Magnesiostaurolith

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Magnesiostaurolith
Gelbes Magnesiostaurolith-Kristallaggregat in weißer Matrix aus Case Parigi, Val padana (‚Po-Tal‘), Dora-Maira-Massiv, Piemont, Italien
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1992-035[1]

IMA-Symbol

Mst[2]

Chemische Formel Mg(Mg,Li)3(Al,Mg)18Si8O44(OH)4[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/B.03
VIII/B.03-003

9.AF.30
52.02.03.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[4]
Raumgruppe C2/m (Nr. 12)Vorlage:Raumgruppe/12
Gitterparameter a = 7,8706 Å; b = 16,5411 Å; c = 5,6323 Å
β = 90,007°[5][4]
Formeleinheiten Z = 1[5][4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7 bis 7,5[6]
Dichte (g/cm3) berechnet: 3,54[7]
Spaltbarkeit gut[6]
Farbe farblos, blassgelb[6]
Strichfarbe weiß[6]
Transparenz durchsichtig
Glanz Glasglanz bis Harzglanz
Kristalloptik
Brechungsindex n = 1,709 bei 592 nm[7]
Doppelbrechung δ < 0,010[7]
Optischer Charakter zweiachsig[7]

Magnesiostaurolith ist ein sehr selten vorkommendes Mineral der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Mg(Mg,Li)3(Al,Mg)18Si8O44(OH)4[3] und konnte bisher nur in Form von Einschlüssen in anderen Mineralen gefunden werden.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals gefunden wurde Magnesiostaurolith 1992 im Gilbatal in der italienischen Gemeinde Brossasco und als eigenständiges Mineral anerkannt unter der Nr. IMA 1992-035. Die Erstbeschreibung des Minerals erfolgte durch Christian Chopin, Bruno Goffe, Luciano Ungaretti und Roberta Oberti, die das Mineral in Anlehnung an seine nahe Verwandtschaft mit dem Staurolith und seinem Magnesiumgehalt benannten und ihre Beschreibung und Benennung 2003 im European Journal of Mineralogy 15, 167-176 veröffentlichten.

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der alten (8. Auflage) und neuen Systematik der Minerale (9. Auflage) nach Strunz gehört Magnesiostaurolith zur Abteilung der „Inselsilikate mit tetraederfremden Anionen (Neso-Subsilikate)“. Die neue Strunz’sche Mineralsystematik unterteilt hier aber inzwischen präziser nach der Position der Kationen im Kristall, so dass das Mineral jetzt der Unterabteilung der „Inselsilikate mit zusätzlichen Anionen und Kationen in [4]-, [5]- und/oder nur [6]-Koordination“ zugeordnet ist, wo er zusammen mit Zinkstaurolith und Staurolith die unbenannte Gruppe 9.AF.30 bildet.

Die im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Magnesiostaurolith ebenfalls in die Klasse der Silicate, dort allerdings in die Abteilung der „Inselsilikate mit SiO4-Gruppen und O, OH, F und H2O mit Kationen in [4] und >[4]-Koordination“, wo er ebenfalls zusammen mit Zinkstaurolith und Staurolith die unbenannte Gruppe 52.2.3 bildet.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Magnesiostaurolith kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12)Vorlage:Raumgruppe/12 mit den Gitterparametern a = 7,8706 Å; b = 16,5411 Å; c = 5,6323 Å und β = 90,007° sowie eine Formeleinheit pro Elementarzelle.

Magnesiostaurolithe der Dora-Maira-Region enthalten neben Magnesium noch signifikante Mengen an Lithium sowie etwas Eisen. Die vollständige Strukturformel lautet:

M4(Fe2+0,16Mg0,72vac3,12) T2(Mg1,86Li0,94Zn0,02vac1,18) M1,2(Al15,96Ti0,04) M3(Al1,58Mg0,45vac1,97) T1(Si7,96Al0,04) O44,02 (OH)3,98

Leerstellen sind in dieser Strukturformel als vac (für vacancy) ausgewiesen.

Gut 1/4 der Kationen auf den Gitterpositionen der zweiwertigen Kationen ist mit Lithium (Li+) besetzt. Damit gehören die Dora-Maira-Staurolithe mit zu den lithiumreichsten Staurolithen in der Literatur. Ursache der hohen Li-Gehalte ist nicht ein ungewöhnlich hoher Li-Gehalt des Gesamtgesteins, sondern das Vorhandensein von im Vergleich zu anderen gesteinsbildenden Mineralen großen Tetraederlücken (T2) in der Staurolithstruktur. Dies führt dazu, dass Staurolithe die gesamte Menge der Kationen eines Gesteins aufnehmen, für die eine solch große Tetraederlücke energetisch besonders günstig ist (z. B. Li+ und Zn2+).

Die im Allgemeinen leere M4-Oktaederlücke ist zu fast 1/4 mit Kationen besetzt (0,88 apfu). Jeder M4-Oktaeder ist über gemeinsame Flächen mit zwei T2-Tetraedern verbunden. Der Abstand zwischen einer M4- und einer T2-Lücke ist so klein, dass eine gemeinsame Besetzung benachbarter T2- und M4-Positionen ausgeschlossen werden kann. Bei gleichmäßiger Verteilung der Kationen auf den M4-Positionen sollten für jede besetzte M4-Position annähernd zwei T2-Positionen leer sein. Tatsächlich sind es deutlich weniger (1,34 Leerstellen auf T2 pro besetzter M4-Position). Dies deutet darauf hin, dass sich im Staurolithgitter Cluster mit hoher und geringer Besetzung der M4-Position bilden.

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Magnesiostaurolith ist ein reines Hochdruckmineral. Experimentelle Studien zeigen, dass reiner Magnesiostaurolith bei Drucken zwischen 12 und 60 kbar und Temperaturen zwischen 600 °C und 900 °C stabil ist.

In der Natur kommt Magnesiostaurolith in den Ultrahochdruckgesteinen (Weißschiefer) der italienischen Westalpen vor (Dora-Maira-Massiv). Dort tritt er zusammen mit Talk, Klinochlor und Kyanit als Einschluss in Pyrop auf. Des Weiteren konnte Magnesiostaurolith noch bei Zhimafang im chinesischen Bezirk Donghai gefunden werden.[8]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Thomas Fockenberg: An experimental investigation on the P-T stability of Mg-staurolithe in the system MgO-Al2O3-SiO2-H2O. In: Contributions to Mineralogy and Petrology. Band 130, 1998, S. 187–198, doi:10.1007/s004100050359 (englisch).
  • Christian Chopin, Bruno Goffe, Luciano Ungaretti, Roberta Oberti: Magnesiostaurolite and Zincostaurolite: mineral description with a petrogenetic and crystal-chemical update. In: European Journal of Mineralogy. Band 15, Nr. 1, 2003, S. 167–176, doi:10.1127/0935-1221/2003/0015-0167 (englisch).
  • John Leslie Jambor, Andrew C. Roberts: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 88, 2003, S. 1626–1629 (englisch, minsocam.org [PDF; 71 kB; abgerufen am 29. November 2018]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Magnesiostaurolith – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b IMA/CNMNC List of Mineral Names; November 2018 (englisch, PDF 1,7 MB)
  4. a b Webmineral – Magnesiostaurolite (englisch)
  5. American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Magnesiostaurolite (englisch)
  6. a b c d Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  7. a b c d Christian Chopin, Bruno Goffe, Luciano Ungaretti, Roberta Oberti: Magnesiostaurolite and Zincostaurolite: mineral description with a petrogenetic and crystal-chemical update. In: European Journal of Mineralogy. Band 15, Nr. 1, 2003, S. 167–176, doi:10.1127/0935-1221/2003/0015-0167 (englisch).
  8. Fundortliste für Magnesiostaurolith beim Mineralienatlas und bei Mindat