Magenöl

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Magenöl ist ein orangefarbenes, leichtes Öl mit einer Dichte von 0,88 kg/l[1], das aus neutralen Lipiden aus der Nahrung im Drüsenmagen von Vögeln aus der Ordnung der Sturmvögel besteht. Alle Albatrosse, Sturmvögel sowie Nord- und Südsturmschwalben produzieren dieses Öl, nicht aber alle tauchenden Sturmschwalben.

Herkunft und Zusammensetzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Früher dachte man, es handele sich um ein Sekret aus dem Drüsenmagen. Heute weiß man, dass Magenöl ein Rückstand aus Nahrungsmitteln wie Garnelen (Krill), Tintenfisch, Krebsen und Fischen ist.[1]

Die chemische Zusammensetzung variiert von Art zu Art und von Individuum zu Individuum, enthält aber fast immer Wachsester und Triglyceride. Weitere gängige Verbindungen sind Glycerinester, Pristan und Squalen. Magenöl hat eine geringe Viskosität und härtet beim Abkühlen zu Wachs aus.[1]

Biologische Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachbildung eines Magenöl-Angriffs durch einen Eissturmvogel im Santa Barbara Museum of Natural History

Magenöl hat bei Vögeln vermutlich mehrere Funktionen, dient aber in erster Linie als Energiespeicher. Sein Energiewert beträgt etwa 9,6 kcal pro Gramm und liegt damit knapp unter demjenigen von Dieselöl. Daher kann eine größere Menge an Energie als Magenöl gespeichert werden als in unverdauter Nahrung. Dies kann für Vögel von großem Nutzen sein, die oft weite Strecken fliegen, um Nahrung zu suchen und ihren Jungen zuzuführen, oder als Energiespeicher dienen, wenn sie auf den Ozeanen auf der Suche nach dem unregelmäßigen Vorkommen von Essbarem sind.[2]

Reiher und Albatrosse können das Magenöl gegen angreifende Raubtiere oder Rivalen speien.[1] Dies kann für Vögel tödliche Folgen haben, da es ihre Federn verklumpen kann, so dass der Vogel die Flugfähigkeit verliert, ertrinkt oder erfriert.[1][3][4]

Das Magenöl ist auch sehr übel riechend, was durchaus eine abschreckende Wirkung haben kann und dazu geführt hat, dass die Vögel als „Stinker“ oder „Stinkstiefel“ bezeichnet werden.[5] Der wissenschaftliche Name der Sturmvogelgattung, Fulmarus, leitet sich vom altnordischen fūlmār, deutsch ‚faulige/eklige Möwe‘[6], ab und bezieht sich wahrscheinlich auf die Angewohnheit, übelriechendes Magenöl zu verspritzen.[7]

Aufgrund seiner öligen Konsistenz kann Magenöl Kunststoffadditive aus verschluckten Plastikfragmenten lösen, so dass diese in den Vögeln angereichert werden.[8][9][10]

Wirtschaftliche Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf der schottischen Inselgruppe St. Kilda wurde früher das Magenöl des Sturmvogels als Brennstoff für Lampen verwendet,[11][12] und sogar der Vogel selbst wurde angeblich als Lampe benutzt, indem man einfach einen Docht durch seinen Körper führte.[13] Das Gleiche wurde mit Sturmvögeln auf El Hierro, einer der Kanarischen Inseln, gemacht.[11] Auf St. Kilda konnte das Magenöl auch dazu verwendet werden, die Miete zu bezahlen.[12]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Stomach oil – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e C. Foote, F. Daunt, J. Gonzalez-Solis, L. Nasir, R. Phillips, P. Monaghan: Individual state and survival prospects: age, sex, and telomere length in a long-lived seabird. In: Behavioral Ecology. Band 22, Nr. 1, 2010, S. 156–161, doi:10.1093/beheco/arq178 (scientificamerican.com [abgerufen am 14. Januar 2023]).
  2. Brian Keith McNab: The physiological ecology of vertebrates : a view from energetics. Cornell University Press, Ithaca 2002, ISBN 0-8014-3913-2, S. 323 (google.ch [abgerufen am 14. Januar 2023]).
  3. https://britishbirds.co.uk/wp-content/uploads/article_files/V67/V67_N07/V67_N07_P297_301_A049.pdf
  4. Derek A. Ratcliffe: The peregrine falcon. 2nd ed Auflage. T & A D Poyser, London 2010, ISBN 978-1-4725-9732-8, S. 318 (google.ch [abgerufen am 14. Januar 2023]).
  5. Tony Soper: Antarctica : a guide to the wildlife. 5th ed Auflage. Bradt Travel Guides, Chalfont St. Peter, Bucks, England 2008, ISBN 978-1-84162-238-5, S. 73 (google.ch [abgerufen am 14. Januar 2023]).
  6. Definition of FULMAR. Abgerufen am 14. Januar 2023 (englisch).
  7. Steve N. G. Howell: Petrels, albatrosses, and storm-petrels of North America : a photographic guide. Princeton University Press, Princeton 2012, ISBN 978-1-4008-3962-9, S. 561 (google.ch [abgerufen am 14. Januar 2023]).
  8. Susanne Kühn, Andy M. Booth, Lisbet Sørensen, Albert van Oyen, Jan A. van Franeker: Transfer of Additive Chemicals From Marine Plastic Debris to the Stomach Oil of Northern Fulmars. In: Frontiers in Environmental Science. Band 8, 19. August 2020, S. 138, doi:10.3389/fenvs.2020.00138 (frontiersin.org [abgerufen am 14. Januar 2023]).
  9. Kosuke Tanaka, Hideshige Takada, Rei Yamashita, Kaoruko Mizukawa, Masa-aki Fukuwaka, Yutaka Watanuki: Facilitated Leaching of Additive-Derived PBDEs from Plastic by Seabirds’ Stomach Oil and Accumulation in Tissues. In: Environmental Science & Technology. Band 49, Nr. 19, 6. Oktober 2015, S. 11799–11807, doi:10.1021/acs.est.5b01376 (acs.org [abgerufen am 14. Januar 2023]).
  10. Rei Yamashita, Nagako Hiki, Fumika Kashiwada, Hideshige Takada, Kaoruko Mizukawa, Britta Denise Hardesty, Lauren Roman, David Hyrenbach, Peter G. Ryan, Ben J. Dilley, Juan Pablo Muñoz-Pérez, Carlos A. Valle, Christopher K. Pham, João Frias, Bungo Nishizawa, Akinori Takahashi, Jean-Baptiste Thiebot, Alexis Will, Nobuo Kokubun, Yuuki Y. Watanabe, Takashi Yamamoto, Kozue Shiomi, Ui Shimabukuro, Yutaka Watanuki: Plastic additives and legacy persistent organic pollutants in the preen gland oil of seabirds sampled across the globe. In: Environmental Monitoring and Contaminants Research. Band 1, Nr. 0, 2021, S. 97–112, doi:10.5985/emcr.20210009 (jst.go.jp [abgerufen am 14. Januar 2023]).
  11. a b Colin MacFarquhar, George Gleig: Encyclopædia Britannica: Or, A Dictionary of Arts, Sciences, and Miscellaneous Literature. A. Bell and C. Macfarquhar, 1797, S. 532 (google.ch [abgerufen am 14. Januar 2023]).
  12. a b Fulmars | Orkney.com. 27. September 2014, abgerufen am 14. Januar 2023.
  13. Birds used as lamps, Wanganui Chronicle, Vol. LXVI, Nr. 17586, 2. Juni 1919, S. 8.