Oberlandesgericht Kattowitz

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Das Oberlandesgericht Kattowitz war ab April 1941 ein deutsches Oberlandesgericht in Ostoberschlesien während des Zweiten Weltkriegs. Nach der Volksabstimmung in Oberschlesien wurden Teile Oberschlesiens nach Polen eingegliedert. Von 1922 bis 1939 war Katowice (dt. Kattowitz) Hauptstadt der nun polnischen gewordenen Województwo śląskie (deutsch: Woiwodschaft Schlesien). Nach dem deutschen Überfall auf Polen im September 1939 und infolge der völkerrechtswidrigen Annexion Ostoberschlesiens durch das nationalsozialistische Deutsche Reich wurde Kattowitz 1941 die Hauptstadt des Gaus Oberschlesien. Das Oberlandesgericht Kattowitz bestand bis zur Einnahme Oberschlesiens durch die Rote Armee im Jahr 1945. Danach gehörte das Gebiet zur Volksrepublik Polen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Oberlandesgericht Kattowitz wurde auf Erlass des geschäftsführenden Reichsjustizministers Franz Schlegelberger nach der Verselbstständigung der Provinz Oberschlesien von der vorher bestehenden Provinz mit Wirkung zum 1. April 1941 errichtet. Es umfasste die Bezirke der Landgerichte Beuthen-Kattowitz, Bielitz, Gleiwitz, Neisse, Oppeln, Ratibor und Teschen aufgeteilt in Amtsgerichtsbezirke, die zuvor in den Zuständigkeitsbereich des Oberlandesgerichts Breslau fielen. Zudem wurden aus dem Oberlandesgerichtsbezirk Breslau das Amtsgericht Grottkau aus dem Landgerichtsbezirk Brieg dem Landgerichtsbezirk Neisse und der Oberschlesien zugehörige Teil des Amtsgerichtsbezirks Löwen dem Landgericht Oppeln zugeschlagen.[1][2] Da für das Oberlandesgericht Kattowitz keine ausreichend geeigneten Räumlichkeiten gefunden wurden residierte es in den Städten Kattowitz und Beuthen, „weshalb vom späteren OLG-Präsidenten eine Umbenennung des Bezirks in OLG Oberschlesien befürwortet wurde“.[2] Bis zur Einrichtung eines entsprechenden Strafsenats Anfang Juli 1941 wurden Hoch- und Landesverratsdelikte noch weiterhin am Oberlandesgericht Breslau verhandelt.[3]

Am 12. Juni 1941 fanden die Amtseinführungen des ersten Präsidenten des Oberlandesgerichtes Johannes Block und des ersten Generalstaatsanwaltes Paul Steimer durch den Staatssekretär Roland Freisler und den Gauleiter von Oberschlesien Fritz Bracht statt.[4]

Sondergerichte in diesem OLG-Bezirk bestanden in Kattowitz und Bielitz.[5] Im OLG-Bezirk Kattowitz befand sich auch das Interessengebiet des KZ Auschwitz, das der Schutzstaffel (SS) direkt unterstand und somit nicht in den Zuständigkeitsbereich von Zivilbehörden fiel.[6] Zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen der Gestapo Kattowitz und dem Oberlandesgericht führten Aburteilungen des Polizei-Standgerichts (damalige Bezeichnung: Standgericht der Staatspolizeileitstelle Kattowitz), das auch im KZ Auschwitz tagte und die meisten Angeklagten zum Tode verurteilte: Obwohl dieses Polizei-Standgericht auf Grundlage der Polenstrafrechtsverordnung ausschließlich über Nichtdeutsche richten durfte, wurden dort auch so genannte Volksdeutsche (also deutsche Staatsbürger, ehemals polnische Staatsbürger) abgeurteilt. Der Generalstaatsanwalt am Oberlandesgericht Kattowitz Paul Steimer beschwerte sich im September 1942 deshalb beim Reichsjustizministerium über dieses Vorgehen, das jedoch weiterhin praktiziert wurde.[7] Laut dem Historiker Maximilian Becker nahmen Polizeistandgerichte „Teile der Strafverfolgungskompetenzen über die rechtlich fixierte Zuständigkeit hinaus in Anspruch […] die von der Polizei genutzt wurden, um die Justiz zurückzudrängen. Verglichen mit den Standgerichten, die die meisten Angeklagten zum Tode verurteilten, war die Rechtsprechung der zivilen Strafgerichtsbarkeit eher zurückhaltend: Allein das Standgericht der Gestapo in Kattowitz verhängte zwischen Sommer 1942 und seiner Auflösung Ende 1944 schätzungsweise 5200 Todesurteile.“[8]

Aufgrund des schnellen Vormarsches der Roten Armee erfolgte die Planung zur Verlegung sämtlicher frontgefährdeter Dienststellen des Oberlandesgericht Kattowitz in Richtung Mitteldeutschland. Am 24. Februar 1945 wurde als Auffangstelle für die Justiz aus dem Freimachungsgebiet Kattowitz die Stadt Gera festgelegt. Im Anschluss an diese Entscheidung erfolgte nach teilweiser Auflösung die Verlegung aller restlichen Dienststellen des Oberlandesgericht Kattowitz nach Gera in Thüringen.

Präsidenten des Oberlandesgerichts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Generalstaatsanwälte am Oberlandesgericht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Erlaß über die Errichtung eines Oberlandesgerichts in Kattowitz vom 20. März 1941 (RGBl. I S. 156)
  2. a b Hans Michelberger: Berichte aus der Justiz des Dritten Reiches, Centaurus-Verlagsgesellschaft, Pfaffenweiler 1989, S. 145.
  3. Maximilian Becker: Mitstreiter im Volkstumskampf. Deutsche Justiz in den eingegliederten Ostgebieten 1939–1945, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2014, ISBN 978-3-486-77837-3, S. 62.
  4. Zeitschrift "Deutsche Justiz", hrsg. vom Reichsminister der Justiz, Nr. 25 vom 20. Juni 1941, S. 716.
  5. Martin Broszat: Nationalsozialistische Polenpolitik 1939–1945, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1961, S. 138
  6. vgl. Sybille Steinbacher: Auschwitz: Geschichte und Nachgeschichte. Verlag C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-50833-2, S. 25, 58.
  7. Maximilian Becker: Mitstreiter im Volkstumskampf. Deutsche Justiz in den eingegliederten Ostgebieten 1939–1945, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2014, ISBN 978-3-486-77837-3, S. 147.
  8. Maximilian Becker: Mitstreiter im Volkstumskampf. Deutsche Justiz in den eingegliederten Ostgebieten 1939–1945, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2014, ISBN 978-3-486-77837-3, S. 297.
  9. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 53.
  10. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 118f.
  11. Zeitschrift "Deutsche Justiz", hrsg. vom Reichsminister der Justiz, Nr. 35 vom 29. Oktober 1943, S. 500.
  12. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 599.
  13. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 218.