Orgel der Marienkirche Danzig

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Orgel der Marienkirche Danzig
Allgemeines
Ort Marienkirche (Danzig)
Orgelerbauer Gebr. Hillebrand
Baujahr 1982–1985
Epoche 20. Jahrhundert
Orgellandschaft Westpreußen
Abbildungen
Technische Daten
Anzahl der Register 46
Anzahl der Pfeifenreihen 64
Anzahl der Manuale 3
Anzahl der 32′-Register 1
Rückpositiv mit reichem Schnitzwerk

Die Orgel der Marienkirche in Danzig ist eine rekonstruierte Renaissance-Orgel, die 1982–1985 von den Gebrüdern Hillebrand gebaut wurde. Sie hat 46 Register mit drei Manualen und Pedal. Die Vorgängerinstrumente bis 1945 gehörten zu den bedeutendsten im Ostseeraum.

Historische Orgeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erste Orgeln[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Danziger Marienkirche war eine der bedeutendsten Kirchen des Ostseeraums und auch ihre Hauptorgel war eine der größten bis 1945. Für 1385 ist die älteste Erwähnung eines Organisten (magister organista) an der Marienkirche erhalten. 1475 wurden neben der großen Orgel auf der Westempore auch Orgelpositive in der Reinholds- und der Allerheiligenkapelle erwähnt.

In den Jahren 1509 und 1510 baute Blasius Lehmann aus Bautzen eine neue große Orgel im Hauptschiff mit 1926 Pfeifen für 3800 Mark. Das bisherige Instrument setzte er über den Eingang zur Allerheiligenkapelle um. 1522 baute Hans Hauck eine weitere Orgel auf der Sängerempore über der Sakristei. 1523 schuf wiederum Blasius Lehmann eine weitere über der Reinholdskapelle.[1] Damit bestanden zu dieser Zeit mindestens vier Orgeln in der Marienkirche, eventuell sogar noch eine über der Dorotheenkapelle von Lehmann.

Anthoni-Orgel von 1585[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits 1583 begann Julius Anthoni (Friese) mit dem Bau einer neuen Orgel im Hauptschiff, die nach einem tödlichen Unfall dann 1585 von seinem Gehilfen Johann Koppelmann fertiggestellt wurde. Der Orgelprospekt war im niederländischen Renaissancestil vom Zimmermann Stephan Kelch und dem Bildschnitzer Leo Wiegk geschaffen worden. Er hatte drei Türme mit dazwischenliegenden Feldern. Das Instrument war mit 53 Registern damals eine der größten im Ostseeraum. Die Orgelforscher Werner Renkewitz und Jan Janca konnten eine mögliche Disposition rekonstruieren. Wahrscheinlich bestand die Orgel ausschließlich aus Metallpfeifen, da Holzpfeifen in dieser Zeit noch nicht gebräuchlich waren. Georg Nitrowski besserte 1673 mit seinem Sohn Andreas und Johann Balthasar Held die komplette Windlade und das Pfeifenwerk aus. Die 26fache Mixtur wurde beseitigt. Von 1734 bis 1735 führte Andreas Hildebrandt weitere Reparaturen durch.

Von 1758 bis 1760 wurde durch Friedrich Rudolf Dalitz eine Generalüberholung durchgeführt. Dabei wurden einige Register umgesetzt und einige neu benannt, die Spiel- und die Registriertrakturen wurden überholt und die Tasten der Manualklaviatur ausgetauscht. Auch der Prospekt wurde ausgebessert, in welchem Umfang und ob er möglicherweise nach dem alten Vorbild völlig neu errichtet wurde, ist unklar.

Von 1777 bis 1778 baute Friedrich Rudolf Dalitz eine neue Chororgel auf der Sängerempore. Dafür nutzte er Material des vorherigen Instruments, sowie der Positive über den Eingängen zur Reinholds- und zur Allerheiligenkapelle. Diese hatte 23 Register auf einem Manual und Pedal. Der Prospekt bestand aus fünf Türmen mit Engelsfiguren und zwei Zimbelsternen.

Terletzki-Orgel von 1891[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1891 baute die Firma August Terletzki aus Elbing ein neues Instrument mit pneumatischer Traktur und 56 Registern. Dafür wurden die Pfeifen im Rückpositiv und im Brustwerk mit Ausnahme der Prospektpfeifen entfernt. Es wurden mehr Grundtonregister als Obertonregister im romantischen Klangbild jener Zeit verwendet.[2]

1895 erweiterte der Danziger Orgelbauer Otto Heinrichsdorf die Chororgel auf der Sängerempore um ein zweites Manual mit fünf Registern und baute eine pneumatische Traktur mit einer veränderten Intonation ein. Auf Grund mangelnder Pflege verfiel dieses Instrument bald.

Nach Änderungen der Intonation der Hauptorgel 1931 durch Josef Goebel führte Emanuel Kemper aus Lübeck 1935 einen umfassenden Umbau dieses Instruments durch. Er setzte wieder Pfeifen in das Rückpositiv und das Brustwerk und erweiterte die Anzahl der Register auf 88 mit einer veränderten Intonation. Um 1938 baute die Kemper eine neue Chororgel im alten Prospekt mit 32 Registern und zwei Manualen, ebenfalls in neobarocker Intonation. Durch ein elektrisches Kabel wurden beide Instrumente miteinander verbunden und konnten vom Spieltisch der großen Orgel gemeinsam gespielt werden. Mit 120 Registern und 8172 Pfeifen waren beide zusammen damit die größte Orgel im Ostseeraum.

Im März 1945 wurde die große Orgel bei einem Brand zu wesentlichen Teilen zerstört, die Chororgel vollständig. 1961 wurde eine elektronische Orgel von Polen aus den USA für die Marienkirche gespendet.

Friese-Hillebrand-Orgel von 1985[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heutige Orgel

1979 wurde der erhaltene Prospekt der Renaissance-Orgel der Johanneskirche in die Marienkirche gesetzt. Er war durch rechtzeitige Einlagerung im Krieg weitgehend unbeschädigt geblieben. Die Orgel war von 1625 bis 1629 von Merten Friese, dem Sohn von Julius Anthoni Friese, gebaut worden. Durch Spendenmittel, die von einem Förderverein in Deutschland gesammelt wurden, konnte diese Orgel in der historischen Disposition in den Jahren von 1982 bis 1985 durch die Firma Gebrüder Hillebrand aus Altwarmbüchen rekonstruiert werden.[3] Die meisten historischen Prospektpfeifen waren erhalten. Im Sinne des Werkprinzips klingen die Prinzipalregister des Hauptwerks und des Rückpositivs deutlich unterschiedlich. Die 46 Register verteilen sich auf drei Manuale und Pedal, die Trakturen sind mechanisch.

Die Disposition ist[4]

I Rückpositiv CD–d3
01. Prinzipal 08′
02. Gedackt 08′
03. Quintadena0 08′
04. Oktave 04′
05. Rohrflöte 04′
06. Nasat 223
07. Oktave 02′
08. Waldflöte 02′
09. Scharff V
10. Zimbel IV
11. Trompete 08′
12. Dulzian 08′
II Hauptwerk CD–d3
13. Prinzipal 16′
14. Oktave 08′
15. Hohlflöte 08′
16. Spillpfeife 08′
17. Oktave 04′
18. Spillflöte 04′
19. Quinte 223
20. Oktave 02′
21. Sesquialtera II0
22. Mixtur VII
23. Trompete 16′
III Brustwerk CD–d3
24. Gedackt 08′
25. Traversflöte0 08′
26. Prinzipal 04′
27. Gedackt 04′
28. Spitzflöte 04′
29. Terz 135
30. Quinte 113
31. Sifflöte 01′
32. Regal 08′
33. Schallmey 04′
Pedal C–f1
34. Prinzipal 16′
35. Subbas 16′
36. Oktave 08′
37. Gedackt 08′
38. Quinte 513
39. Oktave 04′
40. Quintade 04′
41. Bauernflöte0 01′
42. Mixtur V
43. Posaune 32′
44. Posaune 16′
45. Trompete 08′
46. Cornett 04′
  • Koppeln: I/II, III/II, I/P, II/P, III/P
  • Spielhilfen: Tremulant I, Tremulant für die ganze Orgel, Zimbelstern
  • Traktur: Mechanische Spieltraktur, mechanische Registertraktur, mechanische Schleifladen
  • gleichtönige Stimmung
  • Kammerton a1= 440 Hz

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Werner Göbel, Konrad Krieschen: Die Orgeln von St. Marien zu Danzig. Kafemann, Danzig 1938.
  • Werner Renkewitz, Jan Janca: Geschichte der Orgelbaukunst in Ost- und Westpreußen von 1333 bis 1944. Band 1. Weidlich, Würzburg 1984.
  • Matthias Schneider, Walter Werbeck (Hrsg.): Orgelbau, Orgelmusik und Organisten des Ostseeraums im 17. und 19. Jahrhundert. Lang, Frankfurt am Main / Berlin 2006, ISBN 978-3-631-51228-9.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Orgel der Marienkirche in Danzig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Nach der Belagerung 1520, vgl. Karl Friedrich Friccius: Geschichte der Befestigungen und Belagerungen Danzigs. Mit besonderer Rücksicht auf die Ostpreußische Landwehr, welche in den Jahren 1813–1814 vor Danzig stand. Veit, Berlin 1854, S. 9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Disposition siehe: Roland Eberlein (Hg.): Hermann Mund Sammlung Orgeldispositionen Heft C. (walcker-stiftung.de [PDF; abgerufen am 24. Februar 2024] Disposition Nr. 509).
  3. Heinz Lingenberg: Oliva – 800 Jahre. Abriß der Geschichte. Verlag UNSER DANZIG. Lübeck 1986, ISBN 3-926482-00-1, S. 354–358.
  4. Disposition der Orgel in St. Marien, abgerufen am 17. Juni 2023.