Next-in-Line-Effekt

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Der Next-in-Line-Effekt bezeichnet ein Phänomen in der Psychologie, das besagt, dass Menschen, wenn sie als nächste an der Reihe sind, sich so auf ihren bevorstehenden Auftritt konzentrieren, dass sie dadurch die Aussagen derjenigen Person schlechter erinnern, die direkt vor ihnen an der Reihe war. Der Effekt wurde erstmals 1973 von Malcolm Brenner anhand eines Experiments beschrieben. Darin sollten die Probanden Wörter von einer Karteikarte vorlesen, während die anderen zuhörten und sich so viele Wörter wie möglich merken sollten. Die schlechteste Erinnerung an die Wörter trat dabei für diejenige Person auf, die vor einem zu Wort kam. Der Zeitraum, für den die wenigsten Wörter abgerufen werden konnten, betrug 9 Sekunden vor und nach dem eigenen Auftritt.[1]

Erklärungsansatz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grund für den Effekt könnte sein, dass die wahrgenommene Information nicht im Langzeitgedächtnis gespeichert wird und daher schlechter abgerufen werden kann.[2][3] Durch die Vorbereitung auf den eigenen bevorstehenden Leistungsabruf werden Menschen von der Information abgelenkt, die sie durch die vorangegangene Person erhalten.[4] Die Erwartungshaltung leistet vermutlich einen wichtigen Beitrag zur Erklärung der schlechteren Erinnerungsleistung für die erhaltene Information.[5]

Ebenso könnte die Angst, etwas falsch zu machen und negativ bewertet zu werden, unter gewissen Umständen zu einer Verstärkung durch Nervosität führen. Der Effekt tritt aber sowohl bei Menschen mit viel als auch wenig Angst auf und scheint daher nicht in Verbindung damit zu stehen.[6]

Eine experimentelle Studie verglich den Next-in-Line-Effekt zwischen der zweiten und der fünften Person in der Reihenfolge für den Abruf der Information, die durch die erste Person wiedergegeben wurde. Es zeigte sich, dass der Next-in-Line-Effekt nicht nur bei Personen nachweisbar ist, die direkt als nächste an der Reihe sind, sondern auch bei Personen auftritt, die erst später an der Reihe waren.[7]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Brenner: The next-in-line effect. In: Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior. Band 12, Nr. 3, Juni 1973, S. 320–323, doi:10.1016/s0022-5371(73)80076-3.
  2. Charles F. Bond, Adnan S. Omar: Social anxiety, state dependence, and the next-in-line effect. In: Journal of Experimental Social Psychology. Band 26, Nr. 3, 1. Mai 1990, ISSN 0022-1031, S. 185–198, doi:10.1016/0022-1031(90)90034-J (sciencedirect.com [abgerufen am 21. Februar 2018]).
  3. Charles F. Bond: The next-in-line effect: Encoding or retrieval deficit? In: Journal of Personality and Social Psychology. Band 48, Nr. 4, S. 853–862, doi:10.1037/0022-3514.48.4.853 (apa.org [abgerufen am 21. Februar 2018]).
  4. Charles F. Bond, C. Kevin Kirkpatrick: Distraction, amnesia, and the next-in-line effect. In: Journal of Experimental Social Psychology. Band 18, Nr. 4, 1. Juli 1982, ISSN 0022-1031, S. 307–323, doi:10.1016/0022-1031(82)90056-7 (sciencedirect.com [abgerufen am 30. Januar 2023]).
  5. Noah D. Forrin, Brandon C. W. Ralph, Navi K. Dhaliwal, Daniel Smilek, Colin M. MacLeod: Wait for it…performance anticipation reduces recognition memory. In: Journal of Memory and Language. Band 109, 1. Dezember 2019, ISSN 0749-596X, S. 104050, doi:10.1016/j.jml.2019.104050 (sciencedirect.com [abgerufen am 30. Januar 2023]).
  6. PsycNET. Abgerufen am 21. Februar 2018 (englisch).
  7. Emilie E. Caron, Lydia J. Hicks, Dillon T. Browne, Daniel Smilek, Noah D. Forrin: Performance anticipation diminishes memory: Evidence from a simulated classroom. In: Journal of Applied Research in Memory and Cognition. Band 10, Nr. 3, September 2021, ISSN 2211-369X, S. 479–489, doi:10.1016/j.jarmac.2021.01.006 (apa.org [abgerufen am 30. Januar 2023]).