Numerow-Verfahren

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Das Numerow-Verfahren ist eine Methode zum numerischen Lösen Gewöhnlicher Differentialgleichungen zweiter Ordnung, die keinen Term erster Ordnung enthalten. Es ist ein implizites Mehrschrittverfahren vierter Ordnung, kann jedoch explizit gemacht werden, wenn die Differentialgleichung linear ist.

Das Verfahren wurde von dem russischen Astronomen Boris Wassiljewitsch Numerow entwickelt.[1][2]

Das Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lineare Gleichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Numerow-Verfahren kann verwendet werden, um Differentialgleichungen der Form

zu lösen. Drei Werte , die auf äquidistanten Gitterpunkten liegen, hängen zusammen über die Gleichung

wobei , , , und . Es lässt sich somit ausgehend von zwei vorhergehenden Werten berechnen und die Lösung durch Iteration über das gesamte Gitter berechnen.

Nichtlineare Gleichung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für nichtlineare Gleichungen der Form

ergibt sich für das Verfahren

mit . Dies ist ein impliziter Zusammenhang, der sich auf die obige explizite Form reduziert, wenn linear in ist. Es erreicht eine Genauigkeit in vierter Ordnung.[3]

Anwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der numerischen Physik wird das Verfahren angewendet, um Lösungen der eindimensionalen Schrödingergleichung für beliebige Potentiale zu finden. Ein Beispiel ist das Lösen der Radialgleichung für ein kugelsymmetrisches Potential, wie es im Wasserstoffatom auftritt. Nachdem die Variablen separiert und der Winkelanteil analytisch gelöst ist, bleibt der radiale Anteil übrig:

Diese Gleichung kann durch Substitution in die für das Numerow-Verfahren nötige Form gebracht werden:

Mit dieser Substitution wird die Radialgleichung

oder

was äquivalent zur eindimensionalen Schrödingergleichung mit dem effektiven Potential

ist. Um die Anwendbarkeit des Numerow-Verfahrens zu erkennen, lässt sich diese Gleichung umformen zu:

Herleitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ausgangspunkt ist eine zu lösende Differentialgleichung der Form

Zur Herleitung des Verfahrens wird zunächst die Funktion um den Punkt mittels einer Taylorreihe entwickelt.

Dabei wurde der Abstand zwischen nach als definiert. Die Taylorentwicklung in Vorwärts- bzw. Rückwärtsrichtung unterscheiden sich dabei durch die Vorzeichen der ungeraden Ordnungen.

Wird der Raum in gleichmäßige diskrete Intervalle eingeteilt, ergibt sich ein Gitter von Punkten mit . Die obige Gleichung lässt sich auf jeden Gitterpunkt anwenden und ergibt einen Zusammenhang zwischen und :

Dies entspricht einem Vorwärtsschritt um . Für einen Rückwärtsschritt ergibt sich aus der Taylorentwicklung mit :

Addiert man beide Gleichungen, so verschwinden die ungeraden Ordnungen und es bleibt

Die zweite Ableitung kann mittels der zu Beginn gegebene Differentialgleichung ersetzt werden. Um einen Ausdruck für die vierte Ableitung zu bekommen, wird die Differentialgleichung zweimal abgeleitet und die zweite Ableitung approximiert:

Wird die vierte Ableitung der obigen Gleichung mit diesem Ausdruck ersetzt, ergibt sich

und nach Zusammenfassen der Terme

Dies ist die Gleichung des Numerow-Verfahrens mit einem Fehler der Ordnung .

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Numerow, Boris Wassiljewitsch (1924), "A method of extrapolation of perturbations", Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 84: 592–601, bibcode:1924MNRAS..84..592N, doi:10.1093/mnras/84.8.592.
  2. Numerow, Boris Wassiljewitsch (1927), "Note on the numerical integration of d2x/dt2 = f(x,t)", Astronomische Nachrichten, 230: 359–364, bibcode:1927AN....230..359N, doi:10.1002/asna.19272301903.
  3. Hairer, Ernst; Nørsett, Syvert Paul; Wanner, Gerhard (1993), Solving ordinary differential equations I: Nonstiff problems, Berlin, New York: Springer-Verlag, ISBN 978-3-540-56670-0.