Mejillonesit

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Mejillonesit
Gruppe von glänzenden, farblosen Mejillonesitkristallen aus der Typlokalität Cerro Mejillones, Chile (Sichtfeld 1,9 × 1,9 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2010-068[1]

IMA-Symbol

Mej[2]

Chemische Formel
  • NaMg2(PO3OH)(PO4)(OH)⋅H5O2[3][4]
  • NaMg2H[OH|PO3(OH)|PO4]·H2O[5]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)

VII/D.38-010
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m
Raumgruppe Pbca (Nr. 61)Vorlage:Raumgruppe/61[3]
Gitterparameter a = 16,295(1) Å; b = 13,009(2) Å; c = 8,434(1) Å[3]
Formeleinheiten Z = 8[3]
Häufige Kristallflächen {100}, {hk0}, {h0l}, {0kl}[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4[3]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,36(1); berechnet: 2,367[3]
Spaltbarkeit vollkommen nach {100}, gut nach {010} und {001}[3]
Bruch; Tenazität uneben; spröde
Farbe farblos[3]
Strichfarbe weiß[3]
Transparenz durchsichtig[3]
Glanz Glasglanz[3]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,507(2)[3]
nβ = 1,531(2)[3]
nγ = 1,531(2)[3]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 15° (gemessen); 0° (berechnet); bei 589 nm[3]

Mejillonesit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der Zusammensetzung NaMg2(PO3OH)(PO4)(OH)⋅H5O2 und damit chemisch gesehen ein Natrium-Magnesium-Phosphat mit der Besonderheit, dass sein Kristallwasser in Form von Zundel-Kationen (H5O2+) gebunden ist. Neben Mejillonesit sind bisher nur noch die Minerale Afwillit und Rhomboklas bekannt, die ihr Kristallwasser in dieser Weise gebunden haben.

Der farblose und durchsichtige Mejillonesit entwickelt dicktafelige bis prismatische Kristalle mit glasglänzenden Oberflächen von maximal einigen Millimetern Größe, die meist in radialstrahligen Mineral-Aggregaten angeordnet sind.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Entdeckung von Mejillonesit erfolgte 2010 eher zufällig im Rahmen einer internationalen Kooperation von Wissenschaftlern aus Brasilien (Daniel Atencio, José M. V. Coutinho, Reynaldo R. Contreira Filho), Deutschland (Thomas Witzke, Gunnar Färber), Italien (Fabrizio Nestola) und Russland (Nikita V. Chukanov, Aleksandr E. Zadov).

Thomas Witzke und Gunnar Färber analysierten diverse Mineralproben aus chilenischen Guano-Fundstellen entlang der Küste, als bei einer der Proben vom Cerro Mejillones auf der gleichnamigen Halbinsel in der Provinz Antofagasta festgestellt wurde, dass dessen vom Röntgen-Diffraktometer erstellte Strukturmuster keine Übereinstimmung mit Mustern bereits bekannter Minerale zeigte. Nachdem eindeutig feststand, dass es sich bei der Mineralprobe aus Mejillones um ein neues Mineral handelte, legte Witzke auch den Namen nach dessen Typlokalität fest.[6] Die vollständige Mineralbeschreibung und der gewählte Name wurde bei der International Mineralogical Association (IMA) zur Prüfung eingereicht (Eingangs-Nr. der IMA: 2010-068) und im selben Jahr anerkannt.

Typmaterial des Minerals wird einerseits im „Museu de Geociências“ der Universität von São Paulo in Brasilien (Katalog-Nr. DR712) und andererseits im Mineralogischen Museum, benannt nach A. J. Fersman (FMM) der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau aufbewahrt (Katalog-Nr. 4043/1; Fragment vom Holotyp).[7]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mejillonesit wurde erst 2010 als eigenständiges Mineral von der IMA anerkannt bzw. die Entdeckung erst 2012 publiziert. Eine genaue Gruppen-Zuordnung in der 9. Auflage der Mineralsystematik nach Karl Hugo Strunz ist daher bisher nicht bekannt, da die Systematik von der IMA zuletzt 2009 aktualisiert wurde[8].

Da das Mineral allerdings ein wasserhaltiges Phosphat mit zusätzlichen Anionen (OH etc.) sowie mit großen und mittelgroßen Kationen (Na, Mg) und einem Stoffmengenverhältnis von (OH etc.) : RO4 = 2 : 1 ist, wird es voraussichtlich in die Unterabteilung Phosphate mit weiteren Anionen, mit H2O, mit großen und mittelgroßen Kationen, (OH etc.) : RO4 = 2 : 1 (System-Nr. 8.DL.) einsortiert.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen allerdings der Form nach noch an der alten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz orientiert, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VII/D.38-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, mit fremden Anionen“, wobei in den Gruppen VII/D.25 bis 57 die Minerale mit mittelgroßen bis sehr großen Kationen (Al-Mg und Ca-Na-K) in der Verbindung eingeordnet sind. Mejillonesit bildet hier zusammen mit Angarfit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe.[5]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mejillonesit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Pbca (Raumgruppen-Nr. 61)Vorlage:Raumgruppe/61 mit den Gitterparametern a = 16,295(1) Å; b = 13,009(2) Å und c = 8,434(1) Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.

Kristallstruktur von Mejillonesit[3]
Farbtabelle: _ Na 0 _ Mg 0 _ P 0 _ O 0 _ Oz (Zundel-Kation) 0 _ H

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kleine Mejillonesit-Kristallgruppe (Größe 0,70 mm)

Mejillonesit fand sich in Form isolierter Kristallaggregate in dünnen Zonen innerhalb von feinkörnigem Opal-Zeolith am Nordhang des Cerro Mejillones in Chile. Seine Typlokalität am Cerro Mejillones ist auch der bisher einzige bekannte Fundort für Mejillonesit in Chile, wo das Mineral neben Opal und Zeolith noch mit Bobierrit, Gips, Klinoptilolith-Na und -K vergesellschaftet auftrat.

Weltweit ist bisher nur ein weiterer Fundort dokumentiert (Stand 2022). In Polen wurde das Mineral auf einer brennenden Kohlenhalde der Grube Marcel bei Radlin in der Woiwodschaft Schlesien entdeckt.[9]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Daniel Atencio, Nikita V. Chukanov, Fabrizio Nestola, Thomas Witzke, José M. V. Coutinho, Aleksandr E. Zadov, Reynaldo R. Contreira Filho, Gunnar Färber: Mejillonesite, a new acid sodium, magnesium phosphate mineral, from Mejillones, Antofagasta, Chile. In: American Mineralogist. Band 97, 2012, S. 19–25, doi:10.2138/am.2012.3867 (englisch, researchgate.net [PDF; 6,4 MB; abgerufen am 25. März 2022]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Mejillonesite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p Daniel Atencio, Nikita V. Chukanov, Fabrizio Nestola, Thomas Witzke, José M. V. Coutinho, Aleksandr E. Zadov, Reynaldo R. Contreira Filho, Gunnar Färber: Mejillonesite, a new acid sodium, magnesium phosphate mineral, from Mejillones, Antofagasta, Chile. In: American Mineralogist. Band 97, 2012, S. 19–25, doi:10.2138/am.2012.3867 (englisch, researchgate.net [PDF; 6,4 MB; abgerufen am 25. März 2022]).
  4. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2022. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2022, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. April 2022; abgerufen am 25. März 2022 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/cnmnc.main.jp
  5. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. DRadio Wissen – Mineralogie: Entdeckungen im Labor von Susanne Arlt am 13. Mai 2011 (Interview mit Thomas Witzke unter anderem zur Entdeckung von Mejillonesit) (Memento vom 29. April 2013 im Webarchiv archive.today)
  7. Catalogue of Type Mineral Specimens – M. (PDF 326 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 25. März 2022.
  8. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 25. März 2022 (englisch).
  9. Localities for Mejillonesite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 25. März 2022 (englisch).