Mückenhäuser Hof

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Der Mückenhäuser Hof ist ein Wohnplatz im Wormser Ortsbezirk Rheindürkheim. Das namengebende Gehöft ist ein allein in den Rheinauen liegender Vierseithof,[1] der sich etwa ein Kilometer nördlich des Dorfs Rheindürkheim befindet.[2] Etwa 600 m südwestlich des Hofguts wurde 1964 eine Hühnerfarm errichtet, die einige Jahre später um eine Gärtnerei ergänzt wurde.[3]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im sogenannten „Weistum des pfalzgräflichen Hofes zu Alzey“ von 1494 wird ein „Muckenhusen“ erwähnt als einer der zur Pfalzgrafschaft gehörenden Orte.[4] Dieses „Mückenhausen“ ist wahrscheinlich mit dem Mückenhäuser Hof zu identifizieren.[5] Das Weistum beruht für diese Nennung auf einer älteren Textvorlage, die eventuell schon aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts stammt.[6] Die früheste sicher datierbare Erwähnung des Hofs stammt von 1375, als die Herren von Bolanden-Hohenfels unter anderem Muckenhusen an Heinrich zum Jungen, den Schultheißen von Oppenheim, verkauften.[7][8][9] Nach dem Tod Heinrichs zum Jungen fiel der Mückenhäuser Hof an seine Tochter und ihren Ehemann Hermann von Udenheim, die ihn 1422 an die Pfalzgrafschaft veräußerten.[10] Im Jahr 1489 wurde das St.-Paulus-Stift in Worms als Teilbesitzer des Mückenhäuser Hofs genannt, das den Hof an Veltin von der Huben verkaufte.[11] Eventuell gehörte der Mückenhäuser Hof im 17. und 18. Jahrhundert zeitweise zur Gemarkung Eich.[12] Mindestens seit Anfang des 18. Jahrhunderts bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts hatte der Mückenhäuser Hof eine eigene Gemarkung.[13][14] Der Mückenhäuser Hof gehörte bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zum kurpfälzischen Oberamt Alzey und ging, anders als Rheindürkheim, beim Gebietstausch von 1705[15][16] nicht an das Hochstift Worms über.[17][8][18][19] Die verschlungene Besitzgeschichte des Mückenhäuser Hofs seit dem 18. Jahrhundert ist nicht vollständig bekannt. Nach dem Tod von Johann Carl von der Hauben (1651–1726) erbte die Familie von Leyser den Hof. Im Jahr 1753 verkaufen die von Leyser'schen Erben drei Sechstel des Hofs an Claudius Moritz von Gagern (1696–1758), der gleichzeitig die andere Hälfte des Guts von Marie Anne Henriette von Zievel, geb. von Dalberg, (1715–1793)[20] erwarb. 1766 verkaufte Carl Christoph Gottlieb von Gagern den Hof für 40.000 Gulden an Carl Leonhard von Prittwitz und Gaffron (1733–1791).[21] Vermutlich kam der Besitz während der französischen Zeit in bürgerliche Hände. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts finden wir eine Familie Wittmann als Eigentümer des Hofguts. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erwarben Carl (1824–1911) und Franziska Puricelli (1830–1896) den Mückenhäuser Hof und weitere Güter in Rheindürkheim und Osthofen. Um 1900 kaufte Freiherr von Schilling aus Cannstatt den Hof von den Puricellis.[22] Während des Zweiten Weltkrieges wurden auf dem Mückenhäuser Hof 12 polnische Kriegsgefangene, 47 vorwiegend russische „Ostarbeiter“, 3 polnische, 23 italienische und 37 slowakische „Fremdarbeiter“ als Arbeitskräfte eingesetzt. Die Behandlung der Zwangs- und Zivilarbeiter auf dem Hof soll nicht schlecht gewesen sein.[23] Die von Schilling'schen Erben veräußerten den Hof 1952/53.[24]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Irene Spille: Stadt Worms (= Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 10). Worms 1992, S. 282.
  2. Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Amtliches Verzeichnis der Gemeinden und Gemeindeteile. Stand: Februar 2022. S. 125 (PDF; 3,3 MB).
  3. Hans Dlugosch: Unser Rheindürkheim. Beiträge zu seiner Geschichte, eingebunden in Ereignisse der Zeitläufte. Ortsgeschichtliche Arbeitsgemeinschaft e. V., Worms-Rheindürkheim 1996, S. 13.
  4. Friedrich Karl Becker: Das Weistum des pfalzgräflichen Hofes zu Alzey. In: Geschichtliche Landeskunde. Band X, Alzeyer Kolloquium 1970. Wiesbaden 1974, S. 22–71 (darin S. 28: „Es hort auch zu der Pfaltzen und rugen wir scheffen das: Rockenhusen, Hupholcz, Rußwiler, Wetzwiler, Gerbach disit der Bach, Gunterßwiler, Gerwiler, Filtzbach, Undenheym, Nordoltsheym, Gundarmßheym, und Onßheim und Muckenhusen“).
  5. Das ergibt sich aus der Reihenfolge der Ortsnamen im Weistum: die Liste beginnt mit Rockenhausen und nennt dann mehrere Orte rund um Rockenhausen, es folgen dann Ortschaften nordöstlich von Alzey, nämlich Undenheim und Nordelsheim (wüst bei Undenheim), und zuletzt Orte südöstlich von Alzey, nämlich Gundersheim und Enzheim (bei Gundersheim). Mückenhausen sollte daher einen Ort südöstlich von Alzey bezeichnen. Es gab im pfälzischen Raum noch folgende weitere Ansiedlungen gleichen Namens: eine Wüstung Mückenhausen bei Ebertsheim, westlich von Grünstadt, und eine Wüstung Mückenhausen bei Eulenbis, vgl. Ernst Christmann: Die Siedlungsnamen der Pfalz. Teil I. Speyer 1952, S. 398. Die Wüstung bei Ebertsheim wird 1281 erwähnt: Michael Frey, Franz Xaver Remling (Hrsg.): Urkundenbuch des Klosters Otterberg in der Rheinpfalz. Mainz 1845, S. 168–170 Nr. 225, dort S. 169. Zu Alter und Lage: Jörg Fesser: Frühmittelalterliche Siedlungen der nördlichen Vorderpfalz. Mannheim 2005, S. 653 f., urn:nbn:de:bsz:180-madoc-11610. Das Mückenhausen bei Ebertsheim kann ausgeschlossen werden, weil Ebertsheim und Umgebung während des gesamten Mittelalters im Besitz der Leininger waren, vgl. Willi Alter (Hrsg.): Pfalzatlas. Kartenband I. Speyer 1963, Karten 54, 55 u. 56. Die Wüstung Mückenhausen bei Eulenbis kann ebenfalls nicht gemeint sein, weil dieses Gebiet erst 1357 oder 1375 zur Kurpfalz kam, vgl. Meinrad Schaab, Peter Moraw: Territoriale Entwicklung der Kurpfalz (von 1156 bis 1792). In: Willi Alter (Hrsg.): Pfalzatlas. Textband I. Speyer 1964, S. 393–428, darin S. 416 f.
  6. Becker, S. 34–40 u. S. 70f. Becker hält es (S. 37) für möglich, dass „Muckenhusen“ und die anderen Orte der Liste zum Hausgut der Salier gehörten.
  7. Ludwig Baur: Hessische Urkunden. Band 3. Darmstadt 1863, S. 389 f. Nr. 1298.
  8. a b Wilhelm Fabricius: Die Herrschaften des unteren Nahegebiets. Bonn 1914, S. 467.
  9. Sigrid Schmitt: Territorialsttat und Gemeinde im kurpfälzischen Oberamt Alzey. Stuttgart 1992, S. 193–207, bes. S. 198 f.
  10. Ludwig Baur: Hessische Urkunden. Band 4. Darmstadt 1866, S. 72 Nr. 84.
  11. Baur, Bd. 4, S. 263 Nr. 258. Siehe auch: Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Bestand A 2 Nr. 177/1 – 177/5.
  12. Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Bestände A 5 Nr. 138/4 u. Nr. 138/6.
  13. Hans Ramge: Die Siedlungs- und Flurnamen des Stadt- und Landkreises Worms. Gießen 1979, S. 40.
  14. Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Bestand P 22 Nr. 5 Karte der Gemarkung Mückenhausen (1700) [1].
  15. Johann Christian Lünig (Hrsg.): Das Teutsche Reichs-Archiv. Band 5. Leipzig 1713, 4. Abt., S. 751–754, urn:nbn:de:bvb:384-uba000269-0773-0.
  16. Der Gebietstausch von 1705 warf im Laufe der Zeit zahlreiche Detailfragen auf, für die 1708 und 1722 in zwei weiteren Abkommen zwischen Kurpfalz und Bistum Worms entsprechende Regelungen vereinbart wurden. Vertragstexte 1705, 1708 und 1722 mit Gesamtindex in: urn:nbn:de:bvb:12-bsb10493302-2.
  17. Johann Goswin Widder: Versuch einer vollständigen Geographisch-Historischen Beschreibung der Kurfürstlichen Pfalz am Rheine. Band 3. Frankfurt, Leipzig 1787, S. 112.
  18. Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Bestand F 2 Nr. 88/8: Hoheitsstreitigkeiten des Johann Carl v. d. Hauben mit Kurpfalz wegen des Mückenhäuser Hofs 1717.
  19. In den Verträgen über den Gebietstausch von 1705, 1708 und 1722 wird der Mückenhäuser Hof nirgends erwähnt. Es wird lediglich im Vertrag von 1705 unter Punkt 7 bestimmt, dass das Dorf Rheindürkheim mit allem Zubehör und allen Rechten an das Bistum Worms fällt. Ausgenommen wird nur die Rheindürkheimer Fahrt. Da der Mückenhäuser Hof zum Zeitpunkt des Gebietstauschs vermutlich – wie oben beschrieben – eine eigene Gemarkung besaß oder zur Gemarkung Eich gehörte, kann er nicht zusammen mit Rheindürkheim an das Bistum Worms gefallen sein. Auch die wichtigen Landesbeschreibungen von Rheinhessen stimmen darin überein, dass der Mückenhäuser Hof bis zum Ende des Alten Reichs zur Kurpfalz gehört habe: K. A. Schaab: Die Geschichte der Großherzoglich Hessischen Rheinprovinz 2.Abt. (= Geschichte der Stadt Mainz. Band 4). Mainz 1851, S. 225 f., Karl Johann Brilmayer: Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart. Gießen 1905, S. 398. Allerdings ordnet Walter Wagner: Das Rhein-Main-Gebiet vor 150 Jahren (1787). Darmstadt 1938, S. 58 (Erläuterungen zur gleichnamigen Karte von Kurt Strecker). den Mückenhäuser Hof dem Bistum Worms zu. Es existiert in Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Bestand O 1 A Nr. 158/7 (1730–1755) eine Akte zum Mückenhäuser Hof über „Wormsische Eingriffe in die Dalbergische Hoffreiheit“.
  20. Zu Marie Anne Henriette von Zievel vgl.Robert Matagne: Les Zievel. In: Jules Mersch (Hrsg.): Biographie nationale du pays de Luxembourg depuis ses origines jusqu'a nos jours. Fasc.10. Luxembourg 1960, S. 366 (bnl.lu [abgerufen am 8. September 2016]). Quelle für ihr Todesjahr 1793 ist Chr. von Stramberg: Das Nahethal. Historisch und topographisch dargestellt (= Denkwürdiger und nützlicher Rheinischer Antiquarius 2.Abt. Mittelrhein. Band 16). Coblenz 1869, S. 187.
  21. Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Bestand F 2 Nr. 112/7 und F 2 Nr. 141.
  22. Dlugosch S. 12f u. S. 196–201.
  23. Volker Brecher: Kriegswirtschaft in Worms. Worms 2003, S. 148 f., 263 f. u. 336.
  24. Brecher S. 263. Dort auch die Namen der nachfolgenden Eigentümer des Hofguts und der Pächter seit 1907.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans Dlugosch: Unser Rheindürkheim. Beiträge zu seiner Geschichte, eingebunden in Ereignisse der Zeitläufte. Ortsgeschichtliche Arbeitsgemeinschaft e.V., Worms-Rheindürkheim 1996, S. 12–15.

Koordinaten: 49° 43′ N, 8° 21′ O