Ober-Waroldern

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ober-Waroldern
Gemeinde Twistetal
Koordinaten: 51° 18′ N, 8° 58′ OKoordinaten: 51° 18′ 13″ N, 8° 58′ 4″ O
Höhe: 315 m ü. NHN
Fläche: 7,31 km²[1]
Einwohner: 279
Bevölkerungsdichte: 38 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 34477
Vorwahl: 05695
Blick auf Ober-Waroldern
Blick auf Ober-Waroldern

Ober-Waroldern ist einer von insgesamt sieben Ortsteilen der Gemeinde Twistetal im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg.

Geografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ort liegt in einem von Wäldern umrahmten Talkessel. Die Kreisstadt Korbach ist ca. 6 Kilometer entfernt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ortsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ober-Waroldern wurde erstmals 1126 urkundlich als „Warholderon“ erwähnt.[2] Vermutlich gaben Wacholder-Sträucher, die einst die naheliegenden Feldwege säumten, diesem Ort (und auch dem Nachbarort Nieder-Waroldern) seinen Namen.

Nachforschungen ergaben, dass 1234 ein „Bertrade de Waroldern“ einen Teil des Dorfes an das Kloster Aroldessen verkaufte. Zu Ober-Waroldern gehört auch das Gut Malberg.[3] Die Waldecker Grafen hatten vom 12. bis in das 14. Jahrhundert einen Burgsitz, der sich etwas außerhalb des Dorfes befand; er lag auf halber Strecke zwischen Arolsen und dem Stammsitz Schloss Waldeck. In der Ortsmitte hatten sie einen Freihof – den Waldecker Hof. In den Lehnsregistern der Grafschaft Waldeck ist belegt, dass 1475 Heinrich von Erminghausen den Burgsitz mit dem Waldecker Hof als Lehen bekam. Als Heinrich von Erminghausen, Landdrost des Grafen Otto IV. von Waldeck zu Landau, im Jahre 1508 verstarb, gab Graf Philipp II. von Waldeck-Eisenberg dessen Lehnsbesitz an die von Boyneburg.[4]

1537 wurde der Ort dem Amt Landau und dem Gerichtsstuhl Mengeringhausen zugeordnet. Offensichtlich wurde aber auch im Orte Recht gesprochen, zumindest aber vollstreckt. Ein am Dorfrand befindliches Landstück trägt noch heute die Bezeichnung „Galgenberg“ und wurde noch 1537, aber schon lange vorher als „Schlimmes Land“ und „Gerichtsplatz“ bezeichnet. Als erstes Lehensgut wurde der Waldecker Hof dann 1611 verkauft.

Von den Schrecken und den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) blieb der Ort weitestgehend verschont. Im Salbuch aus dieser Zeit ist verzeichnet das lediglich zwei Scheunen niederbrannten.

Eines der ältesten Gebäude im Ort ist eine alte Scheune, die am 31. Juli 1756 auf der abgebrannten wieder aufgebaut wurde, eine auf Sandsteinen basierende Scheune gegenüber der Kirche. Die Steine der alten Scheune sind erkennbar. Die am 19. Juni 1756 abgebrannte Scheune gehörte zu dem genannten Freihof Waldecker Hof, Gebäude von diesem ehem. Freihof bestehen nicht mehr.

Mitte des 17. Jahrhunderts ist ein Erweiterungsbau der Kirche belegt; der Grundbestand der Kirche (Altarraum) geht auf das 13. Jahrhundert zurück. 1856 wurde die Kirche vollständig umgebaut. Seit 1998 präsentiert sie sich nach umfassender Innen- und Außenrenovierung in neuer Schönheit mit warmen Farbtönen. Freigelegte alte Fresken geben Aufschluss auf die frühere Gestaltung. Die alte Schule wurde 1832, die neue 1901 errichtet. Sie dient heute (umgebaut und erweitert) als Dorfgemeinschaftshaus, den Vereinen als Domizil, und bietet Platz für Feiern jeglicher Art.

Die Landwirtschaft prägte den Ort über die Jahrhunderte hinweg. 22 (kleinere) Kötner- und acht Ackergüter wurden in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts registriert. Drei landwirtschaftliche Voll- und vier Nebenerwerbsbetriebe gibt es auch heute noch (Stand 2008).

Im Jahr 2006 feierte Ober-Waroldern sein 900-jähriges Bestehen.[2]

Gut Malberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gut Malberg

Außerhalb der Ortschaft im Dreieck zwischen Höringhausen, Strothe und Ober-Waroldern liegt das Gut Malberg, in frühen Karten auch “Gut Mahlberg” genannt.

Das Gut soll schon lange bestanden haben. Im Jahre 1253 wurde ein Conradus de Malberg erstmal urkundlich erwähnt; dieses Geschlecht soll um 1350 ausgestorben sein. Weitere Urkunden und Akten finden sich ab etwa 1347. Darin werden die Herren von Osterhausen als Besitzer genannt, ab 1472 die Herren von Kressenstein. Ein weiterer Wechsel erfolgte im Jahr 1533, als die Herren von Wolmeringhausen als Lehnsinhaber erwähnt werden. Dieses Geschlecht hatte nach neuen Erkenntnissen bis zu seinem Erlöschen im Jahre 1635 Einfluss auf das Gut.

Das über 400 Morgen (ca. 104 ha) große Rittergut Malberg[5] war ursprünglich waldeckisches Lehen und besaß eine Wasserburg (vermutlich zwischen 1840 und 1860 abgebrochen) und einen Freihof. Dieser Freihof (Vorwerk) Neudorf lag auf hessisch-darmstädtischen Gebiet und nicht, wie früher angenommen, in der Grafschaft bzw. dem späteren Fürstentum Waldeck.

Nach mehreren Besitzerwechseln fiel das Gut Malberg 1715 an das waldeckische Fürstenhaus zurück. Ab 1783 wurde es von Mitgliedern der evangelischen Freikirche der Mennoniten bewirtschaftet. 1806 soll ein Herr Wittmer Eigentümer gewesen sein. 1813 wurde Malberg dem Fürsten Georg Heinrich von den Landständen geschenkt. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Gut wieder verkauft. 1908 ging Malberg mit 104,1 ha nach mehreren Besitzerwechseln an August Meister über. Dieser vererbte das Gut seiner Tochter Lillie Müller, geb. Meister. Im Jahre 1948 übergab diese ihrem Sohn Hans Harmsen die Hälfte des Gutes als Erbteil. Dieser verkaufte 1954 seinen Teil an den Bankier Adolf Möhle aus Detmold. 1958 verkaufte auch Lillie Müller ihren Anteil an Adolf Möhle. Im Jahr 1979 ging das Gut Malberg an den Enkel von Adolf Möhle, Peter Möhle, über, der es 1986 an die Familie Höltl verkaufte, der es bis Mitte 2019 gehörte. Inzwischen ist das Gut an einen neuen Besitzer verkauft worden.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zum 31. Dezember 1971 fusionierte die bis dahin selbständige Gemeinde Ober-Waroldern im Zuge der Gebietsreform in Hessen mit sechs weiteren Gemeinden freiwillig zur neuen Großgemeinde Twistetal.[6][7] Der Verwaltungssitz befindet sich in Twiste. Heute ist in einem ehemaligen Gutshaus die Gemeindeverwaltung der Gemeinde Twistetal untergebracht. Für alle im Zuge der Gebietsreform nach Twistetal eingegliederten Gemeinden wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[8]

Verwaltungsgeschichte im Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten, denen Ober-Waroldern angehörte:[1][9]

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerstruktur 2011[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Ober-Waroldern 264 Einwohner. Darunter waren 3 (1,1 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 48 Einwohner unter 18 Jahren, 102 waren zwischen 18 und 49, 63 zwischen 50 und 64 und 48 Einwohner waren älter.[10] Die Einwohner lebten in 108 Haushalten. Davon waren 33 Singlehaushalte, 30 Paare ohne Kinder und 39 Paare mit Kindern, sowie 3 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 24 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 69 Haushaltungen leben keine Senioren/-innen.[10]

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1541: 30 Häuser
• 1738: 33 Häuser
• 1770: 45 Häuser
Ober-Waroldern: Einwohnerzahlen von 1770 bis 2015
Jahr  Einwohner
1770
  
276
1800
  
?
1834
  
317
1840
  
337
1846
  
316
1852
  
308
1858
  
325
1864
  
315
1871
  
290
1875
  
258
1885
  
252
1895
  
252
1905
  
230
1910
  
229
1925
  
271
1939
  
236
1946
  
383
1950
  
339
1956
  
330
1961
  
273
1967
  
261
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2008
  
280
2011
  
264
2015
  
279
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]; Gemeinde Twistetal; Zensus 2011[10]

Historische Religionszugehörigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

• 1885: 260 evangelisch (= 100,00 %) Einwohner[1]
• 1961: 255 evangelische (= 94,10 %), 14 katholische (= 5,17 %) Einwohner[1]

Kirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kirche Ober-Waroldern

Zum Kirchspiel Ober-Waroldern gehören seit 1706 Elleringhausen, ab 1828 auch der Nachbarort Nieder-Waroldern. Das Alter der Kirche ist nur sehr schwer zu ermitteln, da sie in den vergangenen Jahrhunderten sehr oft umgebaut und verändert wurde. Kunsthistoriker gehen jedoch von einem Grundbestand aus, der in das 13. Jahrhundert reicht (Altarraum).

Schule[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bis 1969 befand sich eine Schule im Ort. Heute besuchen die Schüler des Ortes die Grundschule in Höringhausen, die Mittelpunktschule in Sachsenhausen bzw. das Gymnasium Alte Landesschule in Korbach.

Vereine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ober-Waroldern hat ein reges Vereinsleben. Neben dem Musikverein, der 2007 sein 75-jähriges Bestehen feierte, bieten ein gemischter Chor, der älteste Verein im Dorf, ein Gymnastikverein und ein Hundeverein Möglichkeiten zur aktiven Betätigung. Zudem sind viele Einwohner in der Freiwilligen Feuerwehr bzw. der Jugendfeuerwehr engagiert, die 2009 ihr 75-jähriges Bestehen feierte.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen und Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen

  1. Trennung zwischen Justiz (Kreisgericht Arolsen) und Verwaltung.
  2. Am 31. Dezember 1971 als Ortsbezirk zur Gemeinde Twistetal.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Ober-Waroldern, Landkreis Waldeck-Frankenberg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 22. März 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b Johann Adolph Theodor Ludwig Varnhagen: Grundlage der Waldeckischen Landes- und Regentengeschichte, Band 1, S. 19 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  3. Dieses Gut befindet sich in Privatbesitz.
  4. Louis Friedrich Christian Curtze: Geschichte und Beschreibung des Fürstenthums Waldeck: ein Handbuch für Vaterlandsfreunde. Speyer, Arolsen, 1850, S. 215
  5. Gut Malberg, Landkreis Waldeck-Frankenberg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 5. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  6. Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen in Hessen vom 14. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 01, S. 5, Punkt 8; Abs. 9. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,9 MB]).
  7. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 409.
  8. Hauptsatzung. (PDF; 279 kB) § 7. In: Webauftritt. Gemeinde Twistetal, abgerufen im Mai 2021.
  9. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  10. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 50 und 106, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.