Obergericht Göttingen

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Ehemaliges Obergericht Göttingen, Fassade zum Waageplatz (2012)

Das Obergericht Göttingen war ein großes Obergericht im Königreich Hannover und später im Königreich Preußen. Es hatte seinen Sitz in Göttingen in Niedersachsen. Sein repräsentatives Gebäude im hannoverschen Rundbodenstil am Waageplatz wird heute von der Staatsanwaltschaft Göttingen genutzt.

Geschichte der Institution[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hannover[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Revolution von 1848 wurde im Königreich Hannover die Rechtsprechung von der Verwaltung getrennt und die Patrimonialgerichtsbarkeit abgeschafft.[1] In Göttingen betraf das als Mittelinstanz die Justizkanzlei Göttingen.

Zum 1. Oktober 1852 wurden 12 Große und 4 Kleine Obergerichte als Gerichte zweiter Instanz (vergleichbar mit heutigen Landgerichten), darunter das Obergericht Göttingen eingerichtet.[2]

Dem Obergericht Göttingen waren folgende Amtsgerichte nachgeordnet:

Am 16. Mai 1859 wurden die Obergerichte Dannenberg, Goslar, Osterode und Lehe aufgelöst. Der Gerichtsbezirk des Obergerichtes Osterode wurde dem Obergericht Göttingen zugeschlagen.[4] Dies waren

Preußen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Annexion Hannovers durch Preußen 1866 wurde das Obergericht Göttingen in ein preußisches Obergericht umgewandelt. Ihm waren die 13 Amtsgerichte Duderstadt, Einbeck, Elbingerode, Gieboldehausen, Göttingen, Herzberg, Hohnstein zu Ilfeld, Münden, Northeim, Osterode, Reinhausen, Uslar und Zellerfeld nachgeordnet. Übergeordnet war nun das Appellationsgericht Celle. Das Obergericht Göttingen war gleichzeitig Schwurgericht. 1870 gab es 243.871 Gerichtseingesessene. Gerichtetage wurden in Adelebsen, Altenau, St. Andreasberg, Catlenburg, Dassel, Dransfeld, Echte, Friedland, Lauenförde, Lauterberg und Westerhof gehalten.[5]

Im Rahmen der Reichsjustizgesetze wurde das Obergericht Göttingen 1879 aufgehoben und an seiner Stelle das Landgericht Göttingen gebildet.

Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Obergericht Göttingen im Prizelius-Stadtplan (1864)

Als Sitz des Obergerichts Göttingen wurde 1854–1856 am heutige Waageplatz 7 ein Neubau nach Entwurf von Otto Praël und Friedrich Doeltz errichtet. Das breit gelagerte, repräsentative Gebäude mit Werksteinfassaden im hannoverschen Rundbogenstil[6][7] lehnt sich an die Rückseite des rund 20 Jahre zuvor entstandenen Gefangenenhauses Obere-Masch-Straße 9.[8]

In dem Gebäude sitzt heute die Staatsanwaltschaft Göttingen.[9]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gesetz über die Gerichtsverfassung vom 8. November 1850 (Gesetz-Sammlung für das Königreich Hannover, S. 207http://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10510358~SZ%3D239~doppelseitig%3D~LT%3DGesetz-Sammlung%20f%C3%BCr%20das%20K%C3%B6nigreich%20Hannover%2C%20S.%20207~PUR%3D)
  2. Verzeichnis der Obergerichte, Anlage zur Verordnung zur Ausführung der §§ 14,15 und 35 des Gesetzes über die Gerichtsverfassung vom 8. November 1850 vom 7. August 1852, abgedruckt in: Gerhard Adolf Wilhelm Leonhardt: Die Justizgesetzgebung des Königreichs Hannover: unter besonderer Berücksichtigung der Regierungs- und ständischen Motive zum practischen Gebrauche, Band 3, 1852, S. 135 online
  3. Hannoversche Gesetzgebung über Staats- und Gemeinde-Verwaltung, 1852, S. 32 ff. online
  4. Verordnung vom 31. März 1859, abgedruckt in: Gesetze, Verordnungen und Ausschreiben für das Königreich Hannover: aus dem Zeitraume von 1813 bis 1839. Vierte Folge. 1856–1862 : Abtheilung I. Rechts-Sachen, Band 12, 1863, S. 297, online
  5. Jahrbuch der preussischen Gerichtsverfassung 1870, S. 202 f., Digitalisat
  6. Bärbel Schwager: Das Göttinger Auditoriengebäude von 1862/65. Ein Beitrag zur Universitätsarchitektur im 19. Jahrhundert und zur Hannoverschen Variante des Rundbogenstils. Peter Lang, Frankfurt am Main 1995 (Europäische Hochschulschriften, Reihe 37, Architektur, Bd. 16), ISBN 3-631-48702-9, S. 386.
  7. Christian Freigang: Architektur und Städtebau von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis 1866. In: Ernst Böhme, Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt. Band 2: Vom Dreißigjährigen Krieg bis zum Anschluss an Preußen – Der Wiederaufstieg als Universitätsstadt (1648–1866). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-36197-1, S. 765–812 (Digitalisat auf archiv.ub.uni-heidelberg.de, abgerufen am 25. Februar 2023), hier S. 808 f.
  8. Wolfgang Alexander: Eine Linde und vier Gebäude sind Zeugen für die Geschichte des Gerichts. In: Göttinger Monatsblätter (= Beilage zum Göttinger Tageblatt), Ausgabe November 1977.
  9. Staatsanwaltschaft Göttingen. In: staatsanwaltschaft-goettingen.niedersachsen.de. Abgerufen am 25. Februar 2023.