekturführer. Edition Braus, Heidelberg 1995, S. 35.
  8. Deutschlands bestbesuchtes Programmkino. Caligari-Filmbühne besticht mit historischer Architektur und seltenen Streifen. In: Frankfurter Rundschau vom 29. November 2005, S. 36, (Ausgabe R Region) / LR3 Lokal-Rundschau Kreis Offenbach/Groß-Gerau/Darmstadt) (online)
  9. Ein Plädoyer fürs Allianzhaus. Denkmal für Eleganz und Bescheidenheit der Aufbaujahre – und dennoch droht Abriss. In: Allgemeine Zeitung Mainz vom 15. Mai 2020, S. 12 (Lokales) (online
  10. Rhein-Zeitung vom 12. Dezember 2002. (online)
  11. Susanne Gross: Ein fulminantes malerisches Werk. Bilder von Ludwig Goerz in der Galerie Rother. Zeugnisse eines universal veranlagten Künstlers. In: Wiesbadener Tagblatt vom 6. Mai 2008. (online)
  12. Wiesbadener Kurier vom 22. April 2008. (online)
  13. Frankfurter Neue Presse vom 9. Dezember 1995, S. 1. (online)
  14. Wiesbadener Kurier vom 1. Mai 1999. (online)
  15. Rhein-Zeitung vom 5. September 2001 (online)
  16. Weihnachts-Schau im Draiser Medien-Haus. 20 Künstler aus aller Welt stellen bei GIMM aus. In: Rhein-Zeitung vom 12. Dezember 2002. (online)
  17. Rhein-Zeitung vom 11. April 2008 (online)
  18. Anja Baumgart-Pietsch: Wiesbaden und seine Bilder. Zwei Präsentationen spüren der Stadt als Motiv nach. In: Wiesbadener Tagblatt vom 11. Juli 2009. (online)