Morgen ist auch noch ein Tag (2023)

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Film
Titel Morgen ist auch noch ein Tag
Originaltitel C’è ancora domani
Produktionsland Italien
Originalsprache Römischer Dialekt[1]
(In geringerem Umfang auch Italienisch und Englisch)
Erscheinungsjahr 2023
Länge 118 Minuten
Altersfreigabe
Produktions­unternehmen Wildside
Vision Distribution
Stab
Regie Paola Cortellesi
Drehbuch Furio Andreotti, Giulia Calenda, Paola Cortellesi
Produktion Lorenzo Gangarossa,
Mario Gianani
Musik Lele Marchitelli
Kamera Davide Leone
Schnitt Valentina Mariani
Besetzung
  • Paola Cortellesi: Delia Santucci
  • Valerio Mastandrea: Ivano Santucci
  • Romana Maggiora Vergano: Marcella Santucci
  • Emanuela Fanelli: Marisa
  • Giorgio Colangeli: Sor Ottorino Santucci
  • Vinicio Marchioni: Nino
  • Gabriele Paolocà: Peppe
  • Francesco Centorame: Giulio Moretti
  • Raffaele Vannoli: Alvaro
  • Paola Tiziana Cruciani: Sora Franca
  • Yonv Joseph: William
  • Alessia Barela: Orietta
  • Federico Tocci: Mario Moretti
  • Priscilla Micol Marino: Sora Giovanna
  • Maria Chiara Orti: Sora Rosa
  • Silvia Salvatori: Sora Elvira
  • Mattia Baldo: Sergio
  • Gianmarco Filippini: Franchino

Morgen ist auch noch ein Tag (Originaltitel: C’è ancora domani) ist ein italienischer Spielfilm von Paola Cortellesi aus dem Jahr 2023. Cortellesi führte Regie, schrieb am Drehbuch mit und übernahm die Hauptrolle. Der Film spielt im von den US-Amerikanern besetzten Rom unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Zentrum steht das Leben von Delia, Ehefrau und Mutter dreier Kinder, die immer wieder zum Opfer der häuslichen Gewalt ihres Ehemannes Ivano wird. Der in Schwarz-Weiß gedrehte Kinofilm war in Italien erfolgreicher als die im gleichen Jahr erschienenen Blockbuster Barbie und Oppenheimer. Als ein Grund dafür gilt, dass der Film in Italien einen „Nerv getroffen“ hat.

Handlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Delia Santucci und ihr Ehemann Ivano haben drei Kinder und leben in ärmlichen Verhältnissen. Wenn Ivano tagsüber einer Erwerbsarbeit nachgeht, erledigt Delia den Haushalt und bessert durch mehrere Nebentätigkeiten in der Stadt das Haushaltseinkommen auf. Neben der fast erwachsenen Tochter Marcella und den beiden jüngeren Söhnen lebt Ivanos kranker Vater Ottorino in einem Zimmer der Wohnung, den Delia pflegen muss. Sie ist mit Marisa, einer Gemüseverkäuferin, befreundet und steht noch im Kontakt zum Automechaniker Nino, den sie aus der Zeit vor ihrer Heirat kennt. Beide fühlen sich zueinander hingezogen. Nino schlägt Delia vor, sie solle ihren Mann verlassen und mit ihm in den Norden ziehen, was Delia zunächst ablehnt. Wenig später erhält Delia einen Brief, den sie voller Hoffnung in einer Kommode versteckt.

Delias Leben ist gekennzeichnet durch die immer wiederkehrende Gewalt ihres Mannes, der Nichtigkeiten zum Anlass nimmt, seine Frau zu verprügeln. Diese Attacken setzen Delia sehr zu und stören auch das Verhältnis zu Marcella, die nicht verstehen kann, weshalb ihre Mutter Ivano nicht verlässt. Marcella liebt Giulio, den Sohn von Mario Moretti, einem Bar-Besitzer. Giulio möchte, dass sich ihre Eltern kennenlernen. Schon die Aussicht auf eine Verlobung Marcellas versetzt ihre Familie in Hochstimmung. Obwohl das Treffen der Familien in der Wohnung der Santuccis angespannt verläuft, verlobt sich das junge Paar. Wenig später erkennt Delia Anzeichen dafür, dass ihrer geliebten Tochter ebenfalls eine Ehe voller Gewalt bevorstehen könnte. Ein amerikanischer Soldat, der sich Delia verpflichtet fühlt, weil sie die Fotografie seiner Familie gefunden und zurückgegeben hatte, zerstört in Delias Auftrag die Bar der Morettis durch eine Explosion, was zur Auflösung der Verlobung führt.

Delia scheint nun entschlossen zu sein, mit Nino vor ihrem gewalttätigen Ehemann zu fliehen. Am Tag von Ninos Abreise stirbt ihr Schwiegervater Ottorino, was es Delia unmöglich macht, sich von zu Hause zu entfernen. Mit den Worten „Morgen ist auch noch ein Tag“ wird ihr klar, dass sie auch am nächsten Tag noch ihren lange gehegten Plan umsetzen kann: Sie will zur Wahl gehen, für die sie mit dem Brief, der ihr so große Zuversicht schenkte, eingeladen worden war. Zum ersten Mal dürfen Frauen ihre Stimme abgeben. Alle Italiener und Italienerinnen können zwischen Monarchie und Republik als künftiger Staatsform wählen und die verfassunggebende Versammlung bestimmen. Weil ihr Ivano verboten hätte, zur Wahl zu gehen, schleicht sich Delia heimlich dorthin und hofft, wie alle Frauen, auf eine Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Stellung. Nach dem Urnengang entdeckt der herrschsüchtige Ehemann seine Frau vor dem Wahllokal. Umringt von einer Schar selbstbewusster Frauen, darunter Delia, muss er aber erkennen, dass er nichts ausrichten kann, und geht.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei ihren täglichen Besorgungen in der Stadt geht Delia regelmäßig an einer Mauer entlang, auf der steht: „Abbasso i Savoia, Viva la Repubblica“[4] („Nieder mit Savoyen, es lebe die Republik“). Damit wird auf das Ende des Films verwiesen: Die Abstimmung, an der Delia unbedingt teilnehmen will, ist das Referendum über die Staatsform in Italien, das am 2. Juni 1946 und am Vormittag des folgenden Tages stattfand, gleichzeitig mit der Wahl der Verfassunggebenden Versammlung. König Vittorio Emanuele III., der durch seine Unterstützung Mussolinis an Ansehen eingebüßt hatte, hatte im Mai abgedankt und die Geschäfte seinem Sohn Umberto II. übertragen. Dieser ging noch im Juni ins portugiesische Exil, nachdem sich die Bevölkerung mehrheitlich für die Errichtung einer Republik ausgesprochen hatte. Delia Santucci kleidet sich am Wahltag besonders feierlich – wie viele andere Frauen auch, die zum ersten Mal wählen dürfen. Sie haben den „Kampf um Gleichberechtigung in Politik und Gesellschaft“[5] aufgenommen.

Gegenwart[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Film greift gesellschaftliche Defizite auf, die noch immer bestehen. Die Neue Zürcher Zeitung weist darauf hin, dass in Italien der männliche Chauvinismus weiterhin verbreitet sei, viele Frauen nicht über ein eigenes Bankkonto verfügten und die Gewalt gegen Frauen ein großes Problem darstelle. Der Erfolg des Filmes beruhe auch auf seiner Nähe zur Gegenwart.[5] Gegenüber der New York Times gab Cortellesi selbst an, sie habe einen zeitgenössischen Film drehen wollen, der in der Vergangenheit spielt, weil viele Dinge gleich geblieben seien, vor allem in der Mentalität der Menschen.[6] Der Film erlangte durch den Femizid an Giulia Cecchettin im November 2023 besondere Aktualität.[7] Anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen wurde er am 25. November 2023 im Italienischen Senat gezeigt.[6]

Veröffentlichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Staat Veröffentlichungstermin[8]
Italien Italien 18. Oktober 2023[9]
26. Oktober 2023
Schweiz Schweiz[10] 26. Oktober 2023 (Kanton Tessin)
13. März 2024 (Romandie)
4. April 2024 (Deutschschweiz)
Schweden Schweden 29. Januar 2024[11]
1. März 2024
Marokko Marokko 8. März 2024[12]
13. März 2024
Frankreich Frankreich 13. März 2024
Belgien Belgien 15. März 2024
Niederlande Niederlande 21. März 2024
Deutschland Deutschland 4. April 2024
Osterreich Österreich
Argentinien Argentinien 11. April 2024
Ecuador Ecuador 26. April 2024
Spanien Spanien
Irland Irland
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Portugal Portugal 9. Mai 2024
Polen Polen 24. Mai 2024
Australien Australien 28. November 2024
Norwegen Norwegen 25. Dezember 2024

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Italien war C’è ancora domani der meistgesehene Kinofilm des Jahres 2023, noch vor Barbie und Oppenheimer. Er gehört in Italien zu den zehn meistgesehenen Kinofilmen überhaupt, von diesen ist er der erste Film einer Regisseurin.[7] Der Erfolg des Filmes liege auch darin, dass er in Italien einen „Nerv getroffen“[13] hat. Zudem erzähle er Delias Schicksal, das stellvertretend für viele stehe, „nicht aus der mitleidigen Beobachterperspektive, sondern mit Empathie und zugleich mit Respekt“.[14]

„Der inszenatorische Einfallsreichtum ist enorm. Die Wut über die Verhältnisse aber auch. Diesen Verhältnissen setzt der Film Zuversicht in Gestalt von Gemein- und Bürgersinn entgegen und zeichnet rund um Delia das feste Netz einer Nachkriegsgesellschaft, die in einem System aus Geben und Nehmen, teils aber auch in echter Solidarität verbunden ist. Klar wird dabei auch, dass die Klassengrenzen mit deutlichem Strich gezogen sind. Noch unüberwindlicher sind allerdings jene zwischen den Geschlechtern.“

Lexikon des internationalen Films[15]

Der Stil erinnert zunächst an die Filme des italienischen Neorealismus, die Cortellesi geprägt haben. Sie zitiert diese historischen Vorbilder, indem sie die ersten Minuten im 4:3-Format filmt. Dann aber ändern sich Bildverhältnis und Perspektive: „Ich wollte sowohl das Format als auch den Diskurs ‚erweitern‘.“[16] Das „harte, kontrastreiche Digitalschwarzweiß“ des Films erwecke also nur auf den ersten Blick den Anschein, als handele es sich um eine Geschichte aus der Vergangenheit. In Wirklichkeit sei es „ein sehr kontemporärer Film, der sich die Vergangenheit wie eine Camouflage überzieht“.[17]

Filmmusik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lele Marchitelli komponierte die Originalmusik zum Film. Sie wird ergänzt durch einige bereits veröffentlichte italienische und internationale Songs.[18] Das Spektrum ist groß und reicht vom Lied Aprite le finestre, mit dem Franca Raimondi auf dem 1. Eurovision Song Contest 1956 für Italien antrat, über den im Jahr 2000 erschienenen Song B.O.B. (Bombs Over Baghdad) von OutKast bis zu The Little Things von Big Gigantic und Angela McCluskey aus dem Jahr 2016.

  1. Aprite le finestre (Fiorella Bini)
  2. Calvin (The Jon Spencer Blues Explosion)
  3. M'innamoro davvero (Fabio Concato)
  4. Nessuno (Petra Magoni, Ferruccio Spinetti)
  5. Perdoniamoci (Achille Togliani)
  6. La sera dei miracoli (Lucio Dalla)
  7. B.O.B. (Bombs Over Baghdad) (OutKast)
  8. A bocca chiusa (Daniele Silvestri)
  9. The little things (Big Gigantic feat. Angela McCluskey)
  10. Swinging on the right side (Lorenzo Maffia, Alessandro La Corte)
  11. Tu sei il mio grande amor (Lorenzo Maffia, Alessandro La Corte, Enrico Rispoli)

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2023: Rom Film Festival, Sonderpreis der Jury, Bester Erstlingsfilm, Publikumspreis[19]
  • 2024: Göteborg International Film Festival, Dragon Award Best International Film[20]
  • 2024: David di Donatello
    • nominiert in 19 Kategorien, unter anderem in den Kategorien bester Film, bestes Regiedebüt und bestes Originaldrehbuch[21]
    • ausgezeichnet in sechs Kategorien[22] (bestes Regiedebüt, bestes Originaldrehbuch, beste Hauptdarstellerin: Paola Cortellesi, beste Nebendarstellerin: Emanuela Fanelli, David Youth Award, David Audience Award)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Morgen ist auch noch ein Tag – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. L'esordio alla regia di Paola Cortellesi sta già cambiando il panorama cinematografico italiano (P. Tinorio). In: FarodiRoma. 23. November 2023, abgerufen am 11. April 2024 (italienisch).
  2. Freigabebescheinigung für Morgen ist auch noch ein Tag. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Prüf­nummer: 254066).Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 länger als 4 Zeichen
  3. Alterskennzeichnung für Morgen ist auch noch ein Tag. Jugendmedien­kommission.
  4. Enrica Accascina: "C’è ancora domani", Paola Cortellesi e il coraggio delle donne. In: ReWriters. 5. November 2023, abgerufen am 10. April 2024 (italienisch).
  5. a b Luzi Bernet: Von wegen Showgirls: Ein Kinofilm über die Gleichberechtigung der Frauen feiert einen Überraschungserfolg in Italien. In: Neue Zürcher Zeitung. 15. November 2023, abgerufen am 16. April 2024.
  6. a b Elisabetta Povoledo: A Beloved Comedian’s Film on Domestic Abuse Draws Italians, in Droves. In: The New York Times. 8. Dezember 2023, abgerufen am 14. April 2024 (englisch).
  7. a b Carolin Gasteiger: „Morgen ist auch noch ein Tag“ im Kino: erfolgreicher als Barbie. In: Süddeutsche Zeitung. 2. April 2024, abgerufen am 7. April 2024.
  8. Morgen ist auch noch ein Tag (2023) - Informationen zur Veröffentlichung. In: IMDb. Abgerufen am 13. April 2024.
  9. Absolute Vorschau auf die 18. Ausgabe des Rom Film Festivals
  10. C’è ancora domani | Ein Film von Paola Cortellesi. In: movies.ch. Abgerufen am 13. April 2024 (deutsch, französisch, italienisch).
  11. Premiere beim Göteborg International Film Festival
  12. Vorschauvorführungen in Tanger und Rabat
  13. Enrico Ippolito: »Morgen ist auch noch ein Tag« von Paola Cortellesi: Lachen über die Versager-Machos. In: Der Spiegel. 3. April 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 19. April 2024] Bezahlschranke).
  14. Barbara Schweizerhof: Spielfilm „Morgen ist auch noch ein Tag“: Aus dem Leben einer Minijobberin. In: Die Tageszeitung: taz. 5. April 2024, abgerufen am 7. April 2024.
  15. Morgen ist auch noch ein Tag. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 7. April 2024.
  16. Geschichten der Freude und des Leids. Interview mit Paola Cortellesi. In: der Freitag. 21. März 2024, abgerufen am 15. April 2024.
  17. "Morgen ist auch noch ein Tag" von Paola Cortellesi - Im Kino - Filmkritik von Jochen Werner. In: perlentaucher.de. 3. April 2024, abgerufen am 15. April 2024.
  18. C'è ancora domani: la colonna sonora del film di Paola Cortellesi, da Lucio Dalla agli Outkast. In: deejay.it. 14. November 2023, abgerufen am 8. April 2024 (italienisch).
  19. Arianna Finos: Festa di Roma, trionfo di Paola Cortellesi. Alba Rohrwacher è la migliore attrice. In: repubblica.it. 28. Oktober 2023, abgerufen am 7. April 2024 (italienisch).
  20. Dragon Award Best International Film. In: Göteborg Film Festival. Abgerufen am 7. April 2024 (englisch).
  21. Chiara Ugolini: David di Donatello 2024, le candidature. ‘C’è ancora domani’ fa il record con 19 nomination. In: repubblica.it. 3. April 2024, abgerufen am 8. April 2024 (italienisch).
  22. Regisseur Garrone mit „Italienischem Oscar“ ausgezeichnet. In: ORF.at. 4. Mai 2024, abgerufen am 4. Mai 2024.