Olympische Winterspiele 1924/Eiskunstlauf

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Eiskunstlauf bei den
I. Olympischen Winterspielen
Information
Austragungsort Dritte Französische Republik Chamonix
Wettkampfstätte Stade Olympique
Nationen 11
Athleten 29 (13 Frauen, 16 Männer)
Datum 29.–31. Januar 1924
Entscheidungen 3
Antwerpen 1920

Das Eiskunstlaufen stand bereits bei den Olympischen Sommerspielen 1908 in London und den Olympischen Sommerspielen 1920 in Antwerpen im Rahmen so genannter Wintersportwochen auf dem Programm Olympischer Spiele. Bei den I. Olympischen Winterspielen 1924 in Chamonix fanden Wettbewerbe im Einzellauf der Männer und Frauen sowie im Paarlaufen statt. Austragungsort war das Stade Olympique (Olympiastadion) im Ortszentrum. Gelaufen wurde auf zwei Natureisbahnflächen von jeweils 50 × 60 Meter Durchmesser in den Kurvenbereichen der 400-Meter-Eisschnelllaufbahn. Da das Eishockeyturnier zur selben Zeit stattfand wie die Eiskunstlaufwettbewerbe, waren die Zuschauer auch wegen der Eishockeyspiele im Stadion.

Bilanz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Medaillenspiegel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Platz Land Gold Silber Bronze Gesamt
1 Osterreich Österreich 2 1 3
2 Schweden Schweden 1 1
3 Finnland Finnland 1 1
4 Vereinigte Staaten 48 Vereinigte Staaten 1 1
5 Dritte Französische Republik Frankreich 1 1
Vereinigtes Konigreich 1801 Großbritannien 1 1
Schweiz Schweiz 1 1
Gesamt 3 3 3 9

Medaillengewinner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Disziplin Gold Silber Bronze
Herren SchwedenSchweden Gillis Grafström Osterreich Willy Böckl Schweiz Georges Gautschi
Damen Osterreich Herma Szabó Vereinigte Staaten 48 Beatrix Loughran Vereinigtes Konigreich 1801 Ethel Muckelt
Paare Osterreich Helene Engelmann / Alfred Berger Finnland Ludowika Jakobsson / Walter Jakobsson Dritte Französische Republik Andrée Joly / Pierre Brunet

Ergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • K = Kür
  • P = Pflicht
  • Pz = Platzziffer
  • Pkt. = Punkte

Herren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gillis Grafström bei den Olympischen Winterspielen 1924
Platz Land Sportler P K Pz Pkt.
1 Schweden SWE Gillis Grafström 1 2 10 367,89
2 Osterreich AUT Willy Böckl 2 1 13 359,82
3 Schweiz SUI Georges Gautschi 3 4 23 319,07
4 Tschechoslowakei 1920 TCH Josef Slíva 5 3 28 310,77
5 Vereinigtes Konigreich 1801 GBR John Page 6 5 36 295,36
6 Vereinigte Staaten 48 USA Nathaniel Niles 4 9 46 274,47
7 Kanada 1921 CAN Melville Rogers 7 8 51 269,82
8 Dritte Französische Republik FRA Pierre Brunet 9 6 54 268,61
9 Belgien BEL Freddy Mésot 8 7 54 266,16
10 Vereinigtes Konigreich 1801 GBR Herbert Clarke 10 11 70 219,75
11 Dritte Französische Republik FRA André Malinet 11 10 77 202,46

Wettkampf: 29. Januar 1924 um 9:30 Uhr (Pflicht) und 30. Januar 1924 um 15:00 Uhr (Kür)

Am Start waren 11 Eiskunstläufer aus 9 Ländern

Zuschauer: 555

Der Wettkampf bestand aus einer Pflicht – es mussten sechs Figuren gezeigt werden – und aus einer fünfminütigen Kür. Der Weltmeister von 1923, Fritz Kachler aus Österreich, und der ungarische Meister Andor Szende fehlten hier, so dass im Kampf um Gold schon im Vorfeld nur Gillis Grafström und Willy Böckl in Frage kamen. Bei früheren Aufeinandertreffen beider ging der Schwede stets als Sieger von der Eisfläche. Grafström war ein exzellenter Läufer von Pflichtfiguren und galt als äußerst eleganter Tänzer mit enormem Musikgefühl. Er lief die beste Pflicht, wurde in der Kür Zweiter und verteidigte seinen Titel von 1920 erfolgreich. Der Wiener Willy Böckl lief zwar die beste Kür aller Teilnehmer, doch reichten die Punkte nicht für den Olympiasieg. Kurioserweise befanden vier der sechs Preisrichter, dass Gillis Grafström, trotz eines Sturzes, besser war als Böckl und setzten den Schweden auf Platz eins.

John Page, Nathaniel Niles, Melville Rogers und Pierre Brunet waren auch im Paarlaufen am Start. Für Gillis Grafström und Nathaniel Niles waren es nach 1920 die zweiten olympischen Eiskunstlaufwettbewerbe.

Damen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Platz Land Sportlerin P K Pz Pkt.
1 Osterreich AUT Herma Szabó 1 1 07 299,17
2 Vereinigte Staaten 48 USA Beatrix Loughran 2 3 14 279,85
3 Vereinigtes Konigreich 1801 GBR Ethel Muckelt 3 7 26 250,07
4 Vereinigte Staaten 48 USA Theresa Weld 4 4 27 249,53
5 Dritte Französische Republik FRA Andrée Joly 7 2 38 231,92
6 Kanada 1921 CAN Cecil Smith 5 5 44 230,75
7 Vereinigtes Konigreich 1801 GBR Kathleen Shaw 6 8 46 221,00
8 Norwegen NOR Sonja Henie 8 6 50 203,82

Wettkampf: 28. Januar 1924 um 9:00 Uhr (Pflicht) und 29. Januar 1924 um 13:30 Uhr (Kür)

Am Start waren 8 Eiskunstläuferinnen aus 6 Ländern

Zuschauer: 720

Der Wettkampf bestand aus einer Pflicht (sechs Figuren) und aus einer vierminütigen Kür. Unter den Preisrichtern waren Walter Jakobsson (Finnland) und Georges Wagemans (Belgien), die beide auch als Sportler im Paarlaufen an den Start gingen. Mit Titelverteidigerin Magda Julin und Svea Norén (beide Schweden) fehlten zwei große Favoritinnen, so dass Herma Szabó – Weltmeisterin von 1922 und 1923 – fast mühelos als Beste in Pflicht und Kür zum Olympiasieg lief. Sie gehörte wie Willy Böckl dem Wiener Eislauf-Verein an und gewann die erste olympische Goldmedaille für Österreich bei Wintersportwettbewerben. Wie Phoenix aus der Asche trat dagegen die New Yorkerin Beatrix Loughran auf und gewann völlig überraschend Silber. Loughran war als US-Vizemeisterin nach Chamonix gereist. Eigentlich wurde ihrer Landsfrau Theresa Weld eher eine Medaille zugetraut. Diese verpasste allerdings Bronze denkbar knapp mit nur einer Platzziffer mehr an die Britin Ethel Muckelt.

Achte des Wettkampfes wurde Sonja Henie aus Norwegen, die mit ihren 11 Jahren und 295 Tagen jüngste Teilnehmerin bei diesen Winterspielen war. Zu Beginn ihrer Kür stürzte sie, sagte verlegen nur „Hoppla!“ und begann noch einmal. Seitdem nennt die Presse sie liebevoll Fräulein Hoppla. Sonja Henie wurde später zwischen 1928 und 1936 dreimal Olympiasiegerin. Ethel Muckelt, Theresa Weld, Andrée Joly und Cecil Smith waren auch im Paarlaufen am Start. Für Muckelt und Weld waren es nach 1920 die zweiten Olympischen Spiele.

Paare[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Platz Land Paar Pz Pkt.
1 Osterreich AUT Helene Engelmann / Alfred Berger 09,0 10,64
2 Finnland FIN Ludowika Jakobsson / Walter Jakobsson 18.5 10,25
3 Dritte Französische Republik FRA Andrée Joly / Pierre Brunet 22,0 09,89
4 Vereinigtes Konigreich 1801 GBR Ethel Muckelt / John Page 30,5 09,93
5 Belgien BEL Gérardine Herbos / Georges Wagemans 37,0 08,82
6 Vereinigte Staaten 48 USA Theresa Weld / Nathaniel Niles 39,0 09,07
7 Kanada 1921 CAN Cecil Smith / Melville Rogers 41,0 09,11
8 Vereinigtes Konigreich 1801 GBR Mildred Richardson / T. D. Richardson 57,0 07,68
9 Dritte Französische Republik FRA Simone Sabouret / Charles Sabouret 61,0 07,15

Wettkampf: 31. Januar 1924 um 15:00 Uhr (Kür)

Am Start waren 9 Paare (18 Eiskunstläufer) aus 7 Ländern

Zuschauer: 347

Der Wettkampf bestand aus einer fünfminütigen Kür. Die Paare wurden dabei von einer Blaskapelle begleitet. Es war fast die gesamte Weltspitze der Paarläufer am Start. Lediglich die Norweger Alexia und Yngvar Bryn fehlten. Der Paarlauf wurde zu einer der spannendsten Entscheidungen. An der Spitze kam es zum Zweikampf zwischen Ludowika und Walter Jakobsson – Weltmeister 1923 – aus Helsinki und Helene Engelmann und Alfred Berger – Weltmeister 1922 – aus Wien. Klassik traf auf Populär. Dabei erwiesen sich die finnischen Titelverteidiger von 1920 als schlechte Verlierer. Sie warfen dem Siegerpaar Engelmann/Berger vor, die Preisrichter mit nicht zum klassischen Kunstlauf gehörender Akrobatik betört zu haben. Die gebürtige Potsdamerin Ludowika Jakobsson war die einzige deutsche Sportlerin in Chamonix und zudem mit 39 Jahren und 188 Tagen auch älteste Medaillengewinnerin Olympischer Winterspiele. Ihr Mann Walter Jakobsson war bereits 41 Jahre und 358 Tage alt.

Peinlicher Irrtum: Nach minutenlangen Standing Ovations wähnte die Presse das kanadische Paar Cecil Smith und Melville Rogers als Sieger und die französischen Journalisten kabelten diese „Sensation“ etwas vorschnell an ihre Zeitungen. Tatsächlich wurden sie aber nur Siebente. Von den insgesamt neun Paaren waren fünf zum zweiten Mal bei Olympia.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]