Otto Raggenbass

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Otto Raggenbass (* 11. Oktober 1905 in Sirnach; † 8. Februar 1965 in Orselina, heimatberechtigt in Toos) war ein Schweizer Pädagoge und Kommunalpolitiker.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Otto Raggenbass, Sohn eines Friedensrichters, studierte von 1921 bis 1925 am Lehrerseminar in Kreuzlingen und war von 1926 bis 1933 im Schuldienst in Rickenbach und von 1933 bis 1938 in Kreuzlingen tätig. 1938 wurde Raggenbass Bezirksstatthalter von Kreuzlingen. Er war umstritten wegen seiner Haltung gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland.

Raggenbass war zudem von 1937 bis 1948 Technischer Leiter des Eidgenössischen Leichtathletikverbandes.

Raggenbass gilt als prägend für die Politik in der Region gegenüber den Flüchtlingen aus Nazideutschland; der Konstanzer Historiker Jürgen Klöckler schreibt: «Besonders der Grenzkanton Thurgau vertrat eine äusserst restriktive Flüchtlingspolitik unter dem Kreuzlinger Bezirksstatthalter Otto Raggenbass.»[1]

Im April 1945 engagierte er sich – nach seinen eigenen Aussagen – als Vermittler zwischen den französischen und deutschen Truppen und erreichte eine friedliche Übergabe der Stadt Konstanz.[2] Inzwischen sagen die Historiker, Raggenbass’ Beitrag sei nicht entscheidend gewesen.[3]

1996 stand er im Fokus der Öffentlichkeit, weil er 1944, der restriktiven Schweizer Flüchtlingspolitik folgend, den von der Gestapo verfolgten Berliner Halbjuden Auerbach, der im Bodensee von der Insel Reichenau nach Ermatingen geschwommen war, an das Deutsche Reich ausgeliefert hatte.[4] Bereits 1938 hatte er als neuer Bezirksstatthalter verfügt, dass jüdische Schulkinder aus Konstanz künftig nicht mehr in Kreuzlinger Schulen ausweichen durften.[4]

Auch Ende 1945 zeigte sich Raggenbass als Antisemit und verweigerte kraft seines Amtes einigen Juden aus Konstanz die Einreise zu einer Gedenkfeier in Kreuzlingen für die Toten des KZ Bergen-Belsen.[4][5]

Otto Raggenbass wurden «gute Beziehungen» zur Gestapo nachgesagt.[6]

Das von Raggenbass 1964 herausgegebene Werk Trotz Stacheldraht 1939–1945 geriet in den 1990er Jahren zunehmend in Beweisnot.[7] Wichtige Akten, wie Ermittlungsakten der Kantonspolizei Thurgau aus dem Jahre 1938, blieben verschwunden.[8]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ehrung der Stadt Konstanz (1947)
  • Namensgeber der Otto-Raggenbass-Straße in Konstanz (1968) (2020 in Diskussion der Umbenennung[9])

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Arnulf Moser: Otto Raggenbass: Geschichte einer Aufarbeitung ohne Folgen. In: Wolfgang Proske (Hrsg.): Täter, Helfer, Trittbrettfahrer. Band 5. NS-Belastete aus dem Bodenseeraum. Kugelberg, Gerstetten 2016, ISBN 978-3-945893-04-3, S. 173–186.
  • Bruno Helmle: Feierstunde Otto Raggenbass: Trotz Stacheldraht am 11. November 1964. Dr. u. Verl.-Anst. Konstanz 1964.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jürgen Klöckler: Selbstbehauptung durch Selbstgleichschaltung. Die Konstanzer Stadtverwaltung im Nationalsozialismus. Thorbecke, Ostfildern 2012, S. 312.
  2. Karl Moersch, Reinhold Weber: Die Zeit nach dem Krieg: Städte im Wiederaufbau. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2008, S. 205.
  3. Sabrina Bächi Otto Raggenbass – der Retter von Konstanz? St. Galler Tagblatt, 23. Mai 2019
  4. a b c Arnulf Moser: Wilhelm von Scholz, Otto Raggenbass und die Nazis. In: Südkurier, 27. September 2008.
  5. Mager und knapp. In: Konstanzer Museumsjournal. Rosgartenmuseum, Konstanz 2002, S. 67.
  6. Konstanz: Die Namen der Straßen. In: Südkurier, 25. September 2010
  7. Eintrag über Otto Raggenbass im Schweizer Staatsarchiv, abgerufen am 26. September 2010
  8. a b Anmerkungen Hans-Ulrich Wepfer. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung. Ausgabe 90. Thorbecke, Ostfildern 1972, S. 193.
  9. Bürgeranhörung zu Straßenumbenennungen. Website der Stadt Konstanz, 23. Juni 2020.