Orthogastropoda

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Orthogastropoda

Kegelschnecke (Conus geographus)

Systematik
ohne Rang: Bilateria
ohne Rang: Urmünder (Protostomia)
Überstamm: Lophotrochozoen (Lophotrochozoa)
Stamm: Weichtiere (Mollusca)
Klasse: Schnecken (Gastropoda)
Unterklasse: Orthogastropoda
Wissenschaftlicher Name
Orthogastropoda
W. F. Ponder & D. R. Lindberg, 1996

Die Orthogastropoda (Echte Schnecken) bilden ein Taxon, das von Winston F. Ponder und David R. Lindberg (1996) eingeführt wurde; es ist äquivalent zu dem von G. Haszprunar (1988) ohne Definition vorgeschlagenen Taxon Flexiglossata.
Gemeinsam mit dem Taxon Eogastropoda (frühe Schnecken) bilden die Orthogastropoda eine monophyletische Unterteilung der Schnecken und lösen das Problem der Paraphylie der Prosobranchia der bis dahin genutzten Systematik[1][2]. Das Taxon ist Bestandteil (Unterklasse) der Systematik von Ponder & Lindberg (1997)[3].
Mit der stärkeren Nutzung von gentechnischen Methoden und neueren Ergebnissen wurde die kladistische, phylogenetische Systematik von Bouchet & Rocroi (2005)[4][5][6] aufgestellt, die die Systematik von Ponder & Lindberg (1997) ablöste. In dieser Systematik sind die Orthogastropoda nicht mehr enthalten.
Die Orthogastropoda bilden also nur ein temporäres Taxon, dessen Nutzung auf die Systematik von Ponder & Lindberg (1997) beschränkt ist.

Entwicklung des Taxons[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

G. Haszprunar (1988)[7] und Ponder und Lindberg (1997) wiesen nach, dass die bisherige Großgruppe Prosobranchia innerhalb der Schnecken paraphyletisch ist. Nach den Regeln der Kladistik muss eine paraphyletische Gruppe aufgelöst und in monophyletische Gruppen unterteilt werden. Nach der kladistischen Analyse von Ponder und Lindberg (1997) werden die Schnecken daher in zwei große Gruppen untergliedert: die Orthogastropoda und die Eogastropoda. Sie können im linneisch-hierarchischen Sinn als Unterklassen behandelt werden. Die Orthogastropoda beinhalten einen Teil der sogenannten Prosobranchia sowie die Opisthobranchia und die Pulmonaten. Die Unterklasse der Eogastropoda enthält ebenfalls Taxa, die den Prosobranchia zugeordnet worden waren, aber auch die Gruppen, die man als "Echte Napfschnecken" (Patellogastropoda) bezeichnen kann.

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Monophylie der Orthogastropoda ist durch insgesamt 15 Synapomorphien begründet. Die Wichtigsten sind:

  • eine Radula bestehend aus einer flexiblen Radulamembran („flexiglossate Radula“; daher auch der äquivalente Name Flexiglossata)
  • der Protoconch ist vom Juvenilgehäuse abgesetzt
  • im Adultstadium war ursprünglich ein Operculum vorhanden (reduziert in vielen Gruppen)
  • eine einfache, linke Hypobranchialdrüse (Sekretionsorgan – bei der Purpurschnecke entsteht aus dem abgegebenen Sekret dieser Drüse der Purpurfarbstoff)
  • Propodium mit Fußdrüsen
  • Augen mit Glaskörper
  • nicht mit dem Buccalapparat verbundene paarweise Kiefer
  • eine einfache Niere an der rechten Seite des Pericardiums
  • ein unpaariges Osphradium (Geruchsorgan)
  • bewimperte Zonen an beiden Seiten des Osphradiums
  • ein unpaariges Ctenidium (Kieme)

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Systematik von Ponder & Lindberg (1997)[3] werden die Orthogastropoda unterteilt in 6 Überordnungen und einem speziellen Taxon incertæ sedis für unzugeordnete Taxa. Innerhalb der 6 Überordnungen hat die Überordnung „Hot Vent Taxa“ ebenfalls einen Sonderstatus.

Unter den fossilen Gruppen sind weitere Überordnungen vorgeschlagen worden.

In der Systematik von Bouchet & Rocroi (2005)[4][5][6] rücken die fünf etablierten Überordnungen in der Hierarchie nach oben und werden Kladen. Die „Hot Venta taxa“ gehen im Klade Vetigastropoda auf. Die Überordnung Patellogastropoda aus der Unterklasse Eogastropoda wird zum sechsten Klade.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. J. Thiele (1929–1935). Handbuch der systematischen Weichtierkunde. 2 Bände. 1-1154.
  2. R. Bieler & P. M. Mikkelsen (Sci.Ed.); J. S. Bhatti (Transl.); J. Thiele Handbuch der systematischen Weichtierkunde. English: Handbook of systematic malacology. Publ: Washington, D.C.; Smithsonian Institution Libraries; National Science Foundation; 1992-. Content: pt. 1. Loricata; Gastropoda: Prosobranchia -- pt. 2. Gastropoda: Opisthobranchia and Pulmonata -- pt. 3. Scaphopoda / Bivalvia / Cehalopoda -- pt. 4. Comparative Morphology / Phylogeny / Geographical Distribution. Catalog-No: OCLC 16004796.
  3. a b W. F. Ponder & D. R. Lindberg (1997). Towards a phylogeny of gastropod molluscs: an analysis using morphological characters. In: Zoological Journal of the Linnean Society. 119 (2): 83-265. doi:10.1111/j.1096-3642.1997.tb00137.x.
  4. a b P. Bouchet, & J.-P. Rocroi: Part 2. Working classification of the Gastropoda. In: Malacologia. 47: 239-283; Ann Arbor 2005; ISSN 0076-2997
  5. a b P. Bouchet & J.-P. Rocroi (Ed.): J. Frýda, B. Hausdorf, W.F. Ponder, Á. Valdés & A. Warén (2005). Classification and nomenclator of gastropod families. In: Malacologia: International Journal of Malacology. 47 (1-2). ConchBooks: Hackenheim, Germany. ISBN 3-925919-72-4. ISSN 0076-2997. 397 Seiten. http://www.vliz.be/Vmdcdata/imis2/ref.php?refid=78278
  6. a b G. T. Poppe, & S. P. Tagaro: 23. Februar 2006; The New Classification of Gastropods according to Bouchet & Rocroi, 2005. online (Memento des Originals vom 27. September 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.journal-malaco.fr (PDF; 191 kB).
  7. G. Haszprunar: On the origin and evolution of major gastropods group, with special reference to the streptoneura. In: J. Moll. Stud. 54:367–441; 1988, doi:10.1093/mollus/54.4.367.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]